lichkeit verletzt, selbst von der des Vergehens wesentlich verschieden; theils konnte man daher auch die Folgen der Uebertretung keine rechte Strafe nennen; theils endlich genügten die kurzen Andeutungen des eigentlichen Strafgesetzbuches für das zweite Gebiet derselben nicht. So blieb der Polizei das Recht, durch ihre einseitigen Vorschriften Befehle zu geben: das war das Gebiet der Polizeiverfügungen neben den Straf- und Polizeigesetzen; sie behielt consequent das Recht, die Ueber- tretung solcher Polizeiverfügungen mit eigenen Strafen zu belegen und so entstanden die Ordnungsstrafen neben den peinlichen Strafen; und endlich ergab es sich als zweckmäßig, für diese Uebertretungen ein eigenes Verfahren vor der Polizei beizubehalten, das Polizeiver- fahren neben dem Strafproceß, dem gleichfalls aus Gründen der Zweckmäßigkeit für jene Ordnungsstrafen das Polizeigericht neben dem Strafgericht entspricht. Alle diese Rechtsverhältnisse bildeten sich nur durch ihre eigene Natur aus und zwar meistens neben der Strafgesetzgebung, also eigentlich im Widerspruche mit dem Princip, daß keine Strafe ohne ordentliches Gericht und Verfahren sein soll. Erst in der neuesten Zeit löst sich das ganze Gebiet als ein selbstän- diges von dem übrigen Verwaltungs- wie von dem Strafrecht los, und so entstehen die Polizei-Strafgesetzbücher der letzten Decennien, welche in ihrem allgemeinen Theil das Verfügungsrecht, die Com- petenz und das Verfahren der Polizei überhaupt, in dem besondern Theil das System der Uebertretungen nach dem Elemente der Verwal- tung enthalten. Es ist demnach kein Zweifel über den Standpunkt, auf dem wir jetzt stehen. Wir fassen denselben in folgender Weise. 1) Die Polizeistrafgesetzbücher sind ein nothwendiges Element des inneren Verwaltungsrechts; 2) ein eigenes dem summarischen Verfahren ent- sprechendes polizeigerichtliches Verfahren ist bei Ordnungsstrafen zweck- mäßig; und 3) da trotz der Polizei-Strafgesetzbücher dennoch nicht alle Fälle von demselben vorhergesehen werden können, so muß der Ver- waltungspolizei das Recht zum Erlaß von Verfügungen mit Ordnungs- strafen bleiben, jedoch soll diese Gesetzgebung für Ordnungsstrafen stets unter Zuziehung der Gemeinde und nur innerhalb einer bestimmten Gränze ausgeübt werden; allerdings kann sie dann sich auch auf alle Gebiete der inneren Verwaltung beziehen. Es wird die Aufgabe der Zukunft sein, auf Grundlage dieser Unterscheidung von peinlicher und Ordnungsstrafe einerseits und der Sicherheits- und Verwaltungspolizei andererseits hier zu einer genügenden Gesetzgebung und Praxis zu gelangen.
Seit Berg, Allgemeines Teutsches Polizeirecht (1799) ist allerdings die Verwaltungspolizei in die Staatswissenschaft aufgenommen, aber theils mit
lichkeit verletzt, ſelbſt von der des Vergehens weſentlich verſchieden; theils konnte man daher auch die Folgen der Uebertretung keine rechte Strafe nennen; theils endlich genügten die kurzen Andeutungen des eigentlichen Strafgeſetzbuches für das zweite Gebiet derſelben nicht. So blieb der Polizei das Recht, durch ihre einſeitigen Vorſchriften Befehle zu geben: das war das Gebiet der Polizeiverfügungen neben den Straf- und Polizeigeſetzen; ſie behielt conſequent das Recht, die Ueber- tretung ſolcher Polizeiverfügungen mit eigenen Strafen zu belegen und ſo entſtanden die Ordnungsſtrafen neben den peinlichen Strafen; und endlich ergab es ſich als zweckmäßig, für dieſe Uebertretungen ein eigenes Verfahren vor der Polizei beizubehalten, das Polizeiver- fahren neben dem Strafproceß, dem gleichfalls aus Gründen der Zweckmäßigkeit für jene Ordnungsſtrafen das Polizeigericht neben dem Strafgericht entſpricht. Alle dieſe Rechtsverhältniſſe bildeten ſich nur durch ihre eigene Natur aus und zwar meiſtens neben der Strafgeſetzgebung, alſo eigentlich im Widerſpruche mit dem Princip, daß keine Strafe ohne ordentliches Gericht und Verfahren ſein ſoll. Erſt in der neueſten Zeit löst ſich das ganze Gebiet als ein ſelbſtän- diges von dem übrigen Verwaltungs- wie von dem Strafrecht los, und ſo entſtehen die Polizei-Strafgeſetzbücher der letzten Decennien, welche in ihrem allgemeinen Theil das Verfügungsrecht, die Com- petenz und das Verfahren der Polizei überhaupt, in dem beſondern Theil das Syſtem der Uebertretungen nach dem Elemente der Verwal- tung enthalten. Es iſt demnach kein Zweifel über den Standpunkt, auf dem wir jetzt ſtehen. Wir faſſen denſelben in folgender Weiſe. 1) Die Polizeiſtrafgeſetzbücher ſind ein nothwendiges Element des inneren Verwaltungsrechts; 2) ein eigenes dem ſummariſchen Verfahren ent- ſprechendes polizeigerichtliches Verfahren iſt bei Ordnungsſtrafen zweck- mäßig; und 3) da trotz der Polizei-Strafgeſetzbücher dennoch nicht alle Fälle von demſelben vorhergeſehen werden können, ſo muß der Ver- waltungspolizei das Recht zum Erlaß von Verfügungen mit Ordnungs- ſtrafen bleiben, jedoch ſoll dieſe Geſetzgebung für Ordnungsſtrafen ſtets unter Zuziehung der Gemeinde und nur innerhalb einer beſtimmten Gränze ausgeübt werden; allerdings kann ſie dann ſich auch auf alle Gebiete der inneren Verwaltung beziehen. Es wird die Aufgabe der Zukunft ſein, auf Grundlage dieſer Unterſcheidung von peinlicher und Ordnungsſtrafe einerſeits und der Sicherheits- und Verwaltungspolizei andererſeits hier zu einer genügenden Geſetzgebung und Praxis zu gelangen.
