Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Trauer-Brieffe. Vielleicht ergreifft es nun sein Eleasar wieder;Sucht er die stoltze Ruh in Elims Palmen-Stadt, Erweget, daß der HErr noch andre Hirten hat. Tröstendes Schreiben, Aendert denn Natur und Himmel niemahlsBey Absterben eines grossen und berühmten Rechts-Consu- lenten zu Leipzig, im Nahmen eines andern 1742. ver- fertigt. die Gesetze nicht? Bleibt es denn beym alten Bunde, der das Todes-Urtheil spricht? Wird denn über jedermann hier der Urtheil-Stab gebrochen? Wird denn jedem Sarg und Grufft, Bahr und Höle zugesprochen? Schützen nicht die Wissenschafften? wird man denn durch nichts befreyt? Nein; der Satz ist unumstößlich: Alles stirbet mit der Zeit. Dieses Schicksal, dieses Ach, hat auch unser Hertz erfüllet, Und wir sind in Trauer-Tuch, Boy und Flöre eingehüllet; Denn der fromme Advocate, der so treue Scaevola, Jst uns durch den Tod entrissen; dieses schmertzt, und geht uns nah. Seine Arbeit, seine Last, seine Sorgen, seine Mühe, Brachte höchst erwünschte Frucht, wenn ein Armer Hülffe schrie; Wem er Rettung zugesaget, war auch Ja, ein Wort, ein Mann, Diß
Trauer-Brieffe. Vielleicht ergreifft es nun ſein Eleaſar wieder;Sucht er die ſtoltze Ruh in Elims Palmen-Stadt, Erweget, daß der HErr noch andre Hirten hat. Troͤſtendes Schreiben, Aendert denn Natur und Himmel niemahlsBey Abſterben eines groſſen und beruͤhmten Rechts-Conſu- lenten zu Leipzig, im Nahmen eines andern 1742. ver- fertigt. die Geſetze nicht? Bleibt es denn beym alten Bunde, der das Todes-Urtheil ſpricht? Wird denn uͤber jedermann hier der Urtheil-Stab gebrochen? Wird denn jedem Sarg und Grufft, Bahr und Hoͤle zugeſprochen? Schuͤtzen nicht die Wiſſenſchafften? wird man denn durch nichts befreyt? Nein; der Satz iſt unumſtoͤßlich: Alles ſtirbet mit der Zeit. Dieſes Schickſal, dieſes Ach, hat auch unſer Hertz erfuͤllet, Und wir ſind in Trauer-Tuch, Boy und Floͤre eingehuͤllet; Denn der from̃e Advocate, der ſo treue Scaevola, Jſt uns durch den Tod entriſſen; dieſes ſchmertzt, und geht uns nah. Seine Arbeit, ſeine Laſt, ſeine Sorgen, ſeine Muͤhe, Brachte hoͤchſt erwuͤnſchte Frucht, wenn ein Armer Huͤlffe ſchrie; Wem er Rettung zugeſaget, war auch Ja, ein Wort, ein Mann, Diß
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0086" n="66"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Trauer-Brieffe.</hi> </fw><lb/> <l>Vielleicht ergreifft es nun ſein Eleaſar wieder;</l><lb/> <l>Sucht er die ſtoltze Ruh in Elims Palmen-Stadt,</l><lb/> <l>Erweget, daß der HErr noch andre Hirten hat.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#fr">Troͤſtendes Schreiben,</hi><lb/> Bey Abſterben eines groſſen und beruͤhmten Rechts-<hi rendition="#aq">Conſu-<lb/> lent</hi>en zu Leipzig, im Nahmen eines andern 1742. ver-<lb/> fertigt.</head><lb/> <l><hi rendition="#in">A</hi>endert denn Natur und Himmel niemahls</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">die Geſetze nicht?</hi> </l><lb/> <l>Bleibt es denn beym alten Bunde, der das</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Todes-Urtheil ſpricht?</hi> </l><lb/> <l>Wird denn uͤber jedermann hier der Urtheil-Stab</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gebrochen?</hi> </l><lb/> <l>Wird denn jedem Sarg und Grufft, Bahr und</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Hoͤle zugeſprochen?</hi> </l><lb/> <l>Schuͤtzen nicht die Wiſſenſchafften? wird man</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">denn durch nichts befreyt?</hi> </l><lb/> <l>Nein; der Satz iſt unumſtoͤßlich: Alles ſtirbet mit</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">der Zeit.</hi> </l><lb/> <l>Dieſes Schickſal, dieſes Ach, hat auch unſer Hertz</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">erfuͤllet,</hi> </l><lb/> <l>Und wir ſind in Trauer-Tuch, Boy und Floͤre</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">eingehuͤllet;</hi> </l><lb/> <l>Denn der from̃e <hi rendition="#aq">Advocate,</hi> der ſo treue <hi rendition="#aq">Scaevola,</hi></l><lb/> <l>Jſt uns durch den Tod entriſſen; dieſes ſchmertzt,</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">und geht uns nah.</hi> </l><lb/> <l>Seine Arbeit, ſeine Laſt, ſeine Sorgen, ſeine Muͤhe,</l><lb/> <l>Brachte hoͤchſt erwuͤnſchte Frucht, wenn ein Armer</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Huͤlffe ſchrie;</hi> </l><lb/> <l>Wem er Rettung zugeſaget, war auch Ja, ein</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Wort, ein Mann,</hi> </l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Diß</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0086]
Trauer-Brieffe.
Vielleicht ergreifft es nun ſein Eleaſar wieder;
Sucht er die ſtoltze Ruh in Elims Palmen-Stadt,
Erweget, daß der HErr noch andre Hirten hat.
Troͤſtendes Schreiben,
Bey Abſterben eines groſſen und beruͤhmten Rechts-Conſu-
lenten zu Leipzig, im Nahmen eines andern 1742. ver-
fertigt.
Aendert denn Natur und Himmel niemahls
die Geſetze nicht?
Bleibt es denn beym alten Bunde, der das
Todes-Urtheil ſpricht?
Wird denn uͤber jedermann hier der Urtheil-Stab
gebrochen?
Wird denn jedem Sarg und Grufft, Bahr und
Hoͤle zugeſprochen?
Schuͤtzen nicht die Wiſſenſchafften? wird man
denn durch nichts befreyt?
Nein; der Satz iſt unumſtoͤßlich: Alles ſtirbet mit
der Zeit.
Dieſes Schickſal, dieſes Ach, hat auch unſer Hertz
erfuͤllet,
Und wir ſind in Trauer-Tuch, Boy und Floͤre
eingehuͤllet;
Denn der from̃e Advocate, der ſo treue Scaevola,
Jſt uns durch den Tod entriſſen; dieſes ſchmertzt,
und geht uns nah.
Seine Arbeit, ſeine Laſt, ſeine Sorgen, ſeine Muͤhe,
Brachte hoͤchſt erwuͤnſchte Frucht, wenn ein Armer
Huͤlffe ſchrie;
Wem er Rettung zugeſaget, war auch Ja, ein
Wort, ein Mann,
Diß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |