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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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Dritter Theil.
Die Verwaltung und das gesellschaftliche Leben.
Das gesellschaftliche Leben.

Das dritte große Gebiet des Gesammtlebens und damit der Ver-
waltung ist nun das, das wir die Gesellschaft nennen.

Die Verwaltungslehre hat in diesem Gebiete nicht den Vorzug
wie in den beiden vorhergehenden, sich auf bekannte und anerkannte
Begriffe zu stützen. Sie muß daher bis zu einem gewissen Grade das
Gebiet selbst schaffen, das sie bearbeiten soll. Das nun wäre unthun-
lich in den engen Gränzen eines kurzen Systems, wenn nicht zwei
Dinge aushülfen. Das erste ist, daß alle einzelnen Theile dieses
Gebietes bereits mehr oder weniger durchgearbeitet vorliegen; während
ihnen nur der organische Zusammenhang fehlt; das zweite ist, daß das
leitende Princip denn doch nicht hier zuerst aufgestellt wird. Daher
ist es möglich, das gesellschaftliche Leben als selbständigen Theil der
Verwaltung aufzunehmen, und auch hier das einfache Princip derselben
zur Geltung zu bringen.

Elemente der Gesellschaftslehre.
Begriff der Gesellschaft.

Die Grundlage der Gesellschaft ist der Begriff der menschlichen
Gemeinschaft, welche die Gesammtheit aller Einzelnen als gleich-
berechtigter und gleichbestimmter Persönlichkeiten enthält.

Aus der menschlichen Gemeinschaft geht die menschliche Gesellschaft
hervor, indem zunächst die Vertheilung der persönlichen, wirthschaft-
lichen und geistigen Momente und Güter unter den Einzelnen eine
Verschiedenheit hervorbringen. Diese Verschiedenheit wird zu einer
Verschiedenheit des ganzen äußeren Lebens, indem sie zunächst die
Kräfte, dann die Ansichten und Bestrebungen, dann die Bedürfnisse
und damit endlich die ganze Persönlichkeit verschieden gestalten. Den
Ausdruck dieser Verschiedenheit bildet dann einerseits die Anerkennung
der höheren Stadien der persönlichen Entwicklung durch die niederen,
die höhere Achtung, aus der, in Verbindung mit dem Besitze der
Mittel andern zu helfen oder ihnen zu schaden, die Geltung hervor-
geht. Die Formen, in denen beide im Gesammtleben zur allgemeinen
anerkannten Erscheinung gelangen, sind die Ehre und die Macht.

Dritter Theil.
Die Verwaltung und das geſellſchaftliche Leben.
Das geſellſchaftliche Leben.

Das dritte große Gebiet des Geſammtlebens und damit der Ver-
waltung iſt nun das, das wir die Geſellſchaft nennen.

Die Verwaltungslehre hat in dieſem Gebiete nicht den Vorzug
wie in den beiden vorhergehenden, ſich auf bekannte und anerkannte
Begriffe zu ſtützen. Sie muß daher bis zu einem gewiſſen Grade das
Gebiet ſelbſt ſchaffen, das ſie bearbeiten ſoll. Das nun wäre unthun-
lich in den engen Gränzen eines kurzen Syſtems, wenn nicht zwei
Dinge aushülfen. Das erſte iſt, daß alle einzelnen Theile dieſes
Gebietes bereits mehr oder weniger durchgearbeitet vorliegen; während
ihnen nur der organiſche Zuſammenhang fehlt; das zweite iſt, daß das
leitende Princip denn doch nicht hier zuerſt aufgeſtellt wird. Daher
iſt es möglich, das geſellſchaftliche Leben als ſelbſtändigen Theil der
Verwaltung aufzunehmen, und auch hier das einfache Princip derſelben
zur Geltung zu bringen.

Elemente der Geſellſchaftslehre.
Begriff der Geſellſchaft.

