Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

mer und Mangel soll dich nimmer kränken,
wenn du die Hülfe deiner Amalie nicht ver-
schmähst, sie würdigst, deine ächte Freun-
din zu sein.

Wilhelm widersprach, nahm aber end-
lich doch das Gold, welches sie ihm mit dem
größten Vergnügen reichte. Schon auf dem
Spaziergange des Nachmittags ward über die
Mittel, wie sie sich in Zukunft ungestört lie-
ben könnten, mancherlei geredet. Wilhelm
bewies durch unumstößliche Gründe, daß er
ihr ohne Gefahr seines Lebens nicht folgen
könne, aber doch folgen würde, wenn sie
sich von ihm trennte. Amalie erkannte durch
diesen Entschluß die Größe seiner Liebe, und
versprach ihm zu folgen, da er's nicht ver-
möge.

Die Liebenden sahen sich nun täglich, fast
stündlich, und wenn die alte Muhme fest

mer und Mangel ſoll dich nimmer kraͤnken,
wenn du die Huͤlfe deiner Amalie nicht ver-
ſchmaͤhſt, ſie wuͤrdigſt, deine aͤchte Freun-
din zu ſein.

Wilhelm widerſprach, nahm aber end-
lich doch das Gold, welches ſie ihm mit dem
groͤßten Vergnuͤgen reichte. Schon auf dem
Spaziergange des Nachmittags ward uͤber die
Mittel, wie ſie ſich in Zukunft ungeſtoͤrt lie-
ben koͤnnten, mancherlei geredet. Wilhelm
bewies durch unumſtoͤßliche Gruͤnde, daß er
ihr ohne Gefahr ſeines Lebens nicht folgen
koͤnne, aber doch folgen wuͤrde, wenn ſie
ſich von ihm trennte. Amalie erkannte durch
dieſen Entſchluß die Groͤße ſeiner Liebe, und
verſprach ihm zu folgen, da er's nicht ver-
moͤge.

Die Liebenden ſahen ſich nun taͤglich, faſt
ſtuͤndlich, und wenn die alte Muhme feſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0133" n="119"/>
mer und Mangel &#x017F;oll dich nimmer kra&#x0364;nken,<lb/>
wenn du die Hu&#x0364;lfe deiner Amalie nicht ver-<lb/>
&#x017F;chma&#x0364;h&#x017F;t, &#x017F;ie wu&#x0364;rdig&#x017F;t, deine a&#x0364;chte Freun-<lb/>
din zu &#x017F;ein.</p><lb/>
        <p>Wilhelm wider&#x017F;prach, nahm aber end-<lb/>
lich doch das Gold, welches &#x017F;ie ihm mit dem<lb/>
gro&#x0364;ßten Vergnu&#x0364;gen reichte. Schon auf dem<lb/>
Spaziergange des Nachmittags ward u&#x0364;ber die<lb/>
Mittel, wie &#x017F;ie &#x017F;ich in Zukunft unge&#x017F;to&#x0364;rt lie-<lb/>
ben ko&#x0364;nnten, mancherlei geredet. Wilhelm<lb/>
bewies durch unum&#x017F;to&#x0364;ßliche Gru&#x0364;nde, daß er<lb/>
ihr ohne Gefahr &#x017F;eines Lebens nicht folgen<lb/>
ko&#x0364;nne, aber doch folgen wu&#x0364;rde, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich von ihm trennte. Amalie erkannte durch<lb/>
die&#x017F;en Ent&#x017F;chluß die Gro&#x0364;ße &#x017F;einer Liebe, und<lb/>
ver&#x017F;prach ihm zu folgen, da er's nicht ver-<lb/>
mo&#x0364;ge.</p><lb/>
        <p>Die Liebenden &#x017F;ahen &#x017F;ich nun ta&#x0364;glich, fa&#x017F;t<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;ndlich, und wenn die alte Muhme fe&#x017F;t<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0133] mer und Mangel ſoll dich nimmer kraͤnken, wenn du die Huͤlfe deiner Amalie nicht ver- ſchmaͤhſt, ſie wuͤrdigſt, deine aͤchte Freun- din zu ſein. Wilhelm widerſprach, nahm aber end- lich doch das Gold, welches ſie ihm mit dem groͤßten Vergnuͤgen reichte. Schon auf dem Spaziergange des Nachmittags ward uͤber die Mittel, wie ſie ſich in Zukunft ungeſtoͤrt lie- ben koͤnnten, mancherlei geredet. Wilhelm bewies durch unumſtoͤßliche Gruͤnde, daß er ihr ohne Gefahr ſeines Lebens nicht folgen koͤnne, aber doch folgen wuͤrde, wenn ſie ſich von ihm trennte. Amalie erkannte durch dieſen Entſchluß die Groͤße ſeiner Liebe, und verſprach ihm zu folgen, da er's nicht ver- moͤge. Die Liebenden ſahen ſich nun taͤglich, faſt ſtuͤndlich, und wenn die alte Muhme feſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/133
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/133>, abgerufen am 06.05.2024.