der Mutter. Sie lag starr und röchelnd auf diesem, schien selbst ihr einziges Kind nicht mehr zu kennen. Zwei Mägde hatten sie nach dem Kloster geleitet, sie betete dort am Altare der Mutter Gottes, wo eben ein ehrwürdiger Priester die Messe las; schon war diese beinahe geendigt, als der Priester starr stehen blieb, und endlich ohnmächtig zu Boden sank. Wie die herbeigeeilten ihn weg- trugen, sahen erst die Mägde, daß ihre Frau sich im gleichen Zustande befinde; sie war rückwärts zu Boden gesunken, und röchelte gleich einer Sterbenden. Nur mit Mühe konnte man sie nach Hause und auf ihr La- ger tragen.
Kleta warf sich über sie hin, und suchte sie durch ihr Geschrei zu wecken, aber Edel-
der Mutter. Sie lag ſtarr und roͤchelnd auf dieſem, ſchien ſelbſt ihr einziges Kind nicht mehr zu kennen. Zwei Maͤgde hatten ſie nach dem Kloſter geleitet, ſie betete dort am Altare der Mutter Gottes, wo eben ein ehrwuͤrdiger Prieſter die Meſſe las; ſchon war dieſe beinahe geendigt, als der Prieſter ſtarr ſtehen blieb, und endlich ohnmaͤchtig zu Boden ſank. Wie die herbeigeeilten ihn weg- trugen, ſahen erſt die Maͤgde, daß ihre Frau ſich im gleichen Zuſtande befinde; ſie war ruͤckwaͤrts zu Boden geſunken, und roͤchelte gleich einer Sterbenden. Nur mit Muͤhe konnte man ſie nach Hauſe und auf ihr La- ger tragen.
Kleta warf ſich uͤber ſie hin, und ſuchte ſie durch ihr Geſchrei zu wecken, aber Edel-
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der Mutter. Sie lag ſtarr und roͤchelnd auf
dieſem, ſchien ſelbſt ihr einziges Kind nicht
mehr zu kennen. Zwei Maͤgde hatten ſie
nach dem Kloſter geleitet, ſie betete dort am
Altare der Mutter Gottes, wo eben ein
ehrwuͤrdiger Prieſter die Meſſe las; ſchon
war dieſe beinahe geendigt, als der Prieſter
ſtarr ſtehen blieb, und endlich ohnmaͤchtig zu
Boden ſank. Wie die herbeigeeilten ihn weg-
trugen, ſahen erſt die Maͤgde, daß ihre Frau
ſich im gleichen Zuſtande befinde; ſie war
ruͤckwaͤrts zu Boden geſunken, und roͤchelte
gleich einer Sterbenden. Nur mit Muͤhe
konnte man ſie nach Hauſe und auf ihr La-
ger tragen.
Kleta warf ſich uͤber ſie hin, und ſuchte
ſie durch ihr Geſchrei zu wecken, aber Edel-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/371>, abgerufen am 06.05.2024.
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