Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

und vierzig Jahre in Freuden und ergötzte seine Angehörigen hie und da durch seine Weissagungen. Er weissagte den zukünftigen Glanz und Ruhm Jerusalems und eine gründliche Verbesserung des Strassenpflasters, denn, prophezeite er, mit "weissem und reinem Steine werden alle Strassen gepflastert", erlebte aber das bessere Pflaster nicht mehr, obwohl er erst im Alter von hundertzwei Jahren starb. Der jüngere Tobias aber lebte in sehr geordneten Vermögensverhältnissen, denn er wurde Universalerbe seines Schwiegervaters Raguel. Er sah seine Kindeskinder bis in das fünfte Geschlecht und diese scheinen sich sämmtlich einer unverwüstlich heiteren Laune erfreut zu haben, denn die Bibel sagt wörtlich:

"Und nachdem er neun und neunzig Jahre vollendet hatte in der Furcht des Herrn begruben sie ihn mit Freuden."

Obwohl nun Einige behaupten, das Buch Tobias sei nichts anderes als ein chaldäisch-persischer Roman, den ein Berthold Auerbach der damaligen Zeit gedichtet, spielte es doch im Mittelalter eine sehr wichtige Rolle und sein Inhalt galt für heilig. Erzbischöfe und

und vierzig Jahre in Freuden und ergötzte seine Angehörigen hie und da durch seine Weissagungen. Er weissagte den zukünftigen Glanz und Ruhm Jerusalems und eine gründliche Verbesserung des Strassenpflasters, denn, prophezeite er, mit »weissem und reinem Steine werden alle Strassen gepflastert«, erlebte aber das bessere Pflaster nicht mehr, obwohl er erst im Alter von hundertzwei Jahren starb. Der jüngere Tobias aber lebte in sehr geordneten Vermögensverhältnissen, denn er wurde Universalerbe seines Schwiegervaters Raguel. Er sah seine Kindeskinder bis in das fünfte Geschlecht und diese scheinen sich sämmtlich einer unverwüstlich heiteren Laune erfreut zu haben, denn die Bibel sagt wörtlich:

»Und nachdem er neun und neunzig Jahre vollendet hatte in der Furcht des Herrn begruben sie ihn mit Freuden.«

Obwohl nun Einige behaupten, das Buch Tobias sei nichts anderes als ein chaldäisch-persischer Roman, den ein Berthold Auerbach der damaligen Zeit gedichtet, spielte es doch im Mittelalter eine sehr wichtige Rolle und sein Inhalt galt für heilig. Erzbischöfe und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0063" n="61"/>
und vierzig Jahre in Freuden und ergötzte seine Angehörigen hie und da durch seine Weissagungen. Er weissagte den zukünftigen Glanz und Ruhm Jerusalems und eine gründliche Verbesserung des Strassenpflasters, denn, prophezeite er, mit »weissem und reinem Steine werden alle Strassen gepflastert«, erlebte aber das bessere Pflaster nicht mehr, obwohl er erst im Alter von hundertzwei Jahren starb. Der jüngere Tobias aber lebte in sehr geordneten Vermögensverhältnissen, denn er wurde Universalerbe seines Schwiegervaters Raguel. Er sah seine Kindeskinder bis in das fünfte Geschlecht und diese scheinen sich sämmtlich einer unverwüstlich heiteren Laune erfreut zu haben, denn die Bibel sagt wörtlich:</p>
        <p>»Und nachdem er neun und neunzig Jahre vollendet hatte in der Furcht des Herrn begruben sie ihn mit <hi rendition="#g">Freude</hi>n.«</p>
        <p>Obwohl nun Einige behaupten, das Buch Tobias sei nichts anderes als ein chaldäisch-persischer Roman, den ein Berthold Auerbach der damaligen Zeit gedichtet, spielte es doch im Mittelalter eine sehr wichtige Rolle und sein Inhalt galt für heilig. Erzbischöfe und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0063] und vierzig Jahre in Freuden und ergötzte seine Angehörigen hie und da durch seine Weissagungen. Er weissagte den zukünftigen Glanz und Ruhm Jerusalems und eine gründliche Verbesserung des Strassenpflasters, denn, prophezeite er, mit »weissem und reinem Steine werden alle Strassen gepflastert«, erlebte aber das bessere Pflaster nicht mehr, obwohl er erst im Alter von hundertzwei Jahren starb. Der jüngere Tobias aber lebte in sehr geordneten Vermögensverhältnissen, denn er wurde Universalerbe seines Schwiegervaters Raguel. Er sah seine Kindeskinder bis in das fünfte Geschlecht und diese scheinen sich sämmtlich einer unverwüstlich heiteren Laune erfreut zu haben, denn die Bibel sagt wörtlich: »Und nachdem er neun und neunzig Jahre vollendet hatte in der Furcht des Herrn begruben sie ihn mit Freuden.« Obwohl nun Einige behaupten, das Buch Tobias sei nichts anderes als ein chaldäisch-persischer Roman, den ein Berthold Auerbach der damaligen Zeit gedichtet, spielte es doch im Mittelalter eine sehr wichtige Rolle und sein Inhalt galt für heilig. Erzbischöfe und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/63
Zitationshilfe: Spitzer, Daniel: Das Herrenrecht. Eine Novelle in Briefen. Wien, 1877, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spitzer_herrenrecht_1877/63>, abgerufen am 27.11.2024.