der Volkswirthschaft, welche wir die Handelskrisen nennen. Es war damit kein Zweifel, daß die Nachtheile der Handelskrisen viel größer waren, als die Vortheile der Creditnote. Darüber wurde man sich allmählig, wenn auch nach heftigen Kämpfen einig, und die Folge war das nunmehr ziemlich feststehende Resultat, die Zulassung der Emission der Creditnoten aufzuheben. Dagegen aber mußte man andererseits den Creditanstalten das Recht lassen, die auf kurze Zeit unbeschäftigten Capitale an sich zu ziehen, ohne ihnen doch die Fähig- keit des Umlaufs zu nehmen. Das Mittel dafür war nun der Cre- ditcassenschein, dessen Wesen es ist, auf eine bestimmte Summe (nicht unter 100) zu lauten, feste Zinsen zu tragen und feste Kün- digungsfrist zu enthalten. Zu der Emission solcher verzinslichen Kassenscheine soll jede Creditanstalt berechtigt sein, zu weiteren nicht.
Auf diese Weise hat sich nun das System des Rechts dieser Credit- anstalten gerade durch ihr Verhältniß zum Recht des Bankwesens fest- gestellt. Seine fundamentalen Grundsätze sind: Eine Bank, aber so viele Creditanstalten als möglich; Eine Note, oder freie Zulassung von Kassenscheinen, so daß die Summe der Banknoten das na- türliche Correctiv der Summe der Kassenscheine ist und blei- ben kann. Das muß die Grundlage der Gesetzgebung im Allgemeinen, und der Statuten der Creditanstalten im Einzelnen sein.
III. Die wirkliche Geltung dieser einfachen Grundsätze ist nun natürlich auch hier ein Werk der Zeit und der Erfahrung. Wir sind weder in der Form noch in der Sache damit fertig. Es ist aber fest- zuhalten, daß die Schwierigkeit hiefür namentlich auf Einem Punkte liegt. Das ist das Wort "Bank". Da ursprünglich in England alle Creditanstalten das Recht der Notenausgabe hatten, so war es aller- dings natürlich, daß man sie alle, wie die englische Bank selbst, auch "Banken" nannte, ihre Creditnoten mithin als "Banknoten" bezeichnete, und dadurch die größte Verwirrung in das positive Recht, wie in die Theorie selbst hineinbrachte. Die scharfe Unterscheidung beider hat da- her bis jetzt nicht stattgefunden. Dennoch ist ohne sie zu keinem defi- nitiven Resultat zu gelangen. Es sollte in Theorie und Praxis feste Uebung werden, das Wort "Bank" und "Note" nur von der eigent- lichen Bank, "Creditanstalt" oder "Verein" und "Kassenschein" nur von den Unternehmungscreditinstituten zu gebrauchen. Aus dem Obi- gen aber ergibt sich zunächst, daß die Grundlage einer richtigen Beur- theilung der thatsächlichen und rechtlichen Zustände und namentlich ihre wahre Vergleichung bei den verschiedenen Völkern nur das Ver- hältniß sein soll, in welchem das eigentliche Bankwesen zur Stel- lung und zum Rechte der Creditanstalten steht.
der Volkswirthſchaft, welche wir die Handelskriſen nennen. Es war damit kein Zweifel, daß die Nachtheile der Handelskriſen viel größer waren, als die Vortheile der Creditnote. Darüber wurde man ſich allmählig, wenn auch nach heftigen Kämpfen einig, und die Folge war das nunmehr ziemlich feſtſtehende Reſultat, die Zulaſſung der Emiſſion der Creditnoten aufzuheben. Dagegen aber mußte man andererſeits den Creditanſtalten das Recht laſſen, die auf kurze Zeit unbeſchäftigten Capitale an ſich zu ziehen, ohne ihnen doch die Fähig- keit des Umlaufs zu nehmen. Das Mittel dafür war nun der Cre- ditcaſſenſchein, deſſen Weſen es iſt, auf eine beſtimmte Summe (nicht unter 100) zu lauten, feſte Zinſen zu tragen und feſte Kün- digungsfriſt zu enthalten. Zu der Emiſſion ſolcher verzinslichen Kaſſenſcheine ſoll jede Creditanſtalt berechtigt ſein, zu weiteren nicht.
Auf dieſe Weiſe hat ſich nun das Syſtem des Rechts dieſer Credit- anſtalten gerade durch ihr Verhältniß zum Recht des Bankweſens feſt- geſtellt. Seine fundamentalen Grundſätze ſind: Eine Bank, aber ſo viele Creditanſtalten als möglich; Eine Note, oder freie Zulaſſung von Kaſſenſcheinen, ſo daß die Summe der Banknoten das na- türliche Correctiv der Summe der Kaſſenſcheine iſt und blei- ben kann. Das muß die Grundlage der Geſetzgebung im Allgemeinen, und der Statuten der Creditanſtalten im Einzelnen ſein.
