einer nahen Kugel weckte mich zur Empfin- dung empor. Mein Vater, der indeß seine Pistolen geholt hatte, wollte eben die zweite auf mich abdrücken, als Karoline in seine Arme sank, und es verhinderte. Wie sie ihn besänftigte, wenigstens am Kindermord hinderte, kann ich ebenfalls nicht sagen, nur so viel erinnere ich mich noch, daß er mir Verzeihung zusicherte, wenn ich mich sogleich entfernen würde. Was seine Drohung gewiß nicht vermocht hätte, vermochte ihre Bitte, ich ging oder wankte vielmehr willig von dan- nen, und durchwachte die quaalvolle Nacht bei dem Jäger, bei welchem ich vorher Ein- kehr genommen hatte.
Schon am andern Morgen erhielte ich die tröstende Nachricht von ihr, daß mein Va- ter nicht mehr zürne, daß sie sogar gegrün- dete Hofnung habe, er werde mir vergön- nen, im Schlosse wie ehe zu wohnen, ihr
einer nahen Kugel weckte mich zur Empfin- dung empor. Mein Vater, der indeß ſeine Piſtolen geholt hatte, wollte eben die zweite auf mich abdruͤcken, als Karoline in ſeine Arme ſank, und es verhinderte. Wie ſie ihn beſaͤnftigte, wenigſtens am Kindermord hinderte, kann ich ebenfalls nicht ſagen, nur ſo viel erinnere ich mich noch, daß er mir Verzeihung zuſicherte, wenn ich mich ſogleich entfernen wuͤrde. Was ſeine Drohung gewiß nicht vermocht haͤtte, vermochte ihre Bitte, ich ging oder wankte vielmehr willig von dan- nen, und durchwachte die quaalvolle Nacht bei dem Jaͤger, bei welchem ich vorher Ein- kehr genommen hatte.
Schon am andern Morgen erhielte ich die troͤſtende Nachricht von ihr, daß mein Va- ter nicht mehr zuͤrne, daß ſie ſogar gegruͤn- dete Hofnung habe, er werde mir vergoͤn- nen, im Schloſſe wie ehe zu wohnen, ihr
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0087"n="73"/>
einer nahen Kugel weckte mich zur Empfin-<lb/>
dung empor. Mein Vater, der indeß ſeine<lb/>
Piſtolen geholt hatte, wollte eben die zweite<lb/>
auf mich abdruͤcken, als Karoline in ſeine<lb/>
Arme ſank, und es verhinderte. Wie ſie<lb/>
ihn beſaͤnftigte, wenigſtens am Kindermord<lb/>
hinderte, kann ich ebenfalls nicht ſagen, nur<lb/>ſo viel erinnere ich mich noch, daß er mir<lb/>
Verzeihung zuſicherte, wenn ich mich ſogleich<lb/>
entfernen wuͤrde. Was ſeine Drohung gewiß<lb/>
nicht vermocht haͤtte, vermochte ihre Bitte,<lb/>
ich ging oder wankte vielmehr willig von dan-<lb/>
nen, und durchwachte die quaalvolle Nacht<lb/>
bei dem Jaͤger, bei welchem ich vorher Ein-<lb/>
kehr genommen hatte.</p><lb/><p>Schon am andern Morgen erhielte ich die<lb/>
troͤſtende Nachricht von ihr, daß mein Va-<lb/>
ter nicht mehr zuͤrne, daß ſie ſogar gegruͤn-<lb/>
dete Hofnung habe, er werde mir vergoͤn-<lb/>
nen, im Schloſſe wie ehe zu wohnen, ihr<lb/></p></div></body></text></TEI>
[73/0087]
einer nahen Kugel weckte mich zur Empfin-
dung empor. Mein Vater, der indeß ſeine
Piſtolen geholt hatte, wollte eben die zweite
auf mich abdruͤcken, als Karoline in ſeine
Arme ſank, und es verhinderte. Wie ſie
ihn beſaͤnftigte, wenigſtens am Kindermord
hinderte, kann ich ebenfalls nicht ſagen, nur
ſo viel erinnere ich mich noch, daß er mir
Verzeihung zuſicherte, wenn ich mich ſogleich
entfernen wuͤrde. Was ſeine Drohung gewiß
nicht vermocht haͤtte, vermochte ihre Bitte,
ich ging oder wankte vielmehr willig von dan-
nen, und durchwachte die quaalvolle Nacht
bei dem Jaͤger, bei welchem ich vorher Ein-
kehr genommen hatte.
Schon am andern Morgen erhielte ich die
troͤſtende Nachricht von ihr, daß mein Va-
ter nicht mehr zuͤrne, daß ſie ſogar gegruͤn-
dete Hofnung habe, er werde mir vergoͤn-
nen, im Schloſſe wie ehe zu wohnen, ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/87>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.