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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870.

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beschäftigten Railway Clearing House erhoben; gesetzlich geordnet durch 13. 14.
Vict. 33 (1850) und mit besonderen Rechten versehen; in Frankreich durch das
System der reseaux unthunlich; in Deutschland großartige Entwicklung durch
den Verein der Eisenbahnen begonnen 1847, für ganz Deutschland orga-
nisirt 1850; daneben die einzelnen Eisenbahnverbände für gewisse Trans-
portkreise und -Fragen, mit dem Princip bindender Majorität, jedoch ohne
selbstberechtigte Executive. Organisation des Bahnbetriebes sehr gut bei Koch,
a. a. O. Anlage S. 1--46. Die Verhältnisse des deutschen Eisenbahn-
vereins
so wie der Verbände Ders. Bd. II. T. III. §. 126 und §. 129 ff.
-- Ueber das System der Nebenbahnen, seit 1861 in Frankreich begonnen,
und den schottischen und irischen Betrieb solcher Bahnen s. Revue des deux
Mondes, Janvier
1866.

2) Concessionsrecht der Eisenbahnen.

Das erste große Gebiet nun, wo sich jene beiden Faktoren begegnen
und ein keinesweges einfaches System bilden, ist das Concessions-
wesen
.

Jede Concession als solche hat einen doppelten Inhalt, weil sie
eine doppelte Aufgabe hat. Sie hat einerseits den Capitalien,
welche die Gesellschaft bietet, die Bedingungen zu geben, unter denen
die letztere das Unternehmen überhaupt beginnen kann, und an-
drerseits
diese Bedingungen so zu formuliren, daß schon in der
ersten Anlage das Gesammtinteresse gegenüber dem Erwerbsinteresse
der Gesellschaft gewahrt wird. Aus dem Zusammenwirken beider Ge-
sichtspunkte hat sich allmählig ein System gebildet, das in jedem seiner
Theile beide Principien vertritt, und das Concessionswesen schon an
und für sich zu einem reichhaltigen Gebiete des Verwaltungsrechts
macht.

Seine leitenden Gesichtspunkte sind folgende.

a) Die Vorconcession ist die Verleihung des Rechts die Vor-
arbeiten zu unternehmen. Ihr positiver Inhalt ist die Verleihung des
Enteignungsrechts in Beziehung auf diejenige Benützung des Grundes
und Bodens, welche zu den Vorarbeiten (Tracirung und Vermessung)
nothwendig sind. England kennt ein solches Recht noch nicht; in
Deutschland ist das Princip desselben klar, aber über den Inhalt
existirt noch keine besondere Bestimmung.

b) Die eigentliche Concession ist nun der Akt, durch welchen
die Gesellschaft von der Regierung zur Anlage der Bahn berechtigt
wird. Der nothwendige Inhalt dieser Concession ist stets ein
doppelter. Einerseits enthält sie die Verbürgung des Enteignungs-
rechts
der Gesellschaft für die bestimmte und zwischen zwei Punkten
meistens ausschließlich berechtigte Linie; daneben zweitens das Recht

beſchäftigten Railway Clearing House erhoben; geſetzlich geordnet durch 13. 14.
Vict. 33 (1850) und mit beſonderen Rechten verſehen; in Frankreich durch das
Syſtem der réseaux unthunlich; in Deutſchland großartige Entwicklung durch
den Verein der Eiſenbahnen begonnen 1847, für ganz Deutſchland orga-
niſirt 1850; daneben die einzelnen Eiſenbahnverbände für gewiſſe Trans-
portkreiſe und -Fragen, mit dem Princip bindender Majorität, jedoch ohne
ſelbſtberechtigte Executive. Organiſation des Bahnbetriebes ſehr gut bei Koch,
a. a. O. Anlage S. 1—46. Die Verhältniſſe des deutſchen Eiſenbahn-
vereins
ſo wie der Verbände Derſ. Bd. II. T. III. §. 126 und §. 129 ff.
— Ueber das Syſtem der Nebenbahnen, ſeit 1861 in Frankreich begonnen,
und den ſchottiſchen und iriſchen Betrieb ſolcher Bahnen ſ. Revue des deux
Mondes, Janvier
1866.

2) Conceſſionsrecht der Eiſenbahnen.

Das erſte große Gebiet nun, wo ſich jene beiden Faktoren begegnen
und ein keinesweges einfaches Syſtem bilden, iſt das Conceſſions-
weſen
.

Jede Conceſſion als ſolche hat einen doppelten Inhalt, weil ſie
eine doppelte Aufgabe hat. Sie hat einerſeits den Capitalien,
welche die Geſellſchaft bietet, die Bedingungen zu geben, unter denen
die letztere das Unternehmen überhaupt beginnen kann, und an-
drerſeits
dieſe Bedingungen ſo zu formuliren, daß ſchon in der
erſten Anlage das Geſammtintereſſe gegenüber dem Erwerbsintereſſe
der Geſellſchaft gewahrt wird. Aus dem Zuſammenwirken beider Ge-
ſichtspunkte hat ſich allmählig ein Syſtem gebildet, das in jedem ſeiner
Theile beide Principien vertritt, und das Conceſſionsweſen ſchon an
und für ſich zu einem reichhaltigen Gebiete des Verwaltungsrechts
macht.

Seine leitenden Geſichtspunkte ſind folgende.

a) Die Vorconceſſion iſt die Verleihung des Rechts die Vor-
arbeiten zu unternehmen. Ihr poſitiver Inhalt iſt die Verleihung des
Enteignungsrechts in Beziehung auf diejenige Benützung des Grundes
und Bodens, welche zu den Vorarbeiten (Tracirung und Vermeſſung)
nothwendig ſind. England kennt ein ſolches Recht noch nicht; in
Deutſchland iſt das Princip deſſelben klar, aber über den Inhalt
exiſtirt noch keine beſondere Beſtimmung.

b) Die eigentliche Conceſſion iſt nun der Akt, durch welchen
die Geſellſchaft von der Regierung zur Anlage der Bahn berechtigt
wird. Der nothwendige Inhalt dieſer Conceſſion iſt ſtets ein
doppelter. Einerſeits enthält ſie die Verbürgung des Enteignungs-
rechts
der Geſellſchaft für die beſtimmte und zwiſchen zwei Punkten
meiſtens ausſchließlich berechtigte Linie; daneben zweitens das Recht

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[215/0239] beſchäftigten Railway Clearing House erhoben; geſetzlich geordnet durch 13. 14. Vict. 33 (1850) und mit beſonderen Rechten verſehen; in Frankreich durch das Syſtem der réseaux unthunlich; in Deutſchland großartige Entwicklung durch den Verein der Eiſenbahnen begonnen 1847, für ganz Deutſchland orga- niſirt 1850; daneben die einzelnen Eiſenbahnverbände für gewiſſe Trans- portkreiſe und -Fragen, mit dem Princip bindender Majorität, jedoch ohne ſelbſtberechtigte Executive. Organiſation des Bahnbetriebes ſehr gut bei Koch, a. a. O. Anlage S. 1—46. Die Verhältniſſe des deutſchen Eiſenbahn- vereins ſo wie der Verbände Derſ. Bd. II. T. III. §. 126 und §. 129 ff. — Ueber das Syſtem der Nebenbahnen, ſeit 1861 in Frankreich begonnen, und den ſchottiſchen und iriſchen Betrieb ſolcher Bahnen ſ. Revue des deux Mondes, Janvier 1866. 2) Conceſſionsrecht der Eiſenbahnen. Das erſte große Gebiet nun, wo ſich jene beiden Faktoren begegnen und ein keinesweges einfaches Syſtem bilden, iſt das Conceſſions- weſen. Jede Conceſſion als ſolche hat einen doppelten Inhalt, weil ſie eine doppelte Aufgabe hat. Sie hat einerſeits den Capitalien, welche die Geſellſchaft bietet, die Bedingungen zu geben, unter denen die letztere das Unternehmen überhaupt beginnen kann, und an- drerſeits dieſe Bedingungen ſo zu formuliren, daß ſchon in der erſten Anlage das Geſammtintereſſe gegenüber dem Erwerbsintereſſe der Geſellſchaft gewahrt wird. Aus dem Zuſammenwirken beider Ge- ſichtspunkte hat ſich allmählig ein Syſtem gebildet, das in jedem ſeiner Theile beide Principien vertritt, und das Conceſſionsweſen ſchon an und für ſich zu einem reichhaltigen Gebiete des Verwaltungsrechts macht. Seine leitenden Geſichtspunkte ſind folgende. a) Die Vorconceſſion iſt die Verleihung des Rechts die Vor- arbeiten zu unternehmen. Ihr poſitiver Inhalt iſt die Verleihung des Enteignungsrechts in Beziehung auf diejenige Benützung des Grundes und Bodens, welche zu den Vorarbeiten (Tracirung und Vermeſſung) nothwendig ſind. England kennt ein ſolches Recht noch nicht; in Deutſchland iſt das Princip deſſelben klar, aber über den Inhalt exiſtirt noch keine beſondere Beſtimmung. b) Die eigentliche Conceſſion iſt nun der Akt, durch welchen die Geſellſchaft von der Regierung zur Anlage der Bahn berechtigt wird. Der nothwendige Inhalt dieſer Conceſſion iſt ſtets ein doppelter. Einerſeits enthält ſie die Verbürgung des Enteignungs- rechts der Geſellſchaft für die beſtimmte und zwiſchen zwei Punkten meiſtens ausſchließlich berechtigte Linie; daneben zweitens das Recht

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Zitationshilfe: Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/239>, abgerufen am 24.11.2024.