Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ter und Sohn, als er mir bald nachher ge-
stand, daß er zum Lohne seiner edlen That
nur Mitleid von mir forderte, und offen
gestand, daß er ohne meine Liebe der Un-
glücklichste der Sterblichen sein würde.

Er erzählte mir, daß er Kaiser Ludwigs
zwar unächter, aber zärtlich geliebter und
anerkannter Sohn sei, von ihm, als er
mich im Forste fand, an den böhmischen Kö-
nig Johann gesandt wurde, um ihm zu sei-
ner Vermählung Glück zu wünschen, daß er
auf diesem Zuge die Schätze der Braut ret-
tete, als sie schon in der Räuber Händen
waren. Diese tapfere That, welche er seg-
nete, weil er mich fand, hatte ihm die
Liebe des Königs erworben, er mußte wi-
der seinen Willen längere Zeit am Hofe des-
selben weilen, kam izt von Landshut, wo
er seinem Vater Bericht erstattete, und wollte
nun nach seiner Veste ziehen, die nahe an

Tirols

ter und Sohn, als er mir bald nachher ge-
ſtand, daß er zum Lohne ſeiner edlen That
nur Mitleid von mir forderte, und offen
geſtand, daß er ohne meine Liebe der Un-
gluͤcklichſte der Sterblichen ſein wuͤrde.

Er erzaͤhlte mir, daß er Kaiſer Ludwigs
zwar unaͤchter, aber zaͤrtlich geliebter und
anerkannter Sohn ſei, von ihm, als er
mich im Forſte fand, an den boͤhmiſchen Koͤ-
nig Johann geſandt wurde, um ihm zu ſei-
ner Vermaͤhlung Gluͤck zu wuͤnſchen, daß er
auf dieſem Zuge die Schaͤtze der Braut ret-
tete, als ſie ſchon in der Raͤuber Haͤnden
waren. Dieſe tapfere That, welche er ſeg-
nete, weil er mich fand, hatte ihm die
Liebe des Koͤnigs erworben, er mußte wi-
der ſeinen Willen laͤngere Zeit am Hofe deſ-
ſelben weilen, kam izt von Landshut, wo
er ſeinem Vater Bericht erſtattete, und wollte
nun nach ſeiner Veſte ziehen, die nahe an

Tirols
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0266" n="256"/>
ter und Sohn, als er mir bald nachher ge-<lb/>
&#x017F;tand, daß er zum Lohne &#x017F;einer edlen That<lb/>
nur Mitleid von mir forderte, und offen<lb/>
ge&#x017F;tand, daß er ohne meine Liebe der Un-<lb/>
glu&#x0364;cklich&#x017F;te der Sterblichen &#x017F;ein wu&#x0364;rde.</p><lb/>
        <p>Er erza&#x0364;hlte mir, daß er Kai&#x017F;er Ludwigs<lb/>
zwar una&#x0364;chter, aber za&#x0364;rtlich geliebter und<lb/>
anerkannter Sohn &#x017F;ei, von ihm, als er<lb/>
mich im For&#x017F;te fand, an den bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Ko&#x0364;-<lb/>
nig Johann ge&#x017F;andt wurde, um ihm zu &#x017F;ei-<lb/>
ner Verma&#x0364;hlung Glu&#x0364;ck zu wu&#x0364;n&#x017F;chen, daß er<lb/>
auf die&#x017F;em Zuge die Scha&#x0364;tze der Braut ret-<lb/>
tete, als &#x017F;ie &#x017F;chon in der Ra&#x0364;uber Ha&#x0364;nden<lb/>
waren. Die&#x017F;e tapfere That, welche er &#x017F;eg-<lb/>
nete, weil er mich fand, hatte ihm die<lb/>
Liebe des Ko&#x0364;nigs erworben, er mußte wi-<lb/>
der &#x017F;einen Willen la&#x0364;ngere Zeit am Hofe de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben weilen, kam izt von Landshut, wo<lb/>
er &#x017F;einem Vater Bericht er&#x017F;tattete, und wollte<lb/>
nun nach &#x017F;einer Ve&#x017F;te ziehen, die nahe an<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Tirols</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0266] ter und Sohn, als er mir bald nachher ge- ſtand, daß er zum Lohne ſeiner edlen That nur Mitleid von mir forderte, und offen geſtand, daß er ohne meine Liebe der Un- gluͤcklichſte der Sterblichen ſein wuͤrde. Er erzaͤhlte mir, daß er Kaiſer Ludwigs zwar unaͤchter, aber zaͤrtlich geliebter und anerkannter Sohn ſei, von ihm, als er mich im Forſte fand, an den boͤhmiſchen Koͤ- nig Johann geſandt wurde, um ihm zu ſei- ner Vermaͤhlung Gluͤck zu wuͤnſchen, daß er auf dieſem Zuge die Schaͤtze der Braut ret- tete, als ſie ſchon in der Raͤuber Haͤnden waren. Dieſe tapfere That, welche er ſeg- nete, weil er mich fand, hatte ihm die Liebe des Koͤnigs erworben, er mußte wi- der ſeinen Willen laͤngere Zeit am Hofe deſ- ſelben weilen, kam izt von Landshut, wo er ſeinem Vater Bericht erſtattete, und wollte nun nach ſeiner Veſte ziehen, die nahe an Tirols

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/266
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/266>, abgerufen am 22.11.2024.