zu begleiten, so vertraute sie solche einer al- ten Muhme, die eines Pfarrers Wittwe war, und von Amalien immer vorzüglich ge- liebt wurde. Amalie hatte sich lange gewei- gert, die Reise zu unternehmen, und lä- chelte sanft, wenn der Arzt ihr die Gefahr größer schilderte, als sie selbst war. Sie würde seinen Rath nicht befolgt haben, wenn nicht die Mutter ausdrücklichen Gehorsam ge- fordert, und sie versichert hätte, daß län- gere Weigerung sie äußerst kränken werde.
Amalie blieb sich auf der Reise immer gleich, nahm an nichts Antheil, bezeugte keine Freude über die schöne Gegend, welche sie durchreiste, und trank schon einige Wo- chen ohne Erfolg den Brunnen, als sie einst nach der Versicherung der alten Muhme äus- serst lustig und munter von da in ihre Woh- nung zurückkam. Sie ist itzt, schrieb bald darauf die frohe Alte der Mutter, ganz ein
zu begleiten, ſo vertraute ſie ſolche einer al- ten Muhme, die eines Pfarrers Wittwe war, und von Amalien immer vorzuͤglich ge- liebt wurde. Amalie hatte ſich lange gewei- gert, die Reiſe zu unternehmen, und laͤ- chelte ſanft, wenn der Arzt ihr die Gefahr groͤßer ſchilderte, als ſie ſelbſt war. Sie wuͤrde ſeinen Rath nicht befolgt haben, wenn nicht die Mutter ausdruͤcklichen Gehorſam ge- fordert, und ſie verſichert haͤtte, daß laͤn- gere Weigerung ſie aͤußerſt kraͤnken werde.
Amalie blieb ſich auf der Reiſe immer gleich, nahm an nichts Antheil, bezeugte keine Freude uͤber die ſchoͤne Gegend, welche ſie durchreiſte, und trank ſchon einige Wo- chen ohne Erfolg den Brunnen, als ſie einſt nach der Verſicherung der alten Muhme aͤuſ- ſerſt luſtig und munter von da in ihre Woh- nung zuruͤckkam. Sie iſt itzt, ſchrieb bald darauf die frohe Alte der Mutter, ganz ein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0120"n="106"/>
zu begleiten, ſo vertraute ſie ſolche einer al-<lb/>
ten Muhme, die eines Pfarrers Wittwe<lb/>
war, und von Amalien immer vorzuͤglich ge-<lb/>
liebt wurde. Amalie hatte ſich lange gewei-<lb/>
gert, die Reiſe zu unternehmen, und laͤ-<lb/>
chelte ſanft, wenn der Arzt ihr die Gefahr<lb/>
groͤßer ſchilderte, als ſie ſelbſt war. Sie<lb/>
wuͤrde ſeinen Rath nicht befolgt haben, wenn<lb/>
nicht die Mutter ausdruͤcklichen Gehorſam ge-<lb/>
fordert, und ſie verſichert haͤtte, daß laͤn-<lb/>
gere Weigerung ſie aͤußerſt kraͤnken werde.</p><lb/><p>Amalie blieb ſich auf der Reiſe immer<lb/>
gleich, nahm an nichts Antheil, bezeugte<lb/>
keine Freude uͤber die ſchoͤne Gegend, welche<lb/>ſie durchreiſte, und trank ſchon einige Wo-<lb/>
chen ohne Erfolg den Brunnen, als ſie einſt<lb/>
nach der Verſicherung der alten Muhme aͤuſ-<lb/>ſerſt luſtig und munter von da in ihre Woh-<lb/>
nung zuruͤckkam. Sie iſt itzt, ſchrieb bald<lb/>
darauf die frohe Alte der Mutter, ganz ein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[106/0120]
zu begleiten, ſo vertraute ſie ſolche einer al-
ten Muhme, die eines Pfarrers Wittwe
war, und von Amalien immer vorzuͤglich ge-
liebt wurde. Amalie hatte ſich lange gewei-
gert, die Reiſe zu unternehmen, und laͤ-
chelte ſanft, wenn der Arzt ihr die Gefahr
groͤßer ſchilderte, als ſie ſelbſt war. Sie
wuͤrde ſeinen Rath nicht befolgt haben, wenn
nicht die Mutter ausdruͤcklichen Gehorſam ge-
fordert, und ſie verſichert haͤtte, daß laͤn-
gere Weigerung ſie aͤußerſt kraͤnken werde.
Amalie blieb ſich auf der Reiſe immer
gleich, nahm an nichts Antheil, bezeugte
keine Freude uͤber die ſchoͤne Gegend, welche
ſie durchreiſte, und trank ſchon einige Wo-
chen ohne Erfolg den Brunnen, als ſie einſt
nach der Verſicherung der alten Muhme aͤuſ-
ſerſt luſtig und munter von da in ihre Woh-
nung zuruͤckkam. Sie iſt itzt, ſchrieb bald
darauf die frohe Alte der Mutter, ganz ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/120>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.