pst_213.001 das dumpfe Gefühl der Furcht entwirft. Wenn im pst_213.002 "Sommernachtstraum" auf einmal Zettels Eselskopf erscheint, pst_213.003 so haben wir überhaupt nichts gedacht, sondern pst_213.004 bänglich-romantische Waldesstimmung findet sich unverhofft pst_213.005 der prallsten Körperlichkeit gegenüber. Ja, der pst_213.006 Hinblick auf den Zusammenhang eines organischen pst_213.007 Ganzen, für den der Wanst und Phallos komisch wird, pst_213.008 ist eine entwerfende Anschauung. Gelächter aber entsteht pst_213.009 bei jeder Art von Entwurf, die sich als ungemäß pst_213.010 erweist, als ungemäß im Sinne einer zu weiten Spannung. pst_213.011 Wir werden entspannt von dem, was, allgemeiner pst_213.012 als Schopenhauer es ausdrückt, das höhere Wesen pst_213.013 des Menschen ausmacht, von der synthetischen Anstrengung, pst_213.014 die nach dem Schema "Voraussein" und pst_213.015 "Zurückkommen auf ..." jedwede Erfahrung, jede Erkenntnis pst_213.016 erst ermöglicht. Nicht immer sinken wir dabei pst_213.017 gleich bis zum Tierischen herab. Aus dem Rahmen des pst_213.018 Erhabenen fällt schon das Alltägliche oder Nüchterne pst_213.019 heraus und ist lächerlich, so etwa bei Keller aus Viggi pst_213.020 Störtelers hochgeschraubten Liebesbriefen die Nachschrift pst_213.021 mit dem Kleinkram des Ladens, der sich in pst_213.022 einem schlichten kaufmännischen Brief nicht lächerlich pst_213.023 ausnähme. Vom Alltag mag es dann weiter hinab zum pst_213.024 Naiven oder Unflätigen gehen. Wesentlich ist nur, daß pst_213.025 das Faktische einen geringeren Aufwand an Spannkraft pst_213.026 erfordert als das Entworfene, daß dieselbe Anstrengung, pst_213.027 die einen Entwurf zu bewähren sucht, sich plötzlich als pst_213.028 übersetzt erweist. Bei dem Namen John Kabys-Häuptle pst_213.029 schalten wir von dem angelsächsischen Nimbus auf ein pst_213.030 wohlbekanntes strotzendes Gewächs unseres Gartens pst_213.031 um. Bei Shakespeares Pompeius Steiß erfolgt der Umschlag
pst_213.001 das dumpfe Gefühl der Furcht entwirft. Wenn im pst_213.002 «Sommernachtstraum» auf einmal Zettels Eselskopf erscheint, pst_213.003 so haben wir überhaupt nichts gedacht, sondern pst_213.004 bänglich-romantische Waldesstimmung findet sich unverhofft pst_213.005 der prallsten Körperlichkeit gegenüber. Ja, der pst_213.006 Hinblick auf den Zusammenhang eines organischen pst_213.007 Ganzen, für den der Wanst und Phallos komisch wird, pst_213.008 ist eine entwerfende Anschauung. Gelächter aber entsteht pst_213.009 bei jeder Art von Entwurf, die sich als ungemäß pst_213.010 erweist, als ungemäß im Sinne einer zu weiten Spannung. pst_213.011 Wir werden entspannt von dem, was, allgemeiner pst_213.012 als Schopenhauer es ausdrückt, das höhere Wesen pst_213.013 des Menschen ausmacht, von der synthetischen Anstrengung, pst_213.014 die nach dem Schema «Voraussein» und pst_213.015 «Zurückkommen auf ...» jedwede Erfahrung, jede Erkenntnis pst_213.016 erst ermöglicht. Nicht immer sinken wir dabei pst_213.017 gleich bis zum Tierischen herab. Aus dem Rahmen des pst_213.018 Erhabenen fällt schon das Alltägliche oder Nüchterne pst_213.019 heraus und ist lächerlich, so etwa bei Keller aus Viggi pst_213.020 Störtelers hochgeschraubten Liebesbriefen die Nachschrift pst_213.021 mit dem Kleinkram des Ladens, der sich in pst_213.022 einem schlichten kaufmännischen Brief nicht lächerlich pst_213.023 ausnähme. Vom Alltag mag es dann weiter hinab zum pst_213.024 Naiven oder Unflätigen gehen. Wesentlich ist nur, daß pst_213.025 das Faktische einen geringeren Aufwand an Spannkraft pst_213.026 erfordert als das Entworfene, daß dieselbe Anstrengung, pst_213.027 die einen Entwurf zu bewähren sucht, sich plötzlich als pst_213.028 übersetzt erweist. Bei dem Namen John Kabys-Häuptle pst_213.029 schalten wir von dem angelsächsischen Nimbus auf ein pst_213.030 wohlbekanntes strotzendes Gewächs unseres Gartens pst_213.031 um. Bei Shakespeares Pompeius Steiß erfolgt der Umschlag
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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/217>, abgerufen am 16.02.2025.
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