Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

einer Pnppe spielte, und schon oft theilneh-
mend gefragt hatte: Warum die liebe Sophie
so sehr weine?

Sophie sprang hoffend und ahndungsvoll
empor, als sie diese Worte des Trostes hör-
te, sie kannte die Liebe des Marggrafen zu
diesem Kinde, sie glaubte überzeugt zu sein,
daß er ihr nichts versagen würde. Gewöhn-
lich stand der Marggraf schon um sechs Uhr des
Morgens auf, sobald die Prinzessin erwach-
te, welches gemeiniglich um acht Uhr geschah,
mußte die Obristhofmeisterin solche zu ihm brin-
gen. Die muntere Kleine blieb dann oft einige
Stunden in seinem Kabinete, und zwang ihn,
manchmal gar mit ihr zu spielen.

Es ward nun verabredet, daß man die
Prinzessin am folgenden Morgen früher wek-
ken, und dann zum Marggrafen führen woll-
te, wo sie sogleich um Wilhelms Leben bitten

einer Pnppe ſpielte, und ſchon oft theilneh-
mend gefragt hatte: Warum die liebe Sophie
ſo ſehr weine?

Sophie ſprang hoffend und ahndungsvoll
empor, als ſie dieſe Worte des Troſtes hoͤr-
te, ſie kannte die Liebe des Marggrafen zu
dieſem Kinde, ſie glaubte uͤberzeugt zu ſein,
daß er ihr nichts verſagen wuͤrde. Gewoͤhn-
lich ſtand der Marggraf ſchon um ſechs Uhr des
Morgens auf, ſobald die Prinzeſſin erwach-
te, welches gemeiniglich um acht Uhr geſchah,
mußte die Obriſthofmeiſterin ſolche zu ihm brin-
gen. Die muntere Kleine blieb dann oft einige
Stunden in ſeinem Kabinete, und zwang ihn,
manchmal gar mit ihr zu ſpielen.

Es ward nun verabredet, daß man die
Prinzeſſin am folgenden Morgen fruͤher wek-
ken, und dann zum Marggrafen fuͤhren woll-
te, wo ſie ſogleich um Wilhelms Leben bitten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0033" n="23"/>
einer Pnppe &#x017F;pielte, und &#x017F;chon oft theilneh-<lb/>
mend gefragt hatte: Warum die liebe Sophie<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr weine?</p><lb/>
        <p>Sophie &#x017F;prang hoffend und ahndungsvoll<lb/>
empor, als &#x017F;ie die&#x017F;e Worte des Tro&#x017F;tes ho&#x0364;r-<lb/>
te, &#x017F;ie kannte die Liebe des Marggrafen zu<lb/>
die&#x017F;em Kinde, &#x017F;ie glaubte u&#x0364;berzeugt zu &#x017F;ein,<lb/>
daß er ihr nichts ver&#x017F;agen wu&#x0364;rde. Gewo&#x0364;hn-<lb/>
lich &#x017F;tand der Marggraf &#x017F;chon um &#x017F;echs Uhr des<lb/>
Morgens auf, &#x017F;obald die Prinze&#x017F;&#x017F;in erwach-<lb/>
te, welches gemeiniglich um acht Uhr ge&#x017F;chah,<lb/>
mußte die Obri&#x017F;thofmei&#x017F;terin &#x017F;olche zu ihm brin-<lb/>
gen. Die muntere Kleine blieb dann oft einige<lb/>
Stunden in &#x017F;einem Kabinete, und zwang ihn,<lb/>
manchmal gar mit ihr zu &#x017F;pielen.</p><lb/>
        <p>Es ward nun verabredet, daß man die<lb/>
Prinze&#x017F;&#x017F;in am folgenden Morgen fru&#x0364;her wek-<lb/>
ken, und dann zum Marggrafen fu&#x0364;hren woll-<lb/>
te, wo &#x017F;ie &#x017F;ogleich um Wilhelms Leben bitten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0033] einer Pnppe ſpielte, und ſchon oft theilneh- mend gefragt hatte: Warum die liebe Sophie ſo ſehr weine? Sophie ſprang hoffend und ahndungsvoll empor, als ſie dieſe Worte des Troſtes hoͤr- te, ſie kannte die Liebe des Marggrafen zu dieſem Kinde, ſie glaubte uͤberzeugt zu ſein, daß er ihr nichts verſagen wuͤrde. Gewoͤhn- lich ſtand der Marggraf ſchon um ſechs Uhr des Morgens auf, ſobald die Prinzeſſin erwach- te, welches gemeiniglich um acht Uhr geſchah, mußte die Obriſthofmeiſterin ſolche zu ihm brin- gen. Die muntere Kleine blieb dann oft einige Stunden in ſeinem Kabinete, und zwang ihn, manchmal gar mit ihr zu ſpielen. Es ward nun verabredet, daß man die Prinzeſſin am folgenden Morgen fruͤher wek- ken, und dann zum Marggrafen fuͤhren woll- te, wo ſie ſogleich um Wilhelms Leben bitten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/33
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/33>, abgerufen am 25.04.2024.