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Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865.

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und Polizeisache sein, auch aus einer Polizeisache in eine Justizsache sich ver-
wandeln" -- der richtige Gedanke geht dann in der Unklarheit über Justiz-
und Polizeihoheit zu Grunde.

Während so die Theorie für die ganze Frage ziemlich unfruchtbar geblieben
ist, müssen wir dagegen anerkennen, daß die positive Gesetzgebung viel weiter
gediehen, und zum Theil den Unterschied zwischen Klag- und Beschwerderecht
sehr klar und bestimmt durchgeführt hat. Es ist sehr zu bedauern, daß Zöpfl,
der hier am meisten leistet, seine Sammlung von einzelnen Bestimmungen nicht
geordnet hat, weil auch er sich nicht von der Vorstellung losmachen kann, daß
der Unterschied in den "Gegenständen" liegt; er gelangt daher zu einem voll-
ständigen Widerspruch, indem er alle "Gegenstände, bezüglich deren die
Staatsgewalt in der Form der Gesetzgebung (?), Verordnung oder Vollziehung
thätig wird, Regierungs- oder Administrativsachen nennt" -- also das ge-
sammte
Rechtsleben, da dasselbe unter die Gesetzgebung fällt (II. §. 450).
Dennoch ist er noch der brauchbarste, wenn man von scharfer wissenschaftlicher
Bestimmung absieht. Er sagt -- "den Gerichten stehen in Bezug (?) auf jene
Verordnungen, welche von Behörden ausgehen (was heißt das?), das Recht der
Prüfung zu -- wenn deren Rechtlichkeit und rechtliche Verbindlichkeit
in Frage kommt." Wahrscheinlich denkt er sich dabei das Verhältniß der Ver-
ordnungen zum Gesetze, denn sonst hätte es keinen Sinn, ihre verbindliche Kraft
überhaupt in Frage zu stellen. Indeß kann die deutsche Staatsrechtswissen-
schaft nur auf dem von ihm betretenen Wege weiter gelangen.

Die deutschen Verfassungen fast ohne Ausnahme stehen, und zwar schon
von Anfang an, auf dem Standpunkt, zuerst das Beschwerderecht der
Unterthanen ausdrücklich anzuerkennen, zum Theil, was höchst bezeichnend ist,
ohne sich über das Klagrecht überhaupt zu äußern. Nur muß man sich dasselbe
etwas anders denken. Der Begriff des deutschen Beschwerderechts ist nämlich
ursprünglich nicht der, den die Wissenschaft aufstellt, sondern ist ursprünglich
vielmehr der der landständischen Beschwerde, der Gravamina, und zum
Theil mit dem Petitionsrechte verbunden. Daher wird in den meisten Verfassungen
ausdrücklich gesagt, daß die Landstände und neben denselben auch der Einzelne
das Recht auf "Vorstellungen und Beschwerden" habe. Das Nassauische Patent
von 1814 steht sogar noch auf dem Standpunkt, die Beschwerden der Einzelnen
nur durch die Mitglieder der Landstände vorbringen zu lassen. Sachsen-
Weimar
von 1816, §. 5, spricht allgemein. Baden, Verfassung §. 67, scheidet
zwischen Einzelnen und Ständen; so auch Kurhessische Verfassung §. 99,
Großherzogthum Hessen §. 80. 81, Coburg von 1821, §. 78. 79, Braun-
schweig
§. 38, Hannover von 1840, §. 47. Daher wird auch noch in der
Deutschen Reichsverfassung von 1849 das Recht auf Bitte, Beschwerde
und Petition zusammengeworfen §. 159, §. 160. Die ersten formellen Aussprüche,
welche das Recht der Beschwerde anerkannten, sehen daher in denselben keine
Beschwerde gegen Verordnungen, die an die höhere Instanz der Behörden ge-
bracht werden müssen, sondern "Beschwerden über Verletzung der constitutionellen
Rechte an die Ständeversammlung," jedoch umfaßt der Gedanke unzweifelhaft
auch die eigentliche Beschwerde und ihr Recht, indem die Verfassungen fast

und Polizeiſache ſein, auch aus einer Polizeiſache in eine Juſtizſache ſich ver-
wandeln“ — der richtige Gedanke geht dann in der Unklarheit über Juſtiz-
und Polizeihoheit zu Grunde.

