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Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.

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fragen, daß er nicht wach bleibt, sondern entschlummert pst_208.002
und von der Natur das lebensnotwendige Geschenk pst_208.003
des Vergessens alltäglich erhält.

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Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe pst_208.006
Geschick der Endlichkeit, das ihn mit tragischer Verzweiflung pst_208.007
bedroht, eröffnet ihm einen unerwarteten pst_208.008
Ausweg ins Behagen des Komischen. Wenn wir vom pst_208.009
Tragischen erklärten, daß es den Rahmen einer Welt pst_208.010
sprengt, so gilt vom Komischen, daß es aus dem Rahmen pst_208.011
einer Welt herausfällt und außerhalb des Rahmens pst_208.012
in selbstverständlicher, fragloser Weise besteht1.

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Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten pst_208.014
etwa in jenen Gepflogenheiten der Komödie, pst_208.015
die sich von Aristophanes bis zur Gegenwart erhalten pst_208.016
haben: daß eine Person auf einmal, statt zu ihrem Partner pst_208.017
oder zu einem idealen Zeugen, zum Publikum pst_208.018
spricht, das Publikum zum Beistand gegen einen Widersacher pst_208.019
aufruft oder dem Orchester ängstlich ein Geheimnis pst_208.020
anvertraut. In der Parabase der antiken Komödie pst_208.021
ist dieses Verfahren sanktioniert und bereits so selbstverständlich pst_208.022
geworden, daß es, weil erwartet, kein unmittelbares pst_208.023
Gelächter mehr auslöst.

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Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische pst_208.025
Phallos und Wanst, eine ungeheure rote Nase oder ein pst_208.026
Ohr, das als Löffel absteht. Den Rahmen bildet hier der pst_208.027
Bezugszusammenhang eines organischen Ganzen, das

1 pst_208.028
Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft pst_208.029
des Dichters, Zürich, 1939, S. 173 ff.

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fragen, daß er nicht wach bleibt, sondern entschlummert pst_208.002
und von der Natur das lebensnotwendige Geschenk pst_208.003
des Vergessens alltäglich erhält.

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  Der Mensch ist aber ein zähes Geschöpf, und dasselbe pst_208.006
Geschick der Endlichkeit, das ihn mit tragischer Verzweiflung pst_208.007
bedroht, eröffnet ihm einen unerwarteten pst_208.008
Ausweg ins Behagen des Komischen. Wenn wir vom pst_208.009
Tragischen erklärten, daß es den Rahmen einer Welt pst_208.010
sprengt, so gilt vom Komischen, daß es aus dem Rahmen pst_208.011
einer Welt herausfällt und außerhalb des Rahmens pst_208.012
in selbstverständlicher, fragloser Weise besteht1.

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  Dieses Aus-dem-Rahmen-Fallen zeigt sich am deutlichsten pst_208.014
etwa in jenen Gepflogenheiten der Komödie, pst_208.015
die sich von Aristophanes bis zur Gegenwart erhalten pst_208.016
haben: daß eine Person auf einmal, statt zu ihrem Partner pst_208.017
oder zu einem idealen Zeugen, zum Publikum pst_208.018
spricht, das Publikum zum Beistand gegen einen Widersacher pst_208.019
aufruft oder dem Orchester ängstlich ein Geheimnis pst_208.020
anvertraut. In der Parabase der antiken Komödie pst_208.021
ist dieses Verfahren sanktioniert und bereits so selbstverständlich pst_208.022
geworden, daß es, weil erwartet, kein unmittelbares pst_208.023
Gelächter mehr auslöst.

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  Aus dem Rahmen fällt aber auch der aristophanische pst_208.025
Phallos und Wanst, eine ungeheure rote Nase oder ein pst_208.026
Ohr, das als Löffel absteht. Den Rahmen bildet hier der pst_208.027
Bezugszusammenhang eines organischen Ganzen, das

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Vgl. zum Folgenden: Emil Staiger, Die Zeit als Einbildungskraft pst_208.029
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Zitationshilfe: Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/staiger_poetik_1946/212>, abgerufen am 25.11.2024.