Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.
hat unser Kloster mit Schande überhäuft, Fluch und Tod verdient! Karoline. Segnet die, welche euch fluchen! So sprach der göttliche Stifter unsrer Religion, ich will ihn nachahmen, und die Wirkung erwar- ten! Gottes Segen sei mit euch, thut, was euch gefällt, ich habe nun geendet. Aebtissin. Wir müssen dem Gebote der Kirche gehorchen, ich kann dein Schicksal nicht lindern, aber ich werde über diesen höchst traurigen Zustand Bericht erstatten, und dann der Verord- nung gemäß handeln. Karoline ward nun in Begleitung aller Non-
hat unſer Kloſter mit Schande uͤberhaͤuft, Fluch und Tod verdient! Karoline. Segnet die, welche euch fluchen! So ſprach der goͤttliche Stifter unſrer Religion, ich will ihn nachahmen, und die Wirkung erwar- ten! Gottes Segen ſei mit euch, thut, was euch gefaͤllt, ich habe nun geendet. Aebtiſſin. Wir muͤſſen dem Gebote der Kirche gehorchen, ich kann dein Schickſal nicht lindern, aber ich werde uͤber dieſen hoͤchſt traurigen Zuſtand Bericht erſtatten, und dann der Verord- nung gemaͤß handeln. Karoline ward nun in Begleitung aller Non- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="NONN"> <p><pb facs="#f0063" n="55"/> hat unſer Kloſter mit Schande uͤberhaͤuft, Fluch<lb/> und Tod verdient!</p> </sp><lb/> <sp who="#KARO"> <speaker><hi rendition="#g">Karoline</hi>.</speaker> <p>Segnet die, welche euch fluchen!<lb/> So ſprach der goͤttliche Stifter unſrer Religion,<lb/> ich will ihn nachahmen, und die Wirkung erwar-<lb/> ten! Gottes Segen ſei mit euch, thut, was euch<lb/> gefaͤllt, ich habe nun geendet.</p> </sp><lb/> <sp who="AEBT"> <speaker><hi rendition="#g">Aebtiſſin</hi>.</speaker> <p>Wir muͤſſen dem Gebote der<lb/> Kirche gehorchen, ich kann dein Schickſal nicht<lb/> lindern, aber ich werde uͤber dieſen hoͤchſt traurigen<lb/> Zuſtand Bericht erſtatten, und dann der Verord-<lb/> nung gemaͤß handeln.</p> </sp><lb/> <p>Karoline ward nun in Begleitung aller Non-<lb/> nen nach dem beſtimmten Kerker gefuͤhrt. Wie<lb/> ſich die eiſerne Thuͤre deſſelben oͤfnete, ſchauderte<lb/> ſie zuruͤck, aber ſie ward hineingeſtoßen, und die<lb/> Thuͤre hinter ihr verſchloſſen. Drei Schloͤſſer ver-<lb/> wahrten ſolche, die Aebtiſſin, die Priorin und die<lb/> Subpriorin mußte immer eines derſelben verſchlie-<lb/> ſen, und den Schluͤſſel in Verwahrung nehmen.<lb/> Jede druͤckte noch uͤberdieß ihr Siegel daran, da-<lb/> mit niemand die Thuͤre oͤfnen koͤnne. An der<lb/> rechten Seite derſelben war eine runde Maſchine<lb/> von Eiſenblech angebracht, welche halb offen war,<lb/> und ſich auf ihrer Achſe rund herum bewegte.<lb/> Wenn nun die Nonnen der armen Gefangnen ihr<lb/> taͤgliches Brod und Waſſer brachten, ſo drehten<lb/> ſie die Oefnung in den Kerker, der verſchloßne<lb/> Theil der Maſchine trat dann heraus, und verhin-<lb/> derte die Ueberbringerin die Gefangne zu ſehen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0063]
hat unſer Kloſter mit Schande uͤberhaͤuft, Fluch
und Tod verdient!
Karoline. Segnet die, welche euch fluchen!
So ſprach der goͤttliche Stifter unſrer Religion,
ich will ihn nachahmen, und die Wirkung erwar-
ten! Gottes Segen ſei mit euch, thut, was euch
gefaͤllt, ich habe nun geendet.
Aebtiſſin. Wir muͤſſen dem Gebote der
Kirche gehorchen, ich kann dein Schickſal nicht
lindern, aber ich werde uͤber dieſen hoͤchſt traurigen
Zuſtand Bericht erſtatten, und dann der Verord-
nung gemaͤß handeln.
Karoline ward nun in Begleitung aller Non-
nen nach dem beſtimmten Kerker gefuͤhrt. Wie
ſich die eiſerne Thuͤre deſſelben oͤfnete, ſchauderte
ſie zuruͤck, aber ſie ward hineingeſtoßen, und die
Thuͤre hinter ihr verſchloſſen. Drei Schloͤſſer ver-
wahrten ſolche, die Aebtiſſin, die Priorin und die
Subpriorin mußte immer eines derſelben verſchlie-
ſen, und den Schluͤſſel in Verwahrung nehmen.
Jede druͤckte noch uͤberdieß ihr Siegel daran, da-
mit niemand die Thuͤre oͤfnen koͤnne. An der
rechten Seite derſelben war eine runde Maſchine
von Eiſenblech angebracht, welche halb offen war,
und ſich auf ihrer Achſe rund herum bewegte.
Wenn nun die Nonnen der armen Gefangnen ihr
taͤgliches Brod und Waſſer brachten, ſo drehten
ſie die Oefnung in den Kerker, der verſchloßne
Theil der Maſchine trat dann heraus, und verhin-
derte die Ueberbringerin die Gefangne zu ſehen
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