Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.Vermischte Send-Schreiben. 6) An eine nahe Anverwandtin. Dir, Freundin! dir gehört diß Blat, Dir soll mein Kiel zu Ehren singen, Und scheint er dir villeicht sehr mat, So soll er doch sein Opffer bringen. Nimm hin den wahren Freundschaffts-Zoll, Du bist ja Lieb und Anmuths voll. Jch werffe es zu deinen Füssen, So soll es dich in Ehrfurcht grüssen. Doch welch ein großmuths-volles Thun Erquicket die erstarrten Glieder. Nun kan ich erstlich wieder ruhn, Nunmehro kommt mein Bothe wieder. O Himmel! welche süsse Lust Erquicket meine schwache Brust, Dein anmuths-volles Antwort-Schreiben Hieß mich bey nah entgeistert bleiben. Nimm nun von meiner treuen Hand, Jch kan vor dich nichts würdigs finden, Ein schlecht, doch wohlgemeintes Band, Zur Nahmens-Feyer anzubinden. Du, wahrer Tugend ächtes Bild, Gedencke von mir was du wilt, Dir weyhe ich so Hertz als Jahre, Bis auf die schwartze Todten-Bahre. So hast du denn von mir gesehn, Die redlich treuen Freundschaffts-Flammen, O! soltest du es frey gestehn? Kaum kanst du meine Schuld verdammen. Jch
Vermiſchte Send-Schreiben. 6) An eine nahe Anverwandtin. Dir, Freundin! dir gehoͤrt diß Blat, Dir ſoll mein Kiel zu Ehren ſingen, Und ſcheint er dir villeicht ſehr mat, So ſoll er doch ſein Opffer bringen. Nimm hin den wahren Freundſchaffts-Zoll, Du biſt ja Lieb und Anmuths voll. Jch werffe es zu deinen Fuͤſſen, So ſoll es dich in Ehrfurcht gruͤſſen. Doch welch ein großmuths-volles Thun Erquicket die erſtarrten Glieder. Nun kan ich erſtlich wieder ruhn, Nunmehro kommt mein Bothe wieder. O Himmel! welche ſuͤſſe Luſt Erquicket meine ſchwache Bruſt, Dein anmuths-volles Antwort-Schreiben Hieß mich bey nah entgeiſtert bleiben. Nimm nun von meiner treuen Hand, Jch kan vor dich nichts wuͤrdigs finden, Ein ſchlecht, doch wohlgemeintes Band, Zur Nahmens-Feyer anzubinden. Du, wahrer Tugend aͤchtes Bild, Gedencke von mir was du wilt, Dir weyhe ich ſo Hertz als Jahre, Bis auf die ſchwartze Todten-Bahre. So haſt du denn von mir geſehn, Die redlich treuen Freundſchaffts-Flammen, O! ſolteſt du es frey geſtehn? Kaum kanſt du meine Schuld verdammen. Jch
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Vermiſchte Send-Schreiben.
6) An eine nahe Anverwandtin.
Dir, Freundin! dir gehoͤrt diß Blat,
Dir ſoll mein Kiel zu Ehren ſingen,
Und ſcheint er dir villeicht ſehr mat,
So ſoll er doch ſein Opffer bringen.
Nimm hin den wahren Freundſchaffts-Zoll,
Du biſt ja Lieb und Anmuths voll.
Jch werffe es zu deinen Fuͤſſen,
So ſoll es dich in Ehrfurcht gruͤſſen.
Doch welch ein großmuths-volles Thun
Erquicket die erſtarrten Glieder.
Nun kan ich erſtlich wieder ruhn,
Nunmehro kommt mein Bothe wieder.
O Himmel! welche ſuͤſſe Luſt
Erquicket meine ſchwache Bruſt,
Dein anmuths-volles Antwort-Schreiben
Hieß mich bey nah entgeiſtert bleiben.
Nimm nun von meiner treuen Hand,
Jch kan vor dich nichts wuͤrdigs finden,
Ein ſchlecht, doch wohlgemeintes Band,
Zur Nahmens-Feyer anzubinden.
Du, wahrer Tugend aͤchtes Bild,
Gedencke von mir was du wilt,
Dir weyhe ich ſo Hertz als Jahre,
Bis auf die ſchwartze Todten-Bahre.
So haſt du denn von mir geſehn,
Die redlich treuen Freundſchaffts-Flammen,
O! ſolteſt du es frey geſtehn?
Kaum kanſt du meine Schuld verdammen.
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