Wesen der letzteren kann dieß nur da der Fall sein, wo der Einzelne nicht mehr im Stande ist, auf Grundlage einzelner Kräfte und Rechte diese Fähigkeit des Wassers auszunutzen. Die Voraussetzung dafür ist ein höheres Verständniß der produktiven Qualitäten des Wassers. Der Zweck ist die möglichst allgemeine Verwerthung dieser Qualitäten. Der Organismus dafür ist vermöge der örtlichen Natur des Wassers, wesent- lich das Vereinswesen in der Gestalt der Wasserverbände. Das Recht derselben enthält einerseits die Aufstellung der Principien für die Ordnung dieser Wasserkörperschaften und ihrer Verwaltungsthätig- keiten, andererseits die Durchführung der Enteignung für die Zwecke derselben. Die beiden Hauptgebiete sind die Entwässerung, zu einem speciellen Rechtsverhältniß ausgebildet durch das Drainirungs- system, und die Bewässerung in ihren verschiedenen Formen. Die Grundsätze, nach denen beide anzulegen und zu betreiben sind, gehören der Landwirthschaftslehre; die Wasserverwaltung hat nur die rechtlichen Bedingungen herzustellen, welche die Voraussetzung für beide bilden. Hier tritt daher die Thätigkeit des Staats hinter die des Einzelnen zurück, und Verständniß und Energie der Vereine und der Individuen übernehmen die Aufgabe, das Wasser zu einem integrirenden Elemente des produktiven Lebens der Volkswirthschaft zu machen.
Das nun sind die drei Hauptgebiete der Wasserverwaltung. Ge- schichtlich successiv entstanden, und örtlich sehr verschieden ausgebildet, sind sie dennoch stets alle zugleich in jeder Verwaltung gegenwärtig und thätig; sie sind ein Ganzes, und müssen als solches aufgefaßt und erkannt werden.
Die Epoche der Strompolizei und des Wasserordnungsrechts kennt gesetz- lich noch das Gebiet nicht. Doch ist bei JustiI. §. 37. 80 die Entwässerungs- lehre technisch schon verarbeitet. Die Ent- und Bewässerungsgesetzgebung hat ihre örtliche Heimath aus physischen Gründen in der Lombardei und Holland (Waterstaat). Anfang für Deutschland im achtzehnten Jahrhundert in Preußen mit Edikt von 1704; die folgenden Verordnungen bei Nieberding S. 10 ff. In unserem Jahrhundert ward sie ein integrirender Bestandtheil aller Wasser- gesetzgebung; Gesetze bei Glaß, Wasserverordnungen. Gesetzgebung; Preußen: bei Nieberding S. 91--116 und 122--170. Lette und Rönne Landeskultur- gesetz Bd. III.Hannover bei Ubbelohde S. 27 ff. Neueste Deich- und Abwässerungsordnung vom 22. Jan. 1864. Wassergenossenschaften: vergl. Gierke a. a. O. Allgemeine Bemerkungen bei Stein a. a. O. Fort- schreitende Bildung von Ent- und Bewässerungsverbänden mit eigener Verwaltung und Enteignungsrecht; Statuten derselben nach den Grundsätzen des Vereinswesens bestätigt; vergl. preuß. Gesetzsamml. 1865--69. Grundlage ist dabei stets das Gesetz vom 11. März und 14. Nov. 1853 für die Entwässe- rungsverbände. -- In Frankreich haben sich Irrigation (servitude
Weſen der letzteren kann dieß nur da der Fall ſein, wo der Einzelne nicht mehr im Stande iſt, auf Grundlage einzelner Kräfte und Rechte dieſe Fähigkeit des Waſſers auszunutzen. Die Vorausſetzung dafür iſt ein höheres Verſtändniß der produktiven Qualitäten des Waſſers. Der Zweck iſt die möglichſt allgemeine Verwerthung dieſer Qualitäten. Der Organismus dafür iſt vermöge der örtlichen Natur des Waſſers, weſent- lich das Vereinsweſen in der Geſtalt der Waſſerverbände. Das Recht derſelben enthält einerſeits die Aufſtellung der Principien für die Ordnung dieſer Waſſerkörperſchaften und ihrer Verwaltungsthätig- keiten, andererſeits die Durchführung der Enteignung für die Zwecke derſelben. Die beiden Hauptgebiete ſind die Entwäſſerung, zu einem ſpeciellen Rechtsverhältniß ausgebildet durch das Drainirungs- ſyſtem, und die Bewäſſerung in ihren verſchiedenen Formen. Die Grundſätze, nach denen beide anzulegen und zu betreiben ſind, gehören der Landwirthſchaftslehre; die Waſſerverwaltung hat nur die rechtlichen Bedingungen herzuſtellen, welche die Vorausſetzung für beide bilden. Hier tritt daher die Thätigkeit des Staats hinter die des Einzelnen zurück, und Verſtändniß und Energie der Vereine und der Individuen übernehmen die Aufgabe, das Waſſer zu einem integrirenden Elemente des produktiven Lebens der Volkswirthſchaft zu machen.
Das nun ſind die drei Hauptgebiete der Waſſerverwaltung. Ge- ſchichtlich ſucceſſiv entſtanden, und örtlich ſehr verſchieden ausgebildet, ſind ſie dennoch ſtets alle zugleich in jeder Verwaltung gegenwärtig und thätig; ſie ſind ein Ganzes, und müſſen als ſolches aufgefaßt und erkannt werden.
