Staiger, Emil: Grundbegriffe der Poetik. Zürich, 1946.pst_108.001 Ähnlich dürfte die Stellung des Dionysos zu bewerten pst_108.006 So, da die Nacht, der Tod, der Eros, der trunkene pst_108.014 "Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht pst_108.019 Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht, pst_108.020 Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön ..." pst_108.021 3. pst_108.022 Demnach zeigt das Epische Verwandtschaft mit der pst_108.023 pst_108.001 Ähnlich dürfte die Stellung des Dionysos zu bewerten pst_108.006 So, da die Nacht, der Tod, der Eros, der trunkene pst_108.014 «Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht pst_108.019 Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht, pst_108.020 Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön ...» pst_108.021 3. pst_108.022 Demnach zeigt das Epische Verwandtschaft mit der pst_108.023 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0112" n="108"/><lb n="pst_108.001"/> bereits ein zarter lyrischer Hauch, wie überhaupt diese <lb n="pst_108.002"/> spätere Dichtung hin und wieder, auch in den duftigen <lb n="pst_108.003"/> Landschaftsgemälden, in ihren schmelzenden Farben <lb n="pst_108.004"/> sich dem Lyrischen nähert.</p> <lb n="pst_108.005"/> <p> Ähnlich dürfte die Stellung des Dionysos zu bewerten <lb n="pst_108.006"/> sein. Die «Ilias» kennt zwar diesen Gott. Diomedes erzählt <lb n="pst_108.007"/> die Geschichte von Lykurg, vor dessen Gewalttat <lb n="pst_108.008"/> Dionysos sich erschrocken im Meer verbarg. Doch von <lb n="pst_108.009"/> der Macht des orgiastischen Gottes weiß das Epos nichts. <lb n="pst_108.010"/> Er kommt auch im Olymp nicht vor. Er wäre ein Feind <lb n="pst_108.011"/> der Wohlunterschiedenheit aller Gestalten und des unverrückbaren <lb n="pst_108.012"/> Gegenübers der Dinge.</p> <lb n="pst_108.013"/> <p> So, da die Nacht, der Tod, der Eros, der trunkene <lb n="pst_108.014"/> Gott hier ausgeschlossen oder doch an den Rand gedrängt <lb n="pst_108.015"/> sind, triumphiert in ganzer Weite das Licht und <lb n="pst_108.016"/> mit dem Licht die körperliche, umrissene Gegenständlichkeit, <lb n="pst_108.017"/> gemäß dem Wort aus Goethes «Faust»:</p> <lb n="pst_108.018"/> <lg> <l>«Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht</l> <lb n="pst_108.019"/> <l>Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,</l> <lb n="pst_108.020"/> <l>Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön ...»</l> </lg> </div> <div n="2"> <lb n="pst_108.021"/> <head> <hi rendition="#c">3.</hi> </head> <lb n="pst_108.022"/> <p> Demnach zeigt das Epische Verwandtschaft mit der <lb n="pst_108.023"/> bildenden Kunst, ähnlich wie das Lyrische Verwandtschaft <lb n="pst_108.024"/> mit der Musik bewies. So wie sich im lyrischen <lb n="pst_108.025"/> Wort jedoch die feste gegenständliche Bedeutung nie <lb n="pst_108.026"/> aufheben läßt, so kann sich die epische Rede nie dem <lb n="pst_108.027"/> Nacheinander der Zeit entziehen. Denn Epik ist nicht <lb n="pst_108.028"/> bildende Kunst und Lyrik ist nicht Musik, sondern beides </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0112]
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bereits ein zarter lyrischer Hauch, wie überhaupt diese pst_108.002
spätere Dichtung hin und wieder, auch in den duftigen pst_108.003
Landschaftsgemälden, in ihren schmelzenden Farben pst_108.004
sich dem Lyrischen nähert.
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Ähnlich dürfte die Stellung des Dionysos zu bewerten pst_108.006
sein. Die «Ilias» kennt zwar diesen Gott. Diomedes erzählt pst_108.007
die Geschichte von Lykurg, vor dessen Gewalttat pst_108.008
Dionysos sich erschrocken im Meer verbarg. Doch von pst_108.009
der Macht des orgiastischen Gottes weiß das Epos nichts. pst_108.010
Er kommt auch im Olymp nicht vor. Er wäre ein Feind pst_108.011
der Wohlunterschiedenheit aller Gestalten und des unverrückbaren pst_108.012
Gegenübers der Dinge.
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So, da die Nacht, der Tod, der Eros, der trunkene pst_108.014
Gott hier ausgeschlossen oder doch an den Rand gedrängt pst_108.015
sind, triumphiert in ganzer Weite das Licht und pst_108.016
mit dem Licht die körperliche, umrissene Gegenständlichkeit, pst_108.017
gemäß dem Wort aus Goethes «Faust»:
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«Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht pst_108.019
Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht, pst_108.020
Von Körpern strömt's, die Körper macht es schön ...»
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3. pst_108.022
Demnach zeigt das Epische Verwandtschaft mit der pst_108.023
bildenden Kunst, ähnlich wie das Lyrische Verwandtschaft pst_108.024
mit der Musik bewies. So wie sich im lyrischen pst_108.025
Wort jedoch die feste gegenständliche Bedeutung nie pst_108.026
aufheben läßt, so kann sich die epische Rede nie dem pst_108.027
Nacheinander der Zeit entziehen. Denn Epik ist nicht pst_108.028
bildende Kunst und Lyrik ist nicht Musik, sondern beides
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