a) Die Börse bildet den Markt der Geschäfte. Sie ist zu- nächst nur der Geschäftsmarkt. Allein der Natur des Handels ent- sprechend ist nur ein Handelsunternehmen börsefähig. Das Börsen- geschäft unterscheidet sich an sich nicht von jedem andern Geschäft; allein es ist die Aufgabe der Börse, zuerst einen Marktpreis zu bilden, der eventuell den individuellen Vertragspreis ersetzt, und zweitens die Erfüllungspflicht zu normiren, wo keine solche vertragsmäßig bestimmt war. Die Wichtigkeit beider Punkte bei der Fluth der Ge- schäfte ist es, welche das Börsenrecht erzeugt hat. Nach demselben wird zu einem gegebenen Zeitpunkt der Marktpreis als "Cours" oder "Preis" erklärt und eine Lieferzeit gesetzlich für die abgeschlossenen Börsen- geschäfte bestimmt. Die Vollziehung dieser Ordnung unterliegt der Börsenkammer, der ein Regierungscommissär beigegeben zu sein pflegt, und die auch in Streitigkeiten des Börsenrechts entscheidet. Diese Börseordnung ist Gegenstand der Gesetzgebung, und zwar ohne Unterschied, ob es sich um eine Geld- oder Waarenbörse handelt, obwohl die Verschiedenheit des Objekts einige Modifikationen für jede derselben erzeugt, namentlich in Beziehung auf Zeit und Form der Erfüllung des Börsengeschäfts.
Das Börsenrecht gehört entschieden dem Handelsrecht, obgleich es nicht in demselben behandelt und im deutschen Handelsgesetzbuch selbst berührt wird. (Art. 331.) Erste Form bereits in Italien; dann in Flandern (Hüllmann, Städtewesen I. 302). Weitere Entwicklung im 18. Jahrhundert; dann selb- ständige Börsenordnungen im Anschluß an das Handelsgesetzbuch; vergl. die Börsenordnung Preußens bei Rönne (Staatsrecht II. §. 436). -- Oester- reich: Geld-Börsenordnung vom 11. Juli 1854; Waaren-Börsenordnung vom 20. Febr. 1860). -- Frankreich: örtliche Börsenordnung vor der Revolution; allgemeine Börsenordnung (Gesetz vom 28. Vent. IX. nebst späteren Be- stimmungen; Foubert bei Block; RauII. 283).
b) Die Makler sind Handelsorgane, welche dazu bestimmt sind, durch ihre Intervention den Abschluß des Geschäfts in Beziehung auf Objekt, Preis und Lieferung sicher zu stellen, und so durch die Beweis- kraft ihrer Aufzeichnungen die Unsicherheit der Geschäfte zu beseitigen. Das Bedürfniß nach einer solchen entscheidenden Intervention liegt im Wesen des Geschäftsverkehrs; Grundsatz daher, daß sie als solche durch den Selbstverwaltungskörper der Börse, die Börsenkammer (oder Handels- kammer) oft unter Zuziehung der Regierung ernannt, unter bestimmte gesetzliche Vorschriften gestellt und mit entsprechender Haftung belastet werden. Daher bilden die Maklerordnungen meist einen Theil der Börseordnung, und sollten ein Theil der Disciplin des Handelsrechts bilden. Die Bedingungen ihrer Anstellung, ihre Cautionen, ihre Buch-
a) Die Börſe bildet den Markt der Geſchäfte. Sie iſt zu- nächſt nur der Geſchäftsmarkt. Allein der Natur des Handels ent- ſprechend iſt nur ein Handelsunternehmen börſefähig. Das Börſen- geſchäft unterſcheidet ſich an ſich nicht von jedem andern Geſchäft; allein es iſt die Aufgabe der Börſe, zuerſt einen Marktpreis zu bilden, der eventuell den individuellen Vertragspreis erſetzt, und zweitens die Erfüllungspflicht zu normiren, wo keine ſolche vertragsmäßig beſtimmt war. Die Wichtigkeit beider Punkte bei der Fluth der Ge- ſchäfte iſt es, welche das Börſenrecht erzeugt hat. Nach demſelben wird zu einem gegebenen Zeitpunkt der Marktpreis als „Cours“ oder „Preis“ erklärt und eine Lieferzeit geſetzlich für die abgeſchloſſenen Börſen- geſchäfte beſtimmt. Die Vollziehung dieſer Ordnung unterliegt der Börſenkammer, der ein Regierungscommiſſär beigegeben zu ſein pflegt, und die auch in Streitigkeiten des Börſenrechts entſcheidet. Dieſe Börſeordnung iſt Gegenſtand der Geſetzgebung, und zwar ohne Unterſchied, ob es ſich um eine Geld- oder Waarenbörſe handelt, obwohl die Verſchiedenheit des Objekts einige Modifikationen für jede derſelben erzeugt, namentlich in Beziehung auf Zeit und Form der Erfüllung des Börſengeſchäfts.