Die Epoche der Strompolizei und des Waſſerordnungsrechts kennt geſetz- lich noch das Gebiet nicht. Doch iſt bei JuſtiI. §. 37. 80 die Entwäſſerungs- lehre techniſch ſchon verarbeitet. Die Ent- und Bewäſſerungsgeſetzgebung hat ihre örtliche Heimath aus phyſiſchen Gründen in der Lombardei und Holland (Waterſtaat). Anfang für Deutſchland im achtzehnten Jahrhundert in Preußen mit Edikt von 1704; die folgenden Verordnungen bei Nieberding S. 10 ff. In unſerem Jahrhundert ward ſie ein integrirender Beſtandtheil aller Waſſer- geſetzgebung; Geſetze bei Glaß, Waſſerverordnungen. Geſetzgebung; Preußen: bei Nieberding S. 91—116 und 122—170. Lette und Rönne Landeskultur- geſetz Bd. III.Hannover bei Ubbelohde S. 27 ff. Neueſte Deich- und Abwäſſerungsordnung vom 22. Jan. 1864. Waſſergenoſſenſchaften: vergl. Gierke a. a. O. Allgemeine Bemerkungen bei Stein a. a. O. Fort- ſchreitende Bildung von Ent- und Bewäſſerungsverbänden mit eigener Verwaltung und Enteignungsrecht; Statuten derſelben nach den Grundſätzen des Vereinsweſens beſtätigt; vergl. preuß. Geſetzſamml. 1865—69. Grundlage iſt dabei ſtets das Geſetz vom 11. März und 14. Nov. 1853 für die Entwäſſe- rungsverbände. — In Frankreich haben ſich Irrigation (servitude
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[164/0188]
Weſen der letzteren kann dieß nur da der Fall ſein, wo der Einzelne
nicht mehr im Stande iſt, auf Grundlage einzelner Kräfte und Rechte
dieſe Fähigkeit des Waſſers auszunutzen. Die Vorausſetzung dafür iſt
ein höheres Verſtändniß der produktiven Qualitäten des Waſſers. Der
Zweck iſt die möglichſt allgemeine Verwerthung dieſer Qualitäten. Der
Organismus dafür iſt vermöge der örtlichen Natur des Waſſers, weſent-
lich das Vereinsweſen in der Geſtalt der Waſſerverbände. Das
Recht derſelben enthält einerſeits die Aufſtellung der Principien für
die Ordnung dieſer Waſſerkörperſchaften und ihrer Verwaltungsthätig-
keiten, andererſeits die Durchführung der Enteignung für die Zwecke
derſelben. Die beiden Hauptgebiete ſind die Entwäſſerung, zu
einem ſpeciellen Rechtsverhältniß ausgebildet durch das Drainirungs-
ſyſtem, und die Bewäſſerung in ihren verſchiedenen Formen. Die
Grundſätze, nach denen beide anzulegen und zu betreiben ſind, gehören
der Landwirthſchaftslehre; die Waſſerverwaltung hat nur die rechtlichen
Bedingungen herzuſtellen, welche die Vorausſetzung für beide bilden.
Hier tritt daher die Thätigkeit des Staats hinter die des Einzelnen
zurück, und Verſtändniß und Energie der Vereine und der Individuen
übernehmen die Aufgabe, das Waſſer zu einem integrirenden Elemente
des produktiven Lebens der Volkswirthſchaft zu machen.
Das nun ſind die drei Hauptgebiete der Waſſerverwaltung. Ge-
ſchichtlich ſucceſſiv entſtanden, und örtlich ſehr verſchieden ausgebildet,
ſind ſie dennoch ſtets alle zugleich in jeder Verwaltung gegenwärtig
und thätig; ſie ſind ein Ganzes, und müſſen als ſolches aufgefaßt
und erkannt werden.
Die Epoche der Strompolizei und des Waſſerordnungsrechts kennt geſetz-
lich noch das Gebiet nicht. Doch iſt bei Juſti I. §. 37. 80 die Entwäſſerungs-
lehre techniſch ſchon verarbeitet. Die Ent- und Bewäſſerungsgeſetzgebung hat
ihre örtliche Heimath aus phyſiſchen Gründen in der Lombardei und Holland
(Waterſtaat). Anfang für Deutſchland im achtzehnten Jahrhundert in Preußen
mit Edikt von 1704; die folgenden Verordnungen bei Nieberding S. 10 ff.
In unſerem Jahrhundert ward ſie ein integrirender Beſtandtheil aller Waſſer-
geſetzgebung; Geſetze bei Glaß, Waſſerverordnungen. Geſetzgebung; Preußen:
bei Nieberding S. 91—116 und 122—170. Lette und Rönne Landeskultur-
geſetz Bd. III. Hannover bei Ubbelohde S. 27 ff. Neueſte Deich- und
Abwäſſerungsordnung vom 22. Jan. 1864. Waſſergenoſſenſchaften:
vergl. Gierke a. a. O. Allgemeine Bemerkungen bei Stein a. a. O. Fort-
ſchreitende Bildung von Ent- und Bewäſſerungsverbänden mit eigener
Verwaltung und Enteignungsrecht; Statuten derſelben nach den Grundſätzen
des Vereinsweſens beſtätigt; vergl. preuß. Geſetzſamml. 1865—69. Grundlage
iſt dabei ſtets das Geſetz vom 11. März und 14. Nov. 1853 für die Entwäſſe-
rungsverbände. — In Frankreich haben ſich Irrigation (servitude
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/188>, abgerufen am 22.12.2024.
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