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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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der Vater weislich voraussah -- schon längst
entdeckt hatte, da schwand diese Nachrede, ie-
der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter
die Soldaten so oft ins Haus gelockt, und da-
durch ihren Fall selbst befördert habe.

Man erzählte diese Meinung dem Vater
offen, man bedauerte ihn, daß er ein so unge-
rathnes Kind habe, und gab dadurch der listi-
gen Stiefmutter die herrlichste Gelegenheit,
nicht allein ihren guten Ruf zu retten, sondern
auch durch erdichtete und heimliche Verläum-
dung das Herz des Vaters von seinem unglück-
lichen Kinde abzuwenden. Sie erzählte und
bewies ihm durch hundert geschäftige Zeugen,
daß sie diesen Umgang nicht geduldet, die Toch-
ter oft vergebens gewarnt habe.

Marie, welche diese schreckliche List nicht
ahndete, duldete die Vorwürfe ihres Vaters,
die öffentliche Verachtung der Dorfbewohner im

der Vater weislich vorausſah — ſchon laͤngſt
entdeckt hatte, da ſchwand dieſe Nachrede, ie-
der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter
die Soldaten ſo oft ins Haus gelockt, und da-
durch ihren Fall ſelbſt befoͤrdert habe.

Man erzaͤhlte dieſe Meinung dem Vater
offen, man bedauerte ihn, daß er ein ſo unge-
rathnes Kind habe, und gab dadurch der liſti-
gen Stiefmutter die herrlichſte Gelegenheit,
nicht allein ihren guten Ruf zu retten, ſondern
auch durch erdichtete und heimliche Verlaͤum-
dung das Herz des Vaters von ſeinem ungluͤck-
lichen Kinde abzuwenden. Sie erzaͤhlte und
bewies ihm durch hundert geſchaͤftige Zeugen,
daß ſie dieſen Umgang nicht geduldet, die Toch-
ter oft vergebens gewarnt habe.

Marie, welche dieſe ſchreckliche Liſt nicht
ahndete, duldete die Vorwuͤrfe ihres Vaters,
die oͤffentliche Verachtung der Dorfbewohner im

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[210[194]/0208] der Vater weislich vorausſah — ſchon laͤngſt entdeckt hatte, da ſchwand dieſe Nachrede, ie- der glaubte nun, daß die leichtfertige Tochter die Soldaten ſo oft ins Haus gelockt, und da- durch ihren Fall ſelbſt befoͤrdert habe. Man erzaͤhlte dieſe Meinung dem Vater offen, man bedauerte ihn, daß er ein ſo unge- rathnes Kind habe, und gab dadurch der liſti- gen Stiefmutter die herrlichſte Gelegenheit, nicht allein ihren guten Ruf zu retten, ſondern auch durch erdichtete und heimliche Verlaͤum- dung das Herz des Vaters von ſeinem ungluͤck- lichen Kinde abzuwenden. Sie erzaͤhlte und bewies ihm durch hundert geſchaͤftige Zeugen, daß ſie dieſen Umgang nicht geduldet, die Toch- ter oft vergebens gewarnt habe. Marie, welche dieſe ſchreckliche Liſt nicht ahndete, duldete die Vorwuͤrfe ihres Vaters, die oͤffentliche Verachtung der Dorfbewohner im

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 210[194]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/208>, abgerufen am 24.11.2024.