Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

saß, itzt will ich es ihnen gerne zurückgeben,
da sie versprochen haben, mich nicht mehr zu
verlassen.

Wilhelm. So wenig diese Schreibtafel
auch enthielt, so sehe ich doch ein, daß sie
durch ihren Besitz mein unglückliches, äußerst
trauriges Schicksal beinahe ganz kennen lern-
ten. Wie ich sehe, so habe ich dadurch in
ihren Augen nichts verloren, es ist daher
Pflicht, ihnen alles aufrichtig zu erzählen, da-
mit mir nicht verläumderische Zungen rauben,
was ihr gütiges Herz mir bisher in so vol-
lem Maaße schenkte.

Ich bin der einzige Sohn eines Edel-
manns in B --, ich nenne mich Wilhelm
von L --. Meine Mutter -- -- Ach ihr
früher Tod war die ganze Ursache meines Un-
glücks! -- -- Meine Mutter liebte mich zärt-
lich, und erzog mich sorgfältig, sie ver-

ſaß, itzt will ich es ihnen gerne zuruͤckgeben,
da ſie verſprochen haben, mich nicht mehr zu
verlaſſen.

Wilhelm. So wenig dieſe Schreibtafel
auch enthielt, ſo ſehe ich doch ein, daß ſie
durch ihren Beſitz mein ungluͤckliches, aͤußerſt
trauriges Schickſal beinahe ganz kennen lern-
ten. Wie ich ſehe, ſo habe ich dadurch in
ihren Augen nichts verloren, es iſt daher
Pflicht, ihnen alles aufrichtig zu erzaͤhlen, da-
mit mir nicht verlaͤumderiſche Zungen rauben,
was ihr guͤtiges Herz mir bisher in ſo vol-
lem Maaße ſchenkte.

Ich bin der einzige Sohn eines Edel-
manns in B —, ich nenne mich Wilhelm
von L —. Meine Mutter — — Ach ihr
fruͤher Tod war die ganze Urſache meines Un-
gluͤcks! — — Meine Mutter liebte mich zaͤrt-
lich, und erzog mich ſorgfaͤltig, ſie ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0067" n="53"/>
&#x017F;aß, itzt will ich es ihnen gerne zuru&#x0364;ckgeben,<lb/>
da &#x017F;ie ver&#x017F;prochen haben, mich nicht mehr zu<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Wilhelm</hi>. So wenig die&#x017F;e Schreibtafel<lb/>
auch enthielt, &#x017F;o &#x017F;ehe ich doch ein, daß &#x017F;ie<lb/>
durch ihren Be&#x017F;itz mein unglu&#x0364;ckliches, a&#x0364;ußer&#x017F;t<lb/>
trauriges Schick&#x017F;al beinahe ganz kennen lern-<lb/>
ten. Wie ich &#x017F;ehe, &#x017F;o habe ich dadurch in<lb/>
ihren Augen nichts verloren, es i&#x017F;t daher<lb/>
Pflicht, ihnen alles aufrichtig zu erza&#x0364;hlen, da-<lb/>
mit mir nicht verla&#x0364;umderi&#x017F;che Zungen rauben,<lb/>
was ihr gu&#x0364;tiges Herz mir bisher in &#x017F;o vol-<lb/>
lem Maaße &#x017F;chenkte.</p><lb/>
        <p>Ich bin der einzige Sohn eines Edel-<lb/>
manns in B &#x2014;, ich nenne mich Wilhelm<lb/>
von L &#x2014;. Meine Mutter &#x2014; &#x2014; Ach ihr<lb/>
fru&#x0364;her Tod war die ganze Ur&#x017F;ache meines Un-<lb/>
glu&#x0364;cks! &#x2014; &#x2014; Meine Mutter liebte mich za&#x0364;rt-<lb/>
lich, und erzog mich &#x017F;orgfa&#x0364;ltig, &#x017F;ie ver-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0067] ſaß, itzt will ich es ihnen gerne zuruͤckgeben, da ſie verſprochen haben, mich nicht mehr zu verlaſſen. Wilhelm. So wenig dieſe Schreibtafel auch enthielt, ſo ſehe ich doch ein, daß ſie durch ihren Beſitz mein ungluͤckliches, aͤußerſt trauriges Schickſal beinahe ganz kennen lern- ten. Wie ich ſehe, ſo habe ich dadurch in ihren Augen nichts verloren, es iſt daher Pflicht, ihnen alles aufrichtig zu erzaͤhlen, da- mit mir nicht verlaͤumderiſche Zungen rauben, was ihr guͤtiges Herz mir bisher in ſo vol- lem Maaße ſchenkte. Ich bin der einzige Sohn eines Edel- manns in B —, ich nenne mich Wilhelm von L —. Meine Mutter — — Ach ihr fruͤher Tod war die ganze Urſache meines Un- gluͤcks! — — Meine Mutter liebte mich zaͤrt- lich, und erzog mich ſorgfaͤltig, ſie ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/67
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/67>, abgerufen am 23.11.2024.