Seit Berg, Allgemeines Teutſches Polizeirecht (1799) iſt allerdings die Verwaltungspolizei in die Staatswiſſenſchaft aufgenommen, aber theils mit
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[105/0129]
lichkeit verletzt, ſelbſt von der des Vergehens weſentlich verſchieden;
theils konnte man daher auch die Folgen der Uebertretung keine rechte
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eigentlichen Strafgeſetzbuches für das zweite Gebiet derſelben nicht. So
blieb der Polizei das Recht, durch ihre einſeitigen Vorſchriften Befehle
zu geben: das war das Gebiet der Polizeiverfügungen neben den
Straf- und Polizeigeſetzen; ſie behielt conſequent das Recht, die Ueber-
tretung ſolcher Polizeiverfügungen mit eigenen Strafen zu belegen und
ſo entſtanden die Ordnungsſtrafen neben den peinlichen Strafen;
und endlich ergab es ſich als zweckmäßig, für dieſe Uebertretungen ein
eigenes Verfahren vor der Polizei beizubehalten, das Polizeiver-
fahren neben dem Strafproceß, dem gleichfalls aus Gründen der
Zweckmäßigkeit für jene Ordnungsſtrafen das Polizeigericht neben
dem Strafgericht entſpricht. Alle dieſe Rechtsverhältniſſe bildeten ſich
nur durch ihre eigene Natur aus und zwar meiſtens neben der
Strafgeſetzgebung, alſo eigentlich im Widerſpruche mit dem Princip,
daß keine Strafe ohne ordentliches Gericht und Verfahren ſein ſoll.
Erſt in der neueſten Zeit löst ſich das ganze Gebiet als ein ſelbſtän-
diges von dem übrigen Verwaltungs- wie von dem Strafrecht los, und
ſo entſtehen die Polizei-Strafgeſetzbücher der letzten Decennien,
welche in ihrem allgemeinen Theil das Verfügungsrecht, die Com-
petenz und das Verfahren der Polizei überhaupt, in dem beſondern
Theil das Syſtem der Uebertretungen nach dem Elemente der Verwal-
tung enthalten. Es iſt demnach kein Zweifel über den Standpunkt,
auf dem wir jetzt ſtehen. Wir faſſen denſelben in folgender Weiſe.
1) Die Polizeiſtrafgeſetzbücher ſind ein nothwendiges Element des inneren
Verwaltungsrechts; 2) ein eigenes dem ſummariſchen Verfahren ent-
ſprechendes polizeigerichtliches Verfahren iſt bei Ordnungsſtrafen zweck-
mäßig; und 3) da trotz der Polizei-Strafgeſetzbücher dennoch nicht alle
Fälle von demſelben vorhergeſehen werden können, ſo muß der Ver-
waltungspolizei das Recht zum Erlaß von Verfügungen mit Ordnungs-
ſtrafen bleiben, jedoch ſoll dieſe Geſetzgebung für Ordnungsſtrafen ſtets
unter Zuziehung der Gemeinde und nur innerhalb einer beſtimmten
Gränze ausgeübt werden; allerdings kann ſie dann ſich auch auf alle
Gebiete der inneren Verwaltung beziehen. Es wird die Aufgabe der
Zukunft ſein, auf Grundlage dieſer Unterſcheidung von peinlicher und
Ordnungsſtrafe einerſeits und der Sicherheits- und Verwaltungspolizei
andererſeits hier zu einer genügenden Geſetzgebung und Praxis zu
gelangen.
Seit Berg, Allgemeines Teutſches Polizeirecht (1799) iſt allerdings die
Verwaltungspolizei in die Staatswiſſenſchaft aufgenommen, aber theils mit
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Stein, Lorenz von: Handbuch der Verwaltungslehre und des Verwaltungsrechts: mit Vergleichung der Literatur und Gesetzgebung von Frankreich, England und Deutschland; als Grundlage für Vorlesungen. Stuttgart, 1870, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stein_handbuch_1870/129>, abgerufen am 27.11.2024.
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