Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Amalie (hoch erröthend). Das war
schneller, als ich's dachte.

Wilhelm (tief seufzend). Ja wohl,
mein Fräulein, ja wohl! und vielleicht eben
darum auch so unglücklich! -- -- Um des
Vaters Gunst ferner zu erhalten, entdeckte
ich ihm sogleich alles, und er war mit mei-
ner Wahl vollkommen zufrieden. Ob ich gleich,
sprach er, das Mädchen nicht kenne, so kenne
ich doch Vater und Mutter, ich habe an die-
sen nichts auszustellen, du an jener nichts,
auf diese Art sind alle Theile zufrieden.
Freilich ist sie arm, wird ausser ihrer Person
wenig ins Haus bringen, aber dies ist mir
nicht unangenehm, so können doch die Leute
nicht einmal sagen, daß mein Sohn durch eine
Frau reich ward; wie sie's oft von mir
schwätzten, weil deine Mutter ein paar elen-
de Tausend Thaler von ihren Eltern zur Mit-
gift erhielt.


Amalie (hoch erroͤthend). Das war
ſchneller, als ich's dachte.

Wilhelm (tief ſeufzend). Ja wohl,
mein Fraͤulein, ja wohl! und vielleicht eben
darum auch ſo ungluͤcklich! — — Um des
Vaters Gunſt ferner zu erhalten, entdeckte
ich ihm ſogleich alles, und er war mit mei-
ner Wahl vollkommen zufrieden. Ob ich gleich,
ſprach er, das Maͤdchen nicht kenne, ſo kenne
ich doch Vater und Mutter, ich habe an die-
ſen nichts auszuſtellen, du an jener nichts,
auf dieſe Art ſind alle Theile zufrieden.
Freilich iſt ſie arm, wird auſſer ihrer Perſon
wenig ins Haus bringen, aber dies iſt mir
nicht unangenehm, ſo koͤnnen doch die Leute
nicht einmal ſagen, daß mein Sohn durch eine
Frau reich ward; wie ſie's oft von mir
ſchwaͤtzten, weil deine Mutter ein paar elen-
de Tauſend Thaler von ihren Eltern zur Mit-
gift erhielt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0077" n="63"/>
        <p><hi rendition="#g">Amalie</hi> (hoch erro&#x0364;thend). Das war<lb/>
&#x017F;chneller, als ich's dachte.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Wilhelm</hi> (tief &#x017F;eufzend). Ja wohl,<lb/>
mein Fra&#x0364;ulein, ja wohl! und vielleicht eben<lb/>
darum auch &#x017F;o unglu&#x0364;cklich! &#x2014; &#x2014; Um des<lb/>
Vaters Gun&#x017F;t ferner zu erhalten, entdeckte<lb/>
ich ihm &#x017F;ogleich alles, und er war mit mei-<lb/>
ner Wahl vollkommen zufrieden. Ob ich gleich,<lb/>
&#x017F;prach er, das Ma&#x0364;dchen nicht kenne, &#x017F;o kenne<lb/>
ich doch Vater und Mutter, ich habe an die-<lb/>
&#x017F;en nichts auszu&#x017F;tellen, du an jener nichts,<lb/>
auf die&#x017F;e Art &#x017F;ind alle Theile zufrieden.<lb/>
Freilich i&#x017F;t &#x017F;ie arm, wird au&#x017F;&#x017F;er ihrer Per&#x017F;on<lb/>
wenig ins Haus bringen, aber dies i&#x017F;t mir<lb/>
nicht unangenehm, &#x017F;o ko&#x0364;nnen doch die Leute<lb/>
nicht einmal &#x017F;agen, daß mein Sohn durch eine<lb/>
Frau reich ward; wie &#x017F;ie's oft von mir<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;tzten, weil deine Mutter ein paar elen-<lb/>
de Tau&#x017F;end Thaler von ihren Eltern zur Mit-<lb/>
gift erhielt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0077] Amalie (hoch erroͤthend). Das war ſchneller, als ich's dachte. Wilhelm (tief ſeufzend). Ja wohl, mein Fraͤulein, ja wohl! und vielleicht eben darum auch ſo ungluͤcklich! — — Um des Vaters Gunſt ferner zu erhalten, entdeckte ich ihm ſogleich alles, und er war mit mei- ner Wahl vollkommen zufrieden. Ob ich gleich, ſprach er, das Maͤdchen nicht kenne, ſo kenne ich doch Vater und Mutter, ich habe an die- ſen nichts auszuſtellen, du an jener nichts, auf dieſe Art ſind alle Theile zufrieden. Freilich iſt ſie arm, wird auſſer ihrer Perſon wenig ins Haus bringen, aber dies iſt mir nicht unangenehm, ſo koͤnnen doch die Leute nicht einmal ſagen, daß mein Sohn durch eine Frau reich ward; wie ſie's oft von mir ſchwaͤtzten, weil deine Mutter ein paar elen- de Tauſend Thaler von ihren Eltern zur Mit- gift erhielt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/77
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/77>, abgerufen am 24.11.2024.