Während ſo die Theorie für die ganze Frage ziemlich unfruchtbar geblieben
iſt, müſſen wir dagegen anerkennen, daß die poſitive Geſetzgebung viel weiter
gediehen, und zum Theil den Unterſchied zwiſchen Klag- und Beſchwerderecht
ſehr klar und beſtimmt durchgeführt hat. Es iſt ſehr zu bedauern, daß Zöpfl,
der hier am meiſten leiſtet, ſeine Sammlung von einzelnen Beſtimmungen nicht
geordnet hat, weil auch er ſich nicht von der Vorſtellung losmachen kann, daß
der Unterſchied in den „Gegenſtänden“ liegt; er gelangt daher zu einem voll-
ſtändigen Widerſpruch, indem er alle „Gegenſtände, bezüglich deren die
Staatsgewalt in der Form der Geſetzgebung (?), Verordnung oder Vollziehung
thätig wird, Regierungs- oder Adminiſtrativſachen nennt“ — alſo das ge-
ſammte
Rechtsleben, da daſſelbe unter die Geſetzgebung fällt (II. §. 450).
Dennoch iſt er noch der brauchbarſte, wenn man von ſcharfer wiſſenſchaftlicher
Beſtimmung abſieht. Er ſagt — „den Gerichten ſtehen in Bezug (?) auf jene
Verordnungen, welche von Behörden ausgehen (was heißt das?), das Recht der
Prüfung zu — wenn deren Rechtlichkeit und rechtliche Verbindlichkeit
in Frage kommt.“ Wahrſcheinlich denkt er ſich dabei das Verhältniß der Ver-
ordnungen zum Geſetze, denn ſonſt hätte es keinen Sinn, ihre verbindliche Kraft
überhaupt in Frage zu ſtellen. Indeß kann die deutſche Staatsrechtswiſſen-
ſchaft nur auf dem von ihm betretenen Wege weiter gelangen.

Die deutſchen Verfaſſungen faſt ohne Ausnahme ſtehen, und zwar ſchon
von Anfang an, auf dem Standpunkt, zuerſt das Beſchwerderecht der
Unterthanen ausdrücklich anzuerkennen, zum Theil, was höchſt bezeichnend iſt,
ohne ſich über das Klagrecht überhaupt zu äußern. Nur muß man ſich daſſelbe
etwas anders denken. Der Begriff des deutſchen Beſchwerderechts iſt nämlich
urſprünglich nicht der, den die Wiſſenſchaft aufſtellt, ſondern iſt urſprünglich
vielmehr der der landſtändiſchen Beſchwerde, der Gravamina, und zum
Theil mit dem Petitionsrechte verbunden. Daher wird in den meiſten Verfaſſungen
ausdrücklich geſagt, daß die Landſtände und neben denſelben auch der Einzelne
das Recht auf „Vorſtellungen und Beſchwerden“ habe. Das Naſſauiſche Patent
von 1814 ſteht ſogar noch auf dem Standpunkt, die Beſchwerden der Einzelnen
nur durch die Mitglieder der Landſtände vorbringen zu laſſen. Sachſen-
Weimar
von 1816, §. 5, ſpricht allgemein. Baden, Verfaſſung §. 67, ſcheidet
zwiſchen Einzelnen und Ständen; ſo auch Kurheſſiſche Verfaſſung §. 99,
Großherzogthum Heſſen §. 80. 81, Coburg von 1821, §. 78. 79, Braun-
ſchweig
§. 38, Hannover von 1840, §. 47. Daher wird auch noch in der
Deutſchen Reichsverfaſſung von 1849 das Recht auf Bitte, Beſchwerde
und Petition zuſammengeworfen §. 159, §. 160. Die erſten formellen Ausſprüche,
welche das Recht der Beſchwerde anerkannten, ſehen daher in denſelben keine
Beſchwerde gegen Verordnungen, die an die höhere Inſtanz der Behörden ge-
bracht werden müſſen, ſondern „Beſchwerden über Verletzung der conſtitutionellen
Rechte an die Ständeverſammlung,“ jedoch umfaßt der Gedanke unzweifelhaft
auch die eigentliche Beſchwerde und ihr Recht, indem die Verfaſſungen faſt

