Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_032.001 pst_032.005 pst_032.013Das uralt alte Schlummerlied, pst_032.006 Sie achtets nicht, sie ist es müd; pst_032.007 Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, pst_032.008 Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch. pst_032.009 Doch immer behalten die Quellen das Wort, pst_032.010 Es singen die Wasser im Schlafe noch fort pst_032.011 Vom Tage, pst_032.012 Vom heute gewesenen Tage." Im selben Vers ist von dem gleichgeschwungnen Joch pst_032.014 Solche Wiederholung ist einzig in lyrischer Dichtung pst_032.021 "Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte" pst_032.025 pst_032.027"Und sie erhoben die Hände zum lecker bereiteten pst_032.026 Mahle ..." Hier aber werden nur dieselben Worte, die der Dichter pst_032.028 pst_032.001 pst_032.005 pst_032.013Das uralt alte Schlummerlied, pst_032.006 Sie achtets nicht, sie ist es müd; pst_032.007 Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, pst_032.008 Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch. pst_032.009 Doch immer behalten die Quellen das Wort, pst_032.010 Es singen die Wasser im Schlafe noch fort pst_032.011 Vom Tage, pst_032.012 Vom heute gewesenen Tage.» Im selben Vers ist von dem gleichgeschwungnen Joch pst_032.014 Solche Wiederholung ist einzig in lyrischer Dichtung pst_032.021 «Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte» pst_032.025 pst_032.027«Und sie erhoben die Hände zum lecker bereiteten pst_032.026 Mahle ...» Hier aber werden nur dieselben Worte, die der Dichter pst_032.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg> <pb facs="#f0036" n="32"/> <lb n="pst_032.001"/> <l>Und kecker rauchen die Quellen hervor,</l> <lb n="pst_032.002"/> <l>Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr</l> <lb n="pst_032.003"/> <l> <hi rendition="#et">Vom Tage,</hi> </l> <lb n="pst_032.004"/> <l>Vom heute gewesenen Tage. </l> </lg> <lg> <lb n="pst_032.005"/> <l>Das uralt alte Schlummerlied,</l> <lb n="pst_032.006"/> <l>Sie achtets nicht, sie ist es müd;</l> <lb n="pst_032.007"/> <l>Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,</l> <lb n="pst_032.008"/> <l>Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch.</l> <lb n="pst_032.009"/> <l>Doch immer behalten die Quellen das Wort,</l> <lb n="pst_032.010"/> <l>Es singen die Wasser im Schlafe noch fort</l> <lb n="pst_032.011"/> <l> <hi rendition="#et">Vom Tage,</hi> </l> <lb n="pst_032.012"/> <l>Vom heute gewesenen Tage.»</l> </lg> <lb n="pst_032.013"/> <p> Im selben Vers ist von dem gleichgeschwungnen Joch <lb n="pst_032.014"/> der Zeit die Rede, im selben Verspaar von den Quellen; <lb n="pst_032.015"/> und endlich münden die beiden Strophen sogar in dieselben <lb n="pst_032.016"/> Worte aus. Die rhythmische Wiederholung hebt, <lb n="pst_032.017"/> wie gegen allmählich schwindenden Widerstand der <lb n="pst_032.018"/> Rede, die sich fortsetzen möchte, die Unterschiede der <lb n="pst_032.019"/> Aussage auf.</p> <lb n="pst_032.020"/> <p> Solche Wiederholung ist einzig in lyrischer Dichtung <lb n="pst_032.021"/> möglich. Man sage nicht, auch in Epen Homers <lb n="pst_032.022"/> würden Verse wörtlich wiederholt. Wir lesen freilich <lb n="pst_032.023"/> immer wieder:</p> <lb n="pst_032.024"/> <lg> <l>«Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte»</l> <lb n="pst_032.025"/> <l>«Und sie erhoben die Hände zum lecker bereiteten</l> <lb n="pst_032.026"/> <l><hi rendition="#et">Mahle ...</hi>»</l> </lg> <lb n="pst_032.027"/> <p>Hier aber werden nur dieselben Worte, die der Dichter <lb n="pst_032.028"/> schon früher brauchte, für eine neue Mahlzeit und einen <lb n="pst_032.029"/> neuen Morgen gewählt. Die lyrische Wiederholung </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [32/0036]
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Und kecker rauchen die Quellen hervor, pst_032.002
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr pst_032.003
Vom Tage, pst_032.004
Vom heute gewesenen Tage.
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Das uralt alte Schlummerlied, pst_032.006
Sie achtets nicht, sie ist es müd; pst_032.007
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, pst_032.008
Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch. pst_032.009
Doch immer behalten die Quellen das Wort, pst_032.010
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort pst_032.011
Vom Tage, pst_032.012
Vom heute gewesenen Tage.»
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Im selben Vers ist von dem gleichgeschwungnen Joch pst_032.014
der Zeit die Rede, im selben Verspaar von den Quellen; pst_032.015
und endlich münden die beiden Strophen sogar in dieselben pst_032.016
Worte aus. Die rhythmische Wiederholung hebt, pst_032.017
wie gegen allmählich schwindenden Widerstand der pst_032.018
Rede, die sich fortsetzen möchte, die Unterschiede der pst_032.019
Aussage auf.
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Solche Wiederholung ist einzig in lyrischer Dichtung pst_032.021
möglich. Man sage nicht, auch in Epen Homers pst_032.022
würden Verse wörtlich wiederholt. Wir lesen freilich pst_032.023
immer wieder:
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«Als die dämmernde Frühe mit Rosenfingern erwachte» pst_032.025
«Und sie erhoben die Hände zum lecker bereiteten pst_032.026
Mahle ...»
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Hier aber werden nur dieselben Worte, die der Dichter pst_032.028
schon früher brauchte, für eine neue Mahlzeit und einen pst_032.029
neuen Morgen gewählt. Die lyrische Wiederholung
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