Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

es gerne sehen würde, wenn er sich künftig
nicht immer an den stärksten wage.

In den Tagen des Kampfes wurden keine
Freudenfeste gefeiert, die Kämpfenden bedurf-
ten der Ruhe. Die Jungfrauen zogen immer
unter der Obhut ihrer Ehrendamen wieder
heim, und mußten, bis nach entschiednem
Siege, der künftigen Feste und des damals
so beliebten Reihentanzes harren.

Kletas Mutter lächelte zufrieden und
stolz, wie ihr kund ward, daß ihre Tochter
die Königin des Festes sei. Das Loos war
gerecht, schrieb sie im Taumel der Freude auf
die Tafel, deine Geburt berechtigt dich zu
dieser Ehre, du verdienst sie würklich. Kleta
forderte nähere Erklärung über diese dunkle
Rede, aber Edeldrud wischte die Worte schnell
hinweg, und trat mit nassem Blicke ans Fen-
ster.


es gerne ſehen wuͤrde, wenn er ſich kuͤnftig
nicht immer an den ſtaͤrkſten wage.

In den Tagen des Kampfes wurden keine
Freudenfeſte gefeiert, die Kaͤmpfenden bedurf-
ten der Ruhe. Die Jungfrauen zogen immer
unter der Obhut ihrer Ehrendamen wieder
heim, und mußten, bis nach entſchiednem
Siege, der kuͤnftigen Feſte und des damals
ſo beliebten Reihentanzes harren.

Kletas Mutter laͤchelte zufrieden und
ſtolz, wie ihr kund ward, daß ihre Tochter
die Koͤnigin des Feſtes ſei. Das Loos war
gerecht, ſchrieb ſie im Taumel der Freude auf
die Tafel, deine Geburt berechtigt dich zu
dieſer Ehre, du verdienſt ſie wuͤrklich. Kleta
forderte naͤhere Erklaͤrung uͤber dieſe dunkle
Rede, aber Edeldrud wiſchte die Worte ſchnell
hinweg, und trat mit naſſem Blicke ans Fen-
ſter.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0354" n="340"/>
es gerne &#x017F;ehen wu&#x0364;rde, wenn er &#x017F;ich ku&#x0364;nftig<lb/>
nicht immer an den &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten wage.</p><lb/>
        <p>In den Tagen des Kampfes wurden keine<lb/>
Freudenfe&#x017F;te gefeiert, die Ka&#x0364;mpfenden bedurf-<lb/>
ten der Ruhe. Die Jungfrauen zogen immer<lb/>
unter der Obhut ihrer Ehrendamen wieder<lb/>
heim, und mußten, bis nach ent&#x017F;chiednem<lb/>
Siege, der ku&#x0364;nftigen Fe&#x017F;te und des damals<lb/>
&#x017F;o beliebten Reihentanzes harren.</p><lb/>
        <p>Kletas Mutter la&#x0364;chelte zufrieden und<lb/>
&#x017F;tolz, wie ihr kund ward, daß ihre Tochter<lb/>
die Ko&#x0364;nigin des Fe&#x017F;tes &#x017F;ei. Das Loos war<lb/>
gerecht, &#x017F;chrieb &#x017F;ie im Taumel der Freude auf<lb/>
die Tafel, deine Geburt berechtigt dich zu<lb/>
die&#x017F;er Ehre, du verdien&#x017F;t &#x017F;ie wu&#x0364;rklich. Kleta<lb/>
forderte na&#x0364;here Erkla&#x0364;rung u&#x0364;ber die&#x017F;e dunkle<lb/>
Rede, aber Edeldrud wi&#x017F;chte die Worte &#x017F;chnell<lb/>
hinweg, und trat mit na&#x017F;&#x017F;em Blicke ans Fen-<lb/>
&#x017F;ter.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0354] es gerne ſehen wuͤrde, wenn er ſich kuͤnftig nicht immer an den ſtaͤrkſten wage. In den Tagen des Kampfes wurden keine Freudenfeſte gefeiert, die Kaͤmpfenden bedurf- ten der Ruhe. Die Jungfrauen zogen immer unter der Obhut ihrer Ehrendamen wieder heim, und mußten, bis nach entſchiednem Siege, der kuͤnftigen Feſte und des damals ſo beliebten Reihentanzes harren. Kletas Mutter laͤchelte zufrieden und ſtolz, wie ihr kund ward, daß ihre Tochter die Koͤnigin des Feſtes ſei. Das Loos war gerecht, ſchrieb ſie im Taumel der Freude auf die Tafel, deine Geburt berechtigt dich zu dieſer Ehre, du verdienſt ſie wuͤrklich. Kleta forderte naͤhere Erklaͤrung uͤber dieſe dunkle Rede, aber Edeldrud wiſchte die Worte ſchnell hinweg, und trat mit naſſem Blicke ans Fen- ſter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/354
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/354>, abgerufen am 21.11.2024.