Die Grundlage der Geſellſchaft iſt der Begriff der menſchlichen
Gemeinſchaft, welche die Geſammtheit aller Einzelnen als gleich-
berechtigter und gleichbeſtimmter Perſönlichkeiten enthält.

Aus der menſchlichen Gemeinſchaft geht die menſchliche Geſellſchaft
hervor, indem zunächſt die Vertheilung der perſönlichen, wirthſchaft-
lichen und geiſtigen Momente und Güter unter den Einzelnen eine
Verſchiedenheit hervorbringen. Dieſe Verſchiedenheit wird zu einer
Verſchiedenheit des ganzen äußeren Lebens, indem ſie zunächſt die
Kräfte, dann die Anſichten und Beſtrebungen, dann die Bedürfniſſe
und damit endlich die ganze Perſönlichkeit verſchieden geſtalten. Den
Ausdruck dieſer Verſchiedenheit bildet dann einerſeits die Anerkennung
der höheren Stadien der perſönlichen Entwicklung durch die niederen,
die höhere Achtung, aus der, in Verbindung mit dem Beſitze der
Mittel andern zu helfen oder ihnen zu ſchaden, die Geltung hervor-
geht. Die Formen, in denen beide im Geſammtleben zur allgemeinen
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[393/0417] Dritter Theil. Die Verwaltung und das geſellſchaftliche Leben. Das geſellſchaftliche Leben. Das dritte große Gebiet des Geſammtlebens und damit der Ver- waltung iſt nun das, das wir die Geſellſchaft nennen. Die Verwaltungslehre hat in dieſem Gebiete nicht den Vorzug wie in den beiden vorhergehenden, ſich auf bekannte und anerkannte Begriffe zu ſtützen. Sie muß daher bis zu einem gewiſſen Grade das Gebiet ſelbſt ſchaffen, das ſie bearbeiten ſoll. Das nun wäre unthun- lich in den engen Gränzen eines kurzen Syſtems, wenn nicht zwei Dinge aushülfen. Das erſte iſt, daß alle einzelnen Theile dieſes Gebietes bereits mehr oder weniger durchgearbeitet vorliegen; während ihnen nur der organiſche Zuſammenhang fehlt; das zweite iſt, daß das leitende Princip denn doch nicht hier zuerſt aufgeſtellt wird. Daher iſt es möglich, das geſellſchaftliche Leben als ſelbſtändigen Theil der Verwaltung aufzunehmen, und auch hier das einfache Princip derſelben zur Geltung zu bringen. Elemente der Geſellſchaftslehre. Begriff der Geſellſchaft. Die Grundlage der Geſellſchaft iſt der Begriff der menſchlichen Gemeinſchaft, welche die Geſammtheit aller Einzelnen als gleich- berechtigter und gleichbeſtimmter Perſönlichkeiten enthält. Aus der menſchlichen Gemeinſchaft geht die menſchliche Geſellſchaft hervor, indem zunächſt die Vertheilung der perſönlichen, wirthſchaft- lichen und geiſtigen Momente und Güter unter den Einzelnen eine Verſchiedenheit hervorbringen. Dieſe Verſchiedenheit wird zu einer Verſchiedenheit des ganzen äußeren Lebens, indem ſie zunächſt die Kräfte, dann die Anſichten und Beſtrebungen, dann die Bedürfniſſe und damit endlich die ganze Perſönlichkeit verſchieden geſtalten. Den Ausdruck dieſer Verſchiedenheit bildet dann einerſeits die Anerkennung der höheren Stadien der perſönlichen Entwicklung durch die niederen, die höhere Achtung, aus der, in Verbindung mit dem Beſitze der Mittel andern zu helfen oder ihnen zu ſchaden, die Geltung hervor- geht. Die Formen, in denen beide im Geſammtleben zur allgemeinen anerkannten Erſcheinung gelangen, ſind die Ehre und die Macht.

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/417>, abgerufen am 22.11.2024.