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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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ihm, daß sein Wagen ihn in der zweiten Nacht,
eine Stunde vom Schlosse entfernt, in einem
Walde erwarten, und dann über die Grenze füh-
ren sollte. Dort wollte der gutherzige Freund die
Post für sie bereit halten, damit sie ohne den ge-
ringsten Aufenthalt ihre Flucht fortsetzen, und je-
der möglichen Entdeckung entfliehen konnten, er
versprach überdieß Franzen mit einigen Briefen
zu versehen, damit sie in dem Lande, dessen Mo-
narchen er diente, sogleich Freunde und Hülfe
fänden.

Franz erfreute am andern Morgen schon das
Herz seiner Geliebten mit dieser trostvollen Nach-
richt. Wilhelmine sammelte mit Eifer ihre Schä-
tze, und verließ, als alles ruhte, das väterliche
Schloß. Angst und Furcht vor der nahen Schan-
de trieb sie vorwärts, sie fühlte nur diese, ihr
Herz hatte nicht Raum für die grauenvolle Em-
pfindung, daß sie den besten der Väter so schänd-
lich verlasse, seine Tage durch Kummer und Jam-
mer verbittere. Sie liebte ihren Franz mit einer
Innigkeit, die sich kaum denken, vielweniger be-
schreiben läßt, sie wandelte an seinem Arme dem
immerwährenden Besitze desselben entgegen, und
dieser Gedanke versüßte die Bitterkeit der Flucht
um ein Großes. Die Eile beflügelte ihre Schrit-
te, sie langten bald im Walde an, fanden den
Wagen des Freundes, und erreichten sehr geschwind
die Grenze, denn Franzens Freund war selbst der
Zweit. Bändch. F
ihm, daß ſein Wagen ihn in der zweiten Nacht,
eine Stunde vom Schloſſe entfernt, in einem
Walde erwarten, und dann uͤber die Grenze fuͤh-
ren ſollte. Dort wollte der gutherzige Freund die
Poſt fuͤr ſie bereit halten, damit ſie ohne den ge-
ringſten Aufenthalt ihre Flucht fortſetzen, und je-
der moͤglichen Entdeckung entfliehen konnten, er
verſprach uͤberdieß Franzen mit einigen Briefen
zu verſehen, damit ſie in dem Lande, deſſen Mo-
narchen er diente, ſogleich Freunde und Huͤlfe
faͤnden.

Franz erfreute am andern Morgen ſchon das
Herz ſeiner Geliebten mit dieſer troſtvollen Nach-
richt. Wilhelmine ſammelte mit Eifer ihre Schaͤ-
tze, und verließ, als alles ruhte, das vaͤterliche
Schloß. Angſt und Furcht vor der nahen Schan-
de trieb ſie vorwaͤrts, ſie fuͤhlte nur dieſe, ihr
Herz hatte nicht Raum fuͤr die grauenvolle Em-
pfindung, daß ſie den beſten der Vaͤter ſo ſchaͤnd-
lich verlaſſe, ſeine Tage durch Kummer und Jam-
mer verbittere. Sie liebte ihren Franz mit einer
Innigkeit, die ſich kaum denken, vielweniger be-
ſchreiben laͤßt, ſie wandelte an ſeinem Arme dem
immerwaͤhrenden Beſitze deſſelben entgegen, und
dieſer Gedanke verſuͤßte die Bitterkeit der Flucht
um ein Großes. Die Eile befluͤgelte ihre Schrit-
te, ſie langten bald im Walde an, fanden den
Wagen des Freundes, und erreichten ſehr geſchwind
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Zweit. Baͤndch. F
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[81/0089] ihm, daß ſein Wagen ihn in der zweiten Nacht, eine Stunde vom Schloſſe entfernt, in einem Walde erwarten, und dann uͤber die Grenze fuͤh- ren ſollte. Dort wollte der gutherzige Freund die Poſt fuͤr ſie bereit halten, damit ſie ohne den ge- ringſten Aufenthalt ihre Flucht fortſetzen, und je- der moͤglichen Entdeckung entfliehen konnten, er verſprach uͤberdieß Franzen mit einigen Briefen zu verſehen, damit ſie in dem Lande, deſſen Mo- narchen er diente, ſogleich Freunde und Huͤlfe faͤnden. Franz erfreute am andern Morgen ſchon das Herz ſeiner Geliebten mit dieſer troſtvollen Nach- richt. Wilhelmine ſammelte mit Eifer ihre Schaͤ- tze, und verließ, als alles ruhte, das vaͤterliche Schloß. Angſt und Furcht vor der nahen Schan- de trieb ſie vorwaͤrts, ſie fuͤhlte nur dieſe, ihr Herz hatte nicht Raum fuͤr die grauenvolle Em- pfindung, daß ſie den beſten der Vaͤter ſo ſchaͤnd- lich verlaſſe, ſeine Tage durch Kummer und Jam- mer verbittere. Sie liebte ihren Franz mit einer Innigkeit, die ſich kaum denken, vielweniger be- ſchreiben laͤßt, ſie wandelte an ſeinem Arme dem immerwaͤhrenden Beſitze deſſelben entgegen, und dieſer Gedanke verſuͤßte die Bitterkeit der Flucht um ein Großes. Die Eile befluͤgelte ihre Schrit- te, ſie langten bald im Walde an, fanden den Wagen des Freundes, und erreichten ſehr geſchwind die Grenze, denn Franzens Freund war ſelbſt der Zweit. Baͤndch. F

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/89>, abgerufen am 22.11.2024.