Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.In diesem Augenblicke trat der alte Pfarrer Niemand verdachte es ihm, daß er sein erstes Der alte Pfarrer gab der treuen Dienerin Alle Bewohner des Dorfs waren durch Erfah- Dieser fühlte sein Glück eben so stark; sein er- In dieſem Augenblicke trat der alte Pfarrer Niemand verdachte es ihm, daß er ſein erſtes Der alte Pfarrer gab der treuen Dienerin Alle Bewohner des Dorfs waren durch Erfah- Dieſer fuͤhlte ſein Gluͤck eben ſo ſtark; ſein er- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0173" n="165"/> <p>In dieſem Augenblicke trat der alte Pfarrer<lb/> ins Zimmer, der Schaafmeiſter zahlte, was er<lb/> zu zahlen hatte, aber er kehrte am Abende wie-<lb/> der, und fuͤhrte nach drei Monaten Marien als<lb/> ſeine Gattin heim.</p><lb/> <p>Niemand verdachte es ihm, daß er ſein erſtes<lb/> Weib ſo bald vergaß; er hatte drei Knechte im<lb/> Dienſte, mußte ihnen Koſt geben, und wuͤrde<lb/> bald merklichen Schaden in ſeiner Wirthſchaft ge-<lb/> litten haben, wenn eigennuͤtzige Fremde ſolche<lb/> laͤnger gefuͤhrt haͤtten. Jeder, der ihn kannte,<lb/> wuͤnſchte ihm vielmehr zu ſeiner neuen Heirath<lb/> Gluͤck.</p><lb/> <p>Der alte Pfarrer gab der treuen Dienerin<lb/> mehr noch, als ſie hoffen konnte, er vermehrte<lb/> ihre Mitgift auf tauſend Gulden, und ſetzte da-<lb/> durch das junge Ehepaar in Stand, durch den<lb/> Pacht einiger herrſchaftlichen Grundſtuͤcke ihre<lb/> Ausſichten zu vergroͤßern.</p><lb/> <p>Alle Bewohner des Dorfs waren durch Erfah-<lb/> rung uͤberzeugt, daß Marie die Wirthſchaft des<lb/> alten Pfarrers mit Einſicht und ohne den gering-<lb/> ſten Eigennutz gefuͤhrt habe, ſie ſahen voraus,<lb/> daß ſie im Hauſe des Gatten ihren Eifer ver-<lb/> doppeln wuͤrde, und beneideten oft den Allzu-<lb/> gluͤcklichen.</p><lb/> <p>Dieſer fuͤhlte ſein Gluͤck eben ſo ſtark; ſein er-<lb/> ſtes Weib war ihm theuer und lieb geweſen, die<lb/> jetzige wurde es ihm bald noch weit mehr. Stets<lb/> freundlich, ſtets gefaͤllig, aͤußerſt fleißig und noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [165/0173]
In dieſem Augenblicke trat der alte Pfarrer
ins Zimmer, der Schaafmeiſter zahlte, was er
zu zahlen hatte, aber er kehrte am Abende wie-
der, und fuͤhrte nach drei Monaten Marien als
ſeine Gattin heim.
Niemand verdachte es ihm, daß er ſein erſtes
Weib ſo bald vergaß; er hatte drei Knechte im
Dienſte, mußte ihnen Koſt geben, und wuͤrde
bald merklichen Schaden in ſeiner Wirthſchaft ge-
litten haben, wenn eigennuͤtzige Fremde ſolche
laͤnger gefuͤhrt haͤtten. Jeder, der ihn kannte,
wuͤnſchte ihm vielmehr zu ſeiner neuen Heirath
Gluͤck.
Der alte Pfarrer gab der treuen Dienerin
mehr noch, als ſie hoffen konnte, er vermehrte
ihre Mitgift auf tauſend Gulden, und ſetzte da-
durch das junge Ehepaar in Stand, durch den
Pacht einiger herrſchaftlichen Grundſtuͤcke ihre
Ausſichten zu vergroͤßern.
Alle Bewohner des Dorfs waren durch Erfah-
rung uͤberzeugt, daß Marie die Wirthſchaft des
alten Pfarrers mit Einſicht und ohne den gering-
ſten Eigennutz gefuͤhrt habe, ſie ſahen voraus,
daß ſie im Hauſe des Gatten ihren Eifer ver-
doppeln wuͤrde, und beneideten oft den Allzu-
gluͤcklichen.
Dieſer fuͤhlte ſein Gluͤck eben ſo ſtark; ſein er-
ſtes Weib war ihm theuer und lieb geweſen, die
jetzige wurde es ihm bald noch weit mehr. Stets
freundlich, ſtets gefaͤllig, aͤußerſt fleißig und noch
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