Das Börſenrecht gehört entſchieden dem Handelsrecht, obgleich es nicht in demſelben behandelt und im deutſchen Handelsgeſetzbuch ſelbſt berührt wird. (Art. 331.) Erſte Form bereits in Italien; dann in Flandern (Hüllmann, Städteweſen I. 302). Weitere Entwicklung im 18. Jahrhundert; dann ſelb- ſtändige Börſenordnungen im Anſchluß an das Handelsgeſetzbuch; vergl. die Börſenordnung Preußens bei Rönne (Staatsrecht II. §. 436). — Oeſter- reich: Geld-Börſenordnung vom 11. Juli 1854; Waaren-Börſenordnung vom 20. Febr. 1860). — Frankreich: örtliche Börſenordnung vor der Revolution; allgemeine Börſenordnung (Geſetz vom 28. Vent. IX. nebſt ſpäteren Be- ſtimmungen; Foubert bei Block; RauII. 283).
b) Die Makler ſind Handelsorgane, welche dazu beſtimmt ſind, durch ihre Intervention den Abſchluß des Geſchäfts in Beziehung auf Objekt, Preis und Lieferung ſicher zu ſtellen, und ſo durch die Beweis- kraft ihrer Aufzeichnungen die Unſicherheit der Geſchäfte zu beſeitigen. Das Bedürfniß nach einer ſolchen entſcheidenden Intervention liegt im Weſen des Geſchäftsverkehrs; Grundſatz daher, daß ſie als ſolche durch den Selbſtverwaltungskörper der Börſe, die Börſenkammer (oder Handels- kammer) oft unter Zuziehung der Regierung ernannt, unter beſtimmte geſetzliche Vorſchriften geſtellt und mit entſprechender Haftung belaſtet werden. Daher bilden die Maklerordnungen meiſt einen Theil der Börſeordnung, und ſollten ein Theil der Disciplin des Handelsrechts bilden. Die Bedingungen ihrer Anſtellung, ihre Cautionen, ihre Buch-
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a) Die Börſe bildet den Markt der Geſchäfte. Sie iſt zu-
nächſt nur der Geſchäftsmarkt. Allein der Natur des Handels ent-
ſprechend iſt nur ein Handelsunternehmen börſefähig. Das Börſen-
geſchäft unterſcheidet ſich an ſich nicht von jedem andern Geſchäft; allein
es iſt die Aufgabe der Börſe, zuerſt einen Marktpreis zu bilden,
der eventuell den individuellen Vertragspreis erſetzt, und zweitens
die Erfüllungspflicht zu normiren, wo keine ſolche vertragsmäßig
beſtimmt war. Die Wichtigkeit beider Punkte bei der Fluth der Ge-
ſchäfte iſt es, welche das Börſenrecht erzeugt hat. Nach demſelben wird
zu einem gegebenen Zeitpunkt der Marktpreis als „Cours“ oder „Preis“
erklärt und eine Lieferzeit geſetzlich für die abgeſchloſſenen Börſen-
geſchäfte beſtimmt. Die Vollziehung dieſer Ordnung unterliegt der
Börſenkammer, der ein Regierungscommiſſär beigegeben zu ſein
pflegt, und die auch in Streitigkeiten des Börſenrechts entſcheidet.
Dieſe Börſeordnung iſt Gegenſtand der Geſetzgebung, und zwar ohne
Unterſchied, ob es ſich um eine Geld- oder Waarenbörſe handelt,
obwohl die Verſchiedenheit des Objekts einige Modifikationen für jede
derſelben erzeugt, namentlich in Beziehung auf Zeit und Form der
Erfüllung des Börſengeſchäfts.
Das Börſenrecht gehört entſchieden dem Handelsrecht, obgleich es nicht
in demſelben behandelt und im deutſchen Handelsgeſetzbuch ſelbſt berührt wird.
(Art. 331.) Erſte Form bereits in Italien; dann in Flandern (Hüllmann,
Städteweſen I. 302). Weitere Entwicklung im 18. Jahrhundert; dann ſelb-
ſtändige Börſenordnungen im Anſchluß an das Handelsgeſetzbuch; vergl. die
Börſenordnung Preußens bei Rönne (Staatsrecht II. §. 436). — Oeſter-
reich: Geld-Börſenordnung vom 11. Juli 1854; Waaren-Börſenordnung vom
20. Febr. 1860). — Frankreich: örtliche Börſenordnung vor der Revolution;
allgemeine Börſenordnung (Geſetz vom 28. Vent. IX. nebſt ſpäteren Be-
ſtimmungen; Foubert bei Block; Rau II. 283).
b) Die Makler ſind Handelsorgane, welche dazu beſtimmt ſind,
durch ihre Intervention den Abſchluß des Geſchäfts in Beziehung auf
Objekt, Preis und Lieferung ſicher zu ſtellen, und ſo durch die Beweis-
kraft ihrer Aufzeichnungen die Unſicherheit der Geſchäfte zu beſeitigen.
Das Bedürfniß nach einer ſolchen entſcheidenden Intervention liegt im
Weſen des Geſchäftsverkehrs; Grundſatz daher, daß ſie als ſolche durch
den Selbſtverwaltungskörper der Börſe, die Börſenkammer (oder Handels-
kammer) oft unter Zuziehung der Regierung ernannt, unter beſtimmte
geſetzliche Vorſchriften geſtellt und mit entſprechender Haftung belaſtet
werden. Daher bilden die Maklerordnungen meiſt einen Theil der
Börſeordnung, und ſollten ein Theil der Disciplin des Handelsrechts
bilden. Die Bedingungen ihrer Anſtellung, ihre Cautionen, ihre Buch-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/404>, abgerufen am 23.11.2024.
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