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[146/0170] und Polizeiſache ſein, auch aus einer Polizeiſache in eine Juſtizſache ſich ver- wandeln“ — der richtige Gedanke geht dann in der Unklarheit über Juſtiz- und Polizeihoheit zu Grunde. Während ſo die Theorie für die ganze Frage ziemlich unfruchtbar geblieben iſt, müſſen wir dagegen anerkennen, daß die poſitive Geſetzgebung viel weiter gediehen, und zum Theil den Unterſchied zwiſchen Klag- und Beſchwerderecht ſehr klar und beſtimmt durchgeführt hat. Es iſt ſehr zu bedauern, daß Zöpfl, der hier am meiſten leiſtet, ſeine Sammlung von einzelnen Beſtimmungen nicht geordnet hat, weil auch er ſich nicht von der Vorſtellung losmachen kann, daß der Unterſchied in den „Gegenſtänden“ liegt; er gelangt daher zu einem voll- ſtändigen Widerſpruch, indem er alle „Gegenſtände, bezüglich deren die Staatsgewalt in der Form der Geſetzgebung (?), Verordnung oder Vollziehung thätig wird, Regierungs- oder Adminiſtrativſachen nennt“ — alſo das ge- ſammte Rechtsleben, da daſſelbe unter die Geſetzgebung fällt (II. §. 450). Dennoch iſt er noch der brauchbarſte, wenn man von ſcharfer wiſſenſchaftlicher Beſtimmung abſieht. Er ſagt — „den Gerichten ſtehen in Bezug (?) auf jene Verordnungen, welche von Behörden ausgehen (was heißt das?), das Recht der Prüfung zu — wenn deren Rechtlichkeit und rechtliche Verbindlichkeit in Frage kommt.“ Wahrſcheinlich denkt er ſich dabei das Verhältniß der Ver- ordnungen zum Geſetze, denn ſonſt hätte es keinen Sinn, ihre verbindliche Kraft überhaupt in Frage zu ſtellen. Indeß kann die deutſche Staatsrechtswiſſen- ſchaft nur auf dem von ihm betretenen Wege weiter gelangen. Die deutſchen Verfaſſungen faſt ohne Ausnahme ſtehen, und zwar ſchon von Anfang an, auf dem Standpunkt, zuerſt das Beſchwerderecht der Unterthanen ausdrücklich anzuerkennen, zum Theil, was höchſt bezeichnend iſt, ohne ſich über das Klagrecht überhaupt zu äußern. Nur muß man ſich daſſelbe etwas anders denken. Der Begriff des deutſchen Beſchwerderechts iſt nämlich urſprünglich nicht der, den die Wiſſenſchaft aufſtellt, ſondern iſt urſprünglich vielmehr der der landſtändiſchen Beſchwerde, der Gravamina, und zum Theil mit dem Petitionsrechte verbunden. Daher wird in den meiſten Verfaſſungen ausdrücklich geſagt, daß die Landſtände und neben denſelben auch der Einzelne das Recht auf „Vorſtellungen und Beſchwerden“ habe. Das Naſſauiſche Patent von 1814 ſteht ſogar noch auf dem Standpunkt, die Beſchwerden der Einzelnen nur durch die Mitglieder der Landſtände vorbringen zu laſſen. Sachſen- Weimar von 1816, §. 5, ſpricht allgemein. Baden, Verfaſſung §. 67, ſcheidet zwiſchen Einzelnen und Ständen; ſo auch Kurheſſiſche Verfaſſung §. 99, Großherzogthum Heſſen §. 80. 81, Coburg von 1821, §. 78. 79, Braun- ſchweig §. 38, Hannover von 1840, §. 47. Daher wird auch noch in der Deutſchen Reichsverfaſſung von 1849 das Recht auf Bitte, Beſchwerde und Petition zuſammengeworfen §. 159, §. 160. Die erſten formellen Ausſprüche, welche das Recht der Beſchwerde anerkannten, ſehen daher in denſelben keine Beſchwerde gegen Verordnungen, die an die höhere Inſtanz der Behörden ge- bracht werden müſſen, ſondern „Beſchwerden über Verletzung der conſtitutionellen Rechte an die Ständeverſammlung,“ jedoch umfaßt der Gedanke unzweifelhaft auch die eigentliche Beſchwerde und ihr Recht, indem die Verfaſſungen faſt

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Die Verwaltungslehre. Bd. 1. Stuttgart, 1865, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_verwaltungslehre01_1865/170>, abgerufen am 29.03.2024.