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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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desselben kann nicht selbständig gegenüber dem Wollen auftreten; es kann zwar
formell eine Verwaltung und Vollziehung, aber kein Verwaltungsrecht erscheinen.
Die Möglichkeit des Verständnisses des letzteren hört da auf, wo ich den Staat
aus dem Begriff des Rechts entwickele; sie beginnt da, wo ich ihn als eine
selbstthätige Form der Persönlichkeit erfasse. Es gibt keinen andern Weg. Der
aber leitet noch zu vielen andern Dingen, welche als hohe, erhabene Ziele der
Wissenschaft künftiger Geschlechter vorbehalten bleiben. Wir können hier nur
die ersten, rohen Grundlagen finden. Eine größere Zeit wird Größeres leisten.
Möge sie bald kommen. In ihr werden wir die goldenen Tafeln im Grase
wiederfinden. -- Denen aber, die diese Grundgedanken für "mystisch" erklären
möchten, wollen wir zum Schlusse zurufen, daß die gewaltigsten Wahrheiten
des geistigen Lebens in der Geschichte und im Einzelnen stets diejenigen gewesen
sind und bleiben werden, die man nicht bewiesen hat und nicht beweisen kann.
Den Gründen folgen wir, indem wir neue Gründe aus ihnen erzeugen; aber
das göttliche Leben der höchsten Religion, Kunst und Wissenschaft ruht nicht auf
Beweisen und Ursachen.

Die beiden Begriffe der Vollziehung und der Verwaltung.

Indem wir nunmehr den Begriff der Vollziehung von dem der
Verwaltung trennen, und diese Trennung der ganzen folgenden Arbeit
zum Grunde legen, wird es wohl nothwendig werden, diesen Unter-
schied so tief und so klar als möglich zu begründen.

Offenbar ist jener erste von uns bezeichnete Proceß, die Selbstbe-
stimmung des Willens der Persönlichkeit, weder im Wesen der letztern,
und noch weniger im Staate ein einfacher. Wir unterscheiden hier
vielmehr eine ganze Reihe von Stadien und Verhältnissen, welche erst
zusammen genommen die Bildung des Willens oder die Gesetzgebung
enthalten. Diese einzelnen Momente in der Bildung des Staatswillens
kann man jedoch in zwei Hauptgruppen theilen; jede dieser Gruppen
enthält zwar wieder eine Menge von Momenten, jedoch werden dieselben
von gemeinschaftlichen Grundlagen beherrscht. Wir nennen sie die Be-
rathung und die Beschlußfassung. Verhältnisse und Rechte beider ge-
hören in die Verfassungslehre.

Ebenso nun wie sich in der Willensbestimmung des Staats solche
Grundverhältnisse scheiden, so ist es auch in der Thätigkeit desselben
der Fall.

Diese Thätigkeit des Staats, wie wir sie als selbständiges Moment
im persönlichen Leben desselben so eben vorgelegt, und welche seinen
Willen im wirklichen Leben vollbringt, zeigt bei genauer Betrachtung
einen doppelten Charakter.

Einerseits hat sie den Willen der einheitlichen Persönlichkeit des

deſſelben kann nicht ſelbſtändig gegenüber dem Wollen auftreten; es kann zwar
formell eine Verwaltung und Vollziehung, aber kein Verwaltungsrecht erſcheinen.
Die Möglichkeit des Verſtändniſſes des letzteren hört da auf, wo ich den Staat
aus dem Begriff des Rechts entwickele; ſie beginnt da, wo ich ihn als eine
ſelbſtthätige Form der Perſönlichkeit erfaſſe. Es gibt keinen andern Weg. Der
aber leitet noch zu vielen andern Dingen, welche als hohe, erhabene Ziele der
Wiſſenſchaft künftiger Geſchlechter vorbehalten bleiben. Wir können hier nur
die erſten, rohen Grundlagen finden. Eine größere Zeit wird Größeres leiſten.
Möge ſie bald kommen. In ihr werden wir die goldenen Tafeln im Graſe
wiederfinden. — Denen aber, die dieſe Grundgedanken für „myſtiſch“ erklären
möchten, wollen wir zum Schluſſe zurufen, daß die gewaltigſten Wahrheiten
des geiſtigen Lebens in der Geſchichte und im Einzelnen ſtets diejenigen geweſen
ſind und bleiben werden, die man nicht bewieſen hat und nicht beweiſen kann.
Den Gründen folgen wir, indem wir neue Gründe aus ihnen erzeugen; aber
das göttliche Leben der höchſten Religion, Kunſt und Wiſſenſchaft ruht nicht auf
Beweiſen und Urſachen.

Die beiden Begriffe der Vollziehung und der Verwaltung.

Indem wir nunmehr den Begriff der Vollziehung von dem der
Verwaltung trennen, und dieſe Trennung der ganzen folgenden Arbeit
zum Grunde legen, wird es wohl nothwendig werden, dieſen Unter-
ſchied ſo tief und ſo klar als möglich zu begründen.

Offenbar iſt jener erſte von uns bezeichnete Proceß, die Selbſtbe-
ſtimmung des Willens der Perſönlichkeit, weder im Weſen der letztern,
und noch weniger im Staate ein einfacher. Wir unterſcheiden hier
vielmehr eine ganze Reihe von Stadien und Verhältniſſen, welche erſt
zuſammen genommen die Bildung des Willens oder die Geſetzgebung
enthalten. Dieſe einzelnen Momente in der Bildung des Staatswillens
kann man jedoch in zwei Hauptgruppen theilen; jede dieſer Gruppen
enthält zwar wieder eine Menge von Momenten, jedoch werden dieſelben
von gemeinſchaftlichen Grundlagen beherrſcht. Wir nennen ſie die Be-
rathung und die Beſchlußfaſſung. Verhältniſſe und Rechte beider ge-
hören in die Verfaſſungslehre.

Ebenſo nun wie ſich in der Willensbeſtimmung des Staats ſolche
Grundverhältniſſe ſcheiden, ſo iſt es auch in der Thätigkeit deſſelben
der Fall.

Dieſe Thätigkeit des Staats, wie wir ſie als ſelbſtändiges Moment
im perſönlichen Leben deſſelben ſo eben vorgelegt, und welche ſeinen
Willen im wirklichen Leben vollbringt, zeigt bei genauer Betrachtung
einen doppelten Charakter.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/32>, abgerufen am 24.11.2024.