Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_226.001 Sollte es noch befremden, wenn die Folge lyrisch - pst_226.008 Doch dies bedarf der Erläuterung. Cassirer deutet den pst_226.020 pst_226.001 Sollte es noch befremden, wenn die Folge lyrisch – pst_226.008 Doch dies bedarf der Erläuterung. Cassirer deutet den pst_226.020 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0230" n="226"/><lb n="pst_226.001"/> erwachsenen Mann ein Wort entfahren, das einen Gegenstand <lb n="pst_226.002"/> feststellt, als sähe er ihn zum erstenmal, mit <lb n="pst_226.003"/> dem Glück, mit der Ursprünglichkeit des Knaben. Und <lb n="pst_226.004"/> im Affekt bricht, ohne zu bedeuten, der «Schrei der <lb n="pst_226.005"/> Empfindung» los, der einer noch nicht diskursiven Möglichkeit <lb n="pst_226.006"/> der Verständigung angehört.</p> <lb n="pst_226.007"/> <p> Sollte es noch befremden, wenn die Folge lyrisch – <lb n="pst_226.008"/> episch – dramatisch in diese Zusammenhänge gerückt <lb n="pst_226.009"/> wird? Längst ist uns deutlich geworden, daß die Gattungen <lb n="pst_226.010"/> sich auf etwas beziehen, das nicht nur zur Literatur <lb n="pst_226.011"/> gehört. Jetzt sehen wir klar, wie es damit bestellt <lb n="pst_226.012"/> ist. Die Begriffe lyrisch, episch, dramatisch sind literaturwissenschaftliche <lb n="pst_226.013"/> Namen für fundamentale Möglichkeiten <lb n="pst_226.014"/> des menschlichen Daseins überhaupt, und Lyrik, <lb n="pst_226.015"/> Epos und Drama gibt es nur, weil die Bereiche des Emotionalen, <lb n="pst_226.016"/> des Bildlichen und des Logischen das Wesen <lb n="pst_226.017"/> des Menschen konstituieren, als Einheit sowohl wie als <lb n="pst_226.018"/> Folge, worin sich Kindheit, Jugend und Reife teilen.</p> <lb n="pst_226.019"/> <p> Doch dies bedarf der Erläuterung. Cassirer deutet den <lb n="pst_226.020"/> Weg vom Emotionalen zum Bildlichen und zum Logischen <lb n="pst_226.021"/> als fortschreitende Objektivierung, in der sich erst <lb n="pst_226.022"/> so etwas wie eine gültige Gegenständlichkeit bildet. Darauf <lb n="pst_226.023"/> sind wir vorbereitet durch die Kategorie des Abstands. <lb n="pst_226.024"/> In lyrischem Sein ist noch kein Abstand eines <lb n="pst_226.025"/> Subjekts von einem Objekt. Das Ich schwimmt im Vergänglichen <lb n="pst_226.026"/> mit. Im Epischen bildet sich das Gegenüber <lb n="pst_226.027"/> einer Perspektive. Im Akt des Anschauens festigt <lb n="pst_226.028"/> sich der Gegenstand und zugleich das Ich, das diesen <lb n="pst_226.029"/> Gegenstand betrachtet. Doch Ich und Gegenstand sind <lb n="pst_226.030"/> im Sich-zeigen und Schauen noch aneinander gebunden. <lb n="pst_226.031"/> Eines entsteht und bewährt sich am andern. Im </p> </div> </body> </text> </TEI> [226/0230]
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erwachsenen Mann ein Wort entfahren, das einen Gegenstand pst_226.002
feststellt, als sähe er ihn zum erstenmal, mit pst_226.003
dem Glück, mit der Ursprünglichkeit des Knaben. Und pst_226.004
im Affekt bricht, ohne zu bedeuten, der «Schrei der pst_226.005
Empfindung» los, der einer noch nicht diskursiven Möglichkeit pst_226.006
der Verständigung angehört.
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Sollte es noch befremden, wenn die Folge lyrisch – pst_226.008
episch – dramatisch in diese Zusammenhänge gerückt pst_226.009
wird? Längst ist uns deutlich geworden, daß die Gattungen pst_226.010
sich auf etwas beziehen, das nicht nur zur Literatur pst_226.011
gehört. Jetzt sehen wir klar, wie es damit bestellt pst_226.012
ist. Die Begriffe lyrisch, episch, dramatisch sind literaturwissenschaftliche pst_226.013
Namen für fundamentale Möglichkeiten pst_226.014
des menschlichen Daseins überhaupt, und Lyrik, pst_226.015
Epos und Drama gibt es nur, weil die Bereiche des Emotionalen, pst_226.016
des Bildlichen und des Logischen das Wesen pst_226.017
des Menschen konstituieren, als Einheit sowohl wie als pst_226.018
Folge, worin sich Kindheit, Jugend und Reife teilen.
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Doch dies bedarf der Erläuterung. Cassirer deutet den pst_226.020
Weg vom Emotionalen zum Bildlichen und zum Logischen pst_226.021
als fortschreitende Objektivierung, in der sich erst pst_226.022
so etwas wie eine gültige Gegenständlichkeit bildet. Darauf pst_226.023
sind wir vorbereitet durch die Kategorie des Abstands. pst_226.024
In lyrischem Sein ist noch kein Abstand eines pst_226.025
Subjekts von einem Objekt. Das Ich schwimmt im Vergänglichen pst_226.026
mit. Im Epischen bildet sich das Gegenüber pst_226.027
einer Perspektive. Im Akt des Anschauens festigt pst_226.028
sich der Gegenstand und zugleich das Ich, das diesen pst_226.029
Gegenstand betrachtet. Doch Ich und Gegenstand sind pst_226.030
im Sich-zeigen und Schauen noch aneinander gebunden. pst_226.031
Eines entsteht und bewährt sich am andern. Im
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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