der Vater weislich voraussah -- schon längst entdeckt hatte, da schwand diese Nachrede, ie- der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter die Soldaten so oft ins Haus gelockt, und da- durch ihren Fall selbst befördert habe.
Man erzählte diese Meinung dem Vater offen, man bedauerte ihn, daß er ein so unge- rathnes Kind habe, und gab dadurch der listi- gen Stiefmutter die herrlichste Gelegenheit, nicht allein ihren guten Ruf zu retten, sondern auch durch erdichtete und heimliche Verläum- dung das Herz des Vaters von seinem unglück- lichen Kinde abzuwenden. Sie erzählte und bewies ihm durch hundert geschäftige Zeugen, daß sie diesen Umgang nicht geduldet, die Toch- ter oft vergebens gewarnt habe.
Marie, welche diese schreckliche List nicht ahndete, duldete die Vorwürfe ihres Vaters, die öffentliche Verachtung der Dorfbewohner im
der Vater weislich vorausſah — ſchon laͤngſt entdeckt hatte, da ſchwand dieſe Nachrede, ie- der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter die Soldaten ſo oft ins Haus gelockt, und da- durch ihren Fall ſelbſt befoͤrdert habe.
Man erzaͤhlte dieſe Meinung dem Vater offen, man bedauerte ihn, daß er ein ſo unge- rathnes Kind habe, und gab dadurch der liſti- gen Stiefmutter die herrlichſte Gelegenheit, nicht allein ihren guten Ruf zu retten, ſondern auch durch erdichtete und heimliche Verlaͤum- dung das Herz des Vaters von ſeinem ungluͤck- lichen Kinde abzuwenden. Sie erzaͤhlte und bewies ihm durch hundert geſchaͤftige Zeugen, daß ſie dieſen Umgang nicht geduldet, die Toch- ter oft vergebens gewarnt habe.
Marie, welche dieſe ſchreckliche Liſt nicht ahndete, duldete die Vorwuͤrfe ihres Vaters, die oͤffentliche Verachtung der Dorfbewohner im
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[210[194]/0208]
der Vater weislich vorausſah — ſchon laͤngſt
entdeckt hatte, da ſchwand dieſe Nachrede, ie-
der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter
die Soldaten ſo oft ins Haus gelockt, und da-
durch ihren Fall ſelbſt befoͤrdert habe.
Man erzaͤhlte dieſe Meinung dem Vater
offen, man bedauerte ihn, daß er ein ſo unge-
rathnes Kind habe, und gab dadurch der liſti-
gen Stiefmutter die herrlichſte Gelegenheit,
nicht allein ihren guten Ruf zu retten, ſondern
auch durch erdichtete und heimliche Verlaͤum-
dung das Herz des Vaters von ſeinem ungluͤck-
lichen Kinde abzuwenden. Sie erzaͤhlte und
bewies ihm durch hundert geſchaͤftige Zeugen,
daß ſie dieſen Umgang nicht geduldet, die Toch-
ter oft vergebens gewarnt habe.
Marie, welche dieſe ſchreckliche Liſt nicht
ahndete, duldete die Vorwuͤrfe ihres Vaters,
die oͤffentliche Verachtung der Dorfbewohner im
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 210[194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/208>, abgerufen am 24.11.2024.
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