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Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.

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Bischöfe erliessen Befehle, dass die Neuvermälten während der ersten drei Tage und Nächte nach dem Beispiele des jungen Tobias einander fern bleiben sollten, der Priester, der die Trauung vornahm, musste die Enthaltsamkeit dem Ehepaare einschärfen und diese soll auch, was sich aber freilich schwer nachweisen lässt, strenge befolgt worden sein. Die Leugner des Jus primae noctis und also auch Severin berufen sich nun hierauf und erklären, es sei undenkbar, dass der Gutsherr ein solches Recht genossen haben solle, da den Neuvermälten selbst erst am vierten Tage die Ehe zu vollziehen erlaubt gewesen sei. In der späteren Zeit aber wurde jungen Ehepaaren, die pressirt waren, von der Kirche ein Dispens von dieser dreitägigen Enthaltsamkeit ertheilt, und in unserer Zeit der Eisenbahnen und Telegrafen, in der der Satz gilt: Zeit ist Geld, dürfte eine solche Zeitvergeudung, wie sie sich der junge Tobias gestattete, wohl selten mehr vorkommen und der Dispens gar nicht mehr nachgesucht werden.

Severin nun hat in seinem Buche diesem Gegenstande mehrere Bogen gewidmet, die

Bischöfe erliessen Befehle, dass die Neuvermälten während der ersten drei Tage und Nächte nach dem Beispiele des jungen Tobias einander fern bleiben sollten, der Priester, der die Trauung vornahm, musste die Enthaltsamkeit dem Ehepaare einschärfen und diese soll auch, was sich aber freilich schwer nachweisen lässt, strenge befolgt worden sein. Die Leugner des Jus primae noctis und also auch Severin berufen sich nun hierauf und erklären, es sei undenkbar, dass der Gutsherr ein solches Recht genossen haben solle, da den Neuvermälten selbst erst am vierten Tage die Ehe zu vollziehen erlaubt gewesen sei. In der späteren Zeit aber wurde jungen Ehepaaren, die pressirt waren, von der Kirche ein Dispens von dieser dreitägigen Enthaltsamkeit ertheilt, und in unserer Zeit der Eisenbahnen und Telegrafen, in der der Satz gilt: Zeit ist Geld, dürfte eine solche Zeitvergeudung, wie sie sich der junge Tobias gestattete, wohl selten mehr vorkommen und der Dispens gar nicht mehr nachgesucht werden.

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[62/0064] Bischöfe erliessen Befehle, dass die Neuvermälten während der ersten drei Tage und Nächte nach dem Beispiele des jungen Tobias einander fern bleiben sollten, der Priester, der die Trauung vornahm, musste die Enthaltsamkeit dem Ehepaare einschärfen und diese soll auch, was sich aber freilich schwer nachweisen lässt, strenge befolgt worden sein. Die Leugner des Jus primae noctis und also auch Severin berufen sich nun hierauf und erklären, es sei undenkbar, dass der Gutsherr ein solches Recht genossen haben solle, da den Neuvermälten selbst erst am vierten Tage die Ehe zu vollziehen erlaubt gewesen sei. In der späteren Zeit aber wurde jungen Ehepaaren, die pressirt waren, von der Kirche ein Dispens von dieser dreitägigen Enthaltsamkeit ertheilt, und in unserer Zeit der Eisenbahnen und Telegrafen, in der der Satz gilt: Zeit ist Geld, dürfte eine solche Zeitvergeudung, wie sie sich der junge Tobias gestattete, wohl selten mehr vorkommen und der Dispens gar nicht mehr nachgesucht werden. Severin nun hat in seinem Buche diesem Gegenstande mehrere Bogen gewidmet, die

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Zitationshilfe: Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/64>, abgerufen am 27.11.2024.