mit so spöttischem Gesicht hinstellte, daß selbst Fräulein Rottenmeier nicht wagte, sie anzufahren; umsomehr schlug ihr die Aufregung nach innen.
"Das Zimmer der Angekommenen ist in Ordnung zu bringen, Tinette", sagte die Dame mit schwer errungener Ruhe; "es liegt Alles bereit, nehmen Sie noch den Staub von den Möbeln weg."
"Es ist der Mühe werth", spöttelte Tinette und ging.
Unterdessen hatte Sebastian die Doppelthüren zum Stu¬ dierzimmer mit ziemlichem Knall aufgeschlagen, denn er war sehr ergrimmt, aber sich in Antworten Luft machen, durfte er nicht wagen Fräulein Rottenmeier gegenüber; dann trat er ganz geladen in's Studierzimmer, um den Rollstuhl hin¬ überzustoßen. Während er den Griff hinten am Stuhl, der sich verschoben hatte, zurechtdrehte, stellte sich Heidi vor ihn hin und schaute ihn unverwandt an, was er be¬ merkte. Auf einmal fuhr er auf. "Na, was ist denn da Besonderes dran?" schnurrte er Heidi an in einer Weise, wie er es wohl nicht gethan, hätte er Fräulein Rotten¬ meier gesehen, die eben wieder auf der Schwelle stand und gerade hereintrat, als Heidi entgegnete: "Du siehst dem Gaißenpeter gleich."
Entsetzt schlug die Dame ihre Hände zusammen. "Ist es die Möglichkeit!" stöhnte sie halblaut. "Nun duzt sie mir den Bedienten! dem Wesen fehlen alle Urbegriffe!"
Der Stuhl kam herangerollt und Klara wurde von
mit ſo ſpöttiſchem Geſicht hinſtellte, daß ſelbſt Fräulein Rottenmeier nicht wagte, ſie anzufahren; umſomehr ſchlug ihr die Aufregung nach innen.
„Das Zimmer der Angekommenen iſt in Ordnung zu bringen, Tinette“, ſagte die Dame mit ſchwer errungener Ruhe; „es liegt Alles bereit, nehmen Sie noch den Staub von den Möbeln weg.“
„Es iſt der Mühe werth“, ſpöttelte Tinette und ging.
Unterdeſſen hatte Sebaſtian die Doppelthüren zum Stu¬ dierzimmer mit ziemlichem Knall aufgeſchlagen, denn er war ſehr ergrimmt, aber ſich in Antworten Luft machen, durfte er nicht wagen Fräulein Rottenmeier gegenüber; dann trat er ganz geladen in's Studierzimmer, um den Rollſtuhl hin¬ überzuſtoßen. Während er den Griff hinten am Stuhl, der ſich verſchoben hatte, zurechtdrehte, ſtellte ſich Heidi vor ihn hin und ſchaute ihn unverwandt an, was er be¬ merkte. Auf einmal fuhr er auf. „Na, was iſt denn da Beſonderes dran?“ ſchnurrte er Heidi an in einer Weiſe, wie er es wohl nicht gethan, hätte er Fräulein Rotten¬ meier geſehen, die eben wieder auf der Schwelle ſtand und gerade hereintrat, als Heidi entgegnete: „Du ſiehſt dem Gaißenpeter gleich.“
Entſetzt ſchlug die Dame ihre Hände zuſammen. „Iſt es die Möglichkeit!“ ſtöhnte ſie halblaut. „Nun duzt ſie mir den Bedienten! dem Weſen fehlen alle Urbegriffe!“
Der Stuhl kam herangerollt und Klara wurde von
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mit ſo ſpöttiſchem Geſicht hinſtellte, daß ſelbſt Fräulein
Rottenmeier nicht wagte, ſie anzufahren; umſomehr ſchlug ihr
die Aufregung nach innen.
„Das Zimmer der Angekommenen iſt in Ordnung zu
bringen, Tinette“, ſagte die Dame mit ſchwer errungener
Ruhe; „es liegt Alles bereit, nehmen Sie noch den Staub
von den Möbeln weg.“
„Es iſt der Mühe werth“, ſpöttelte Tinette und ging.
Unterdeſſen hatte Sebaſtian die Doppelthüren zum Stu¬
dierzimmer mit ziemlichem Knall aufgeſchlagen, denn er war
ſehr ergrimmt, aber ſich in Antworten Luft machen, durfte
er nicht wagen Fräulein Rottenmeier gegenüber; dann trat er
ganz geladen in's Studierzimmer, um den Rollſtuhl hin¬
überzuſtoßen. Während er den Griff hinten am Stuhl,
der ſich verſchoben hatte, zurechtdrehte, ſtellte ſich Heidi
vor ihn hin und ſchaute ihn unverwandt an, was er be¬
merkte. Auf einmal fuhr er auf. „Na, was iſt denn da
Beſonderes dran?“ ſchnurrte er Heidi an in einer Weiſe,
wie er es wohl nicht gethan, hätte er Fräulein Rotten¬
meier geſehen, die eben wieder auf der Schwelle ſtand und
gerade hereintrat, als Heidi entgegnete: „Du ſiehſt dem
Gaißenpeter gleich.“
Entſetzt ſchlug die Dame ihre Hände zuſammen. „Iſt
es die Möglichkeit!“ ſtöhnte ſie halblaut. „Nun duzt ſie
mir den Bedienten! dem Weſen fehlen alle Urbegriffe!“
Der Stuhl kam herangerollt und Klara wurde von
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Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spyri_heidi_1880/108>, abgerufen am 23.07.2024.
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