Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.möglich Nachricht an die Richtstätte zu bringen, Konrad hörte dieß göttliche Wort ohne beson- Er hielts für Schuldigkeit, der Retterin seines moͤglich Nachricht an die Richtſtaͤtte zu bringen, Konrad hoͤrte dieß goͤttliche Wort ohne beſon- Er hielts fuͤr Schuldigkeit, der Retterin ſeines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0151" n="143"/> moͤglich Nachricht an die Richtſtaͤtte zu bringen,<lb/> wenn es jenem gefallen ſollte, Gnade zu erthei-<lb/> len. Die Obriſtin argwohnte ſogleich, als ſie<lb/> dieſen ſah, die Urſache, forſchte nach, erhielt Be-<lb/> ſtaͤtigung, und dachte edel genug, die Freude des<lb/> Wiederſehens zur Rettung des Ungluͤcklichen anzu-<lb/> wenden. Eben, als ſie der entzuͤckte Gatte um-<lb/> armen wollte, ſank ſie zu ſeinen Fuͤßen nieder,<lb/> ſie war ſchwanger, benutzte auch dieſen Umſtand,<lb/> und flehte im Namen des Kindes, welches ſie<lb/> unter ihrem Herzen trug, um Gnade. Der ge-<lb/> ruͤhrte Obriſte konnte ſolch einer Bitte nicht wider-<lb/> ſtehen, er winkte dem Faͤhndrich, und dieſer eilte<lb/> mit der freudenvollen Botſchaft zur Richtſtaͤtte.</p><lb/> <p>Konrad hoͤrte dieß goͤttliche Wort ohne beſon-<lb/> dre Theilnahme, er war froh, vom ſchmaͤhlichen<lb/> Tode errettet zu werden; aber er trauerte, daß er<lb/> laͤnger noch dulden und leiden ſollte. Da die To-<lb/> desangſt, welche er ausgeſtanden hatte, ſein Ver-<lb/> brechen ganz tilgte, und alle fernere Strafe ver-<lb/> hinderte, ſo konnte er noch am naͤmlichen Tage<lb/> frei umher wallen.</p><lb/> <p>Er hielts fuͤr Schuldigkeit, der Retterin ſeines<lb/> Lebens zu danken, er ward freundlich empfan-<lb/> gen, und ſprach mit voller Empfindung, die ſein<lb/> leidendes Herz fuͤllte. Die Obriſtin hoͤrte ſeinen<lb/> Dank mit Vergnuͤgen, ſie forſchte nach der Urſa-<lb/> che ſeiner Flucht, ſein Herz oͤffnete ſich, er er-<lb/> zaͤhlte ihr den groͤßten Theil ſeiner Lebensgeſchich-<lb/> te. Sie hoͤrte ſolche mit inniger Ruͤhrung, mit<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [143/0151]
moͤglich Nachricht an die Richtſtaͤtte zu bringen,
wenn es jenem gefallen ſollte, Gnade zu erthei-
len. Die Obriſtin argwohnte ſogleich, als ſie
dieſen ſah, die Urſache, forſchte nach, erhielt Be-
ſtaͤtigung, und dachte edel genug, die Freude des
Wiederſehens zur Rettung des Ungluͤcklichen anzu-
wenden. Eben, als ſie der entzuͤckte Gatte um-
armen wollte, ſank ſie zu ſeinen Fuͤßen nieder,
ſie war ſchwanger, benutzte auch dieſen Umſtand,
und flehte im Namen des Kindes, welches ſie
unter ihrem Herzen trug, um Gnade. Der ge-
ruͤhrte Obriſte konnte ſolch einer Bitte nicht wider-
ſtehen, er winkte dem Faͤhndrich, und dieſer eilte
mit der freudenvollen Botſchaft zur Richtſtaͤtte.
Konrad hoͤrte dieß goͤttliche Wort ohne beſon-
dre Theilnahme, er war froh, vom ſchmaͤhlichen
Tode errettet zu werden; aber er trauerte, daß er
laͤnger noch dulden und leiden ſollte. Da die To-
desangſt, welche er ausgeſtanden hatte, ſein Ver-
brechen ganz tilgte, und alle fernere Strafe ver-
hinderte, ſo konnte er noch am naͤmlichen Tage
frei umher wallen.
Er hielts fuͤr Schuldigkeit, der Retterin ſeines
Lebens zu danken, er ward freundlich empfan-
gen, und ſprach mit voller Empfindung, die ſein
leidendes Herz fuͤllte. Die Obriſtin hoͤrte ſeinen
Dank mit Vergnuͤgen, ſie forſchte nach der Urſa-
che ſeiner Flucht, ſein Herz oͤffnete ſich, er er-
zaͤhlte ihr den groͤßten Theil ſeiner Lebensgeſchich-
te. Sie hoͤrte ſolche mit inniger Ruͤhrung, mit
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