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Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745.

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Vermischte Send-Schreiben.
Nach Egyptens Dienstbarkeit, das so längst er-
wünschte Gosen.
Lebe wohl, geliebter Vater! dieses sey der letzte
Thon,
Den die schwache Muse singet, und dein dir er-
gebner Sohn.
2) Als er ihm die Kälte und Holtz-Man-
gel klaget.
Da deine Vater-Huld auf den Brief, so ich
schrieb
Den letzten Januar, die Antwort schuldig blieb,
So macht ich diesen Schluß, du müstest glücklich
leben,
Und würdest bald hievon erwünschte Nachricht geben.
Jnzwischen glaube nur, daß dein Verlust mich quält,
Ja daß dein armer Sohn so Tag als Stunden zehlt,
Bis ihn des Schicksals Macht der Philurä ent-
reisse,
Und ihm nach GOttes Rath ein besser Leben weisse.
Mein Vater! ach der Frost in unserm Pleiß-
Athen
Jst heuer, glaub es nur, fast nimmer auszustehn,
Man sorgt um Holtz und Geld, diß bringt ein ban-
ges Härmen,
Man läufft den gantzen Tag um nur sich zu er-
wärmen,
Denn das zu theure Holtz reist lästerlich ins Geld,
Du weist, wie solches Geld bey Armen harte hält;
Wenn mir der Himmel doch fein viele Batzen gönnte,
Daß ich des Winters Macht dadurch bezwingen
könte,
Jch
G 4
Vermiſchte Send-Schreiben.
Nach Egyptens Dienſtbarkeit, das ſo laͤngſt er-
wuͤnſchte Goſen.
Lebe wohl, geliebter Vater! dieſes ſey der letzte
Thon,
Den die ſchwache Muſe ſinget, und dein dir er-
gebner Sohn.
2) Als er ihm die Kaͤlte und Holtz-Man-
gel klaget.
Da deine Vater-Huld auf den Brief, ſo ich
ſchrieb
Den letzten Januar, die Antwort ſchuldig blieb,
So macht ich dieſen Schluß, du muͤſteſt gluͤcklich
leben,
Und wuͤrdeſt bald hievon erwuͤnſchte Nachricht gebẽ.
Jnzwiſchen glaube nur, daß dein Veꝛluſt mich quaͤlt,
Ja daß dein armer Sohn ſo Tag als Stunden zehlt,
Bis ihn des Schickſals Macht der Philuraͤ ent-
reiſſe,
Und ihm nach GOttes Rath ein beſſer Leben weiſſe.
Mein Vater! ach der Froſt in unſerm Pleiß-
Athen
Jſt heuer, glaub es nur, faſt nimmer auszuſtehn,
Man ſorgt um Holtz und Geld, diß bringt ein ban-
ges Haͤrmen,
Man laͤufft den gantzen Tag um nur ſich zu er-
waͤrmen,
Denn das zu theure Holtz reiſt laͤſterlich ins Geld,
Du weiſt, wie ſolches Geld bey Armen harte haͤlt;
Wenn mir der Him̃el doch fein viele Batzen goͤnnte,
Daß ich des Winters Macht dadurch bezwingen
koͤnte,
Jch
G 4
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[103/0123] Vermiſchte Send-Schreiben. Nach Egyptens Dienſtbarkeit, das ſo laͤngſt er- wuͤnſchte Goſen. Lebe wohl, geliebter Vater! dieſes ſey der letzte Thon, Den die ſchwache Muſe ſinget, und dein dir er- gebner Sohn. 2) Als er ihm die Kaͤlte und Holtz-Man- gel klaget. Da deine Vater-Huld auf den Brief, ſo ich ſchrieb Den letzten Januar, die Antwort ſchuldig blieb, So macht ich dieſen Schluß, du muͤſteſt gluͤcklich leben, Und wuͤrdeſt bald hievon erwuͤnſchte Nachricht gebẽ. Jnzwiſchen glaube nur, daß dein Veꝛluſt mich quaͤlt, Ja daß dein armer Sohn ſo Tag als Stunden zehlt, Bis ihn des Schickſals Macht der Philuraͤ ent- reiſſe, Und ihm nach GOttes Rath ein beſſer Leben weiſſe. Mein Vater! ach der Froſt in unſerm Pleiß- Athen Jſt heuer, glaub es nur, faſt nimmer auszuſtehn, Man ſorgt um Holtz und Geld, diß bringt ein ban- ges Haͤrmen, Man laͤufft den gantzen Tag um nur ſich zu er- waͤrmen, Denn das zu theure Holtz reiſt laͤſterlich ins Geld, Du weiſt, wie ſolches Geld bey Armen harte haͤlt; Wenn mir der Him̃el doch fein viele Batzen goͤnnte, Daß ich des Winters Macht dadurch bezwingen koͤnte, Jch G 4

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Zitationshilfe: Spindler, Christian Gotthold: Unschuldige Jugend-Früchte. Leipzig, 1745, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spindler_jugendfruechte_1745/123>, abgerufen am 27.04.2024.