III. Die wirkliche Geltung dieſer einfachen Grundſätze iſt nun natürlich auch hier ein Werk der Zeit und der Erfahrung. Wir ſind weder in der Form noch in der Sache damit fertig. Es iſt aber feſt- zuhalten, daß die Schwierigkeit hiefür namentlich auf Einem Punkte liegt. Das iſt das Wort „Bank“. Da urſprünglich in England alle Creditanſtalten das Recht der Notenausgabe hatten, ſo war es aller- dings natürlich, daß man ſie alle, wie die engliſche Bank ſelbſt, auch „Banken“ nannte, ihre Creditnoten mithin als „Banknoten“ bezeichnete, und dadurch die größte Verwirrung in das poſitive Recht, wie in die Theorie ſelbſt hineinbrachte. Die ſcharfe Unterſcheidung beider hat da- her bis jetzt nicht ſtattgefunden. Dennoch iſt ohne ſie zu keinem defi- nitiven Reſultat zu gelangen. Es ſollte in Theorie und Praxis feſte Uebung werden, das Wort „Bank“ und „Note“ nur von der eigent- lichen Bank, „Creditanſtalt“ oder „Verein“ und „Kaſſenſchein“ nur von den Unternehmungscreditinſtituten zu gebrauchen. Aus dem Obi- gen aber ergibt ſich zunächſt, daß die Grundlage einer richtigen Beur- theilung der thatſächlichen und rechtlichen Zuſtände und namentlich ihre wahre Vergleichung bei den verſchiedenen Völkern nur das Ver- hältniß ſein ſoll, in welchem das eigentliche Bankweſen zur Stel- lung und zum Rechte der Creditanſtalten ſteht.
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war damit kein Zweifel, daß die Nachtheile der Handelskriſen viel
größer waren, als die Vortheile der Creditnote. Darüber wurde man
ſich allmählig, wenn auch nach heftigen Kämpfen einig, und die Folge
war das nunmehr ziemlich feſtſtehende Reſultat, die Zulaſſung der
Emiſſion der Creditnoten aufzuheben. Dagegen aber mußte man
andererſeits den Creditanſtalten das Recht laſſen, die auf kurze Zeit
unbeſchäftigten Capitale an ſich zu ziehen, ohne ihnen doch die Fähig-
keit des Umlaufs zu nehmen. Das Mittel dafür war nun der Cre-
ditcaſſenſchein, deſſen Weſen es iſt, auf eine beſtimmte Summe
(nicht unter 100) zu lauten, feſte Zinſen zu tragen und feſte Kün-
digungsfriſt zu enthalten. Zu der Emiſſion ſolcher verzinslichen
Kaſſenſcheine ſoll jede Creditanſtalt berechtigt ſein, zu weiteren nicht.
Auf dieſe Weiſe hat ſich nun das Syſtem des Rechts dieſer Credit-
anſtalten gerade durch ihr Verhältniß zum Recht des Bankweſens feſt-
geſtellt. Seine fundamentalen Grundſätze ſind: Eine Bank, aber ſo
viele Creditanſtalten als möglich; Eine Note, oder freie Zulaſſung
von Kaſſenſcheinen, ſo daß die Summe der Banknoten das na-
türliche Correctiv der Summe der Kaſſenſcheine iſt und blei-
ben kann. Das muß die Grundlage der Geſetzgebung im Allgemeinen,
und der Statuten der Creditanſtalten im Einzelnen ſein.
III. Die wirkliche Geltung dieſer einfachen Grundſätze iſt nun
natürlich auch hier ein Werk der Zeit und der Erfahrung. Wir ſind
weder in der Form noch in der Sache damit fertig. Es iſt aber feſt-
zuhalten, daß die Schwierigkeit hiefür namentlich auf Einem Punkte
liegt. Das iſt das Wort „Bank“. Da urſprünglich in England alle
Creditanſtalten das Recht der Notenausgabe hatten, ſo war es aller-
dings natürlich, daß man ſie alle, wie die engliſche Bank ſelbſt, auch
„Banken“ nannte, ihre Creditnoten mithin als „Banknoten“ bezeichnete,
und dadurch die größte Verwirrung in das poſitive Recht, wie in die
Theorie ſelbſt hineinbrachte. Die ſcharfe Unterſcheidung beider hat da-
her bis jetzt nicht ſtattgefunden. Dennoch iſt ohne ſie zu keinem defi-
nitiven Reſultat zu gelangen. Es ſollte in Theorie und Praxis feſte
Uebung werden, das Wort „Bank“ und „Note“ nur von der eigent-
lichen Bank, „Creditanſtalt“ oder „Verein“ und „Kaſſenſchein“ nur
von den Unternehmungscreditinſtituten zu gebrauchen. Aus dem Obi-
gen aber ergibt ſich zunächſt, daß die Grundlage einer richtigen Beur-
theilung der thatſächlichen und rechtlichen Zuſtände und namentlich ihre
wahre Vergleichung bei den verſchiedenen Völkern nur das Ver-
hältniß ſein ſoll, in welchem das eigentliche Bankweſen zur Stel-
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/330>, abgerufen am 22.11.2024.
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