von drei Tagen die Zahl seiner Rekruten stellen sollte. Diese Stellung fiel diesem Amte um des- willen weit härter, weil es kurz zuvor in Feindes Händen war, dieser selbst alle taugliche Pursche gehoben, oder wenigstens verjagt hatte, und doch war der Befehl äusserst dringend, drohte dem saumseligen Vorgesetzten mit strenger Strafe und Arreste. Kein Wunder war's daher nicht, daß Konrads Größe und schöne Gestalt den Amtsvor- steher sogleich aufmerksam machte, und viele Freude in seinem Herzen erregte, als er hörte, daß dieser junge, große Jüngling ein Unterthan der Herrschaft, folglich zu einem Rekruten taug- lich sei. Ohne Konrads Bitte ganz zu hören, ohne seine Vorstellungen und Gründe zu achten, befahl er sogleich, daß solcher gleich mehrern an- dern gefänglich verwahrt, und mit diesen zum Regimente abgeschickt werden sollte. Durch die- sen Unglücklichen war die Zahl gefüllt worden, der Vorsteher konnte nun ohne Furcht vor Arrest und Strafe schlafen gehen. Der erstaunte Konrad suchte zwar durch die triftigsten Vorstellungen das Herz desselben zu erweichen, er erbot sich sogar, durch eine sehr ansehnliche Summe seine Freiheit zu erkaufen, aber der Amtmann blieb ungerührt, und verwarf jeden Antrag. Man höre ihn, ehe man ihn verurtheilt.
Sparen sie, sprach er zu dem Bittenden, ihr Geld, bis sie beim Regimente anlangen. Leich- ter als ich kann dieses helfen, und ihre Stelle
von drei Tagen die Zahl ſeiner Rekruten ſtellen ſollte. Dieſe Stellung fiel dieſem Amte um des- willen weit haͤrter, weil es kurz zuvor in Feindes Haͤnden war, dieſer ſelbſt alle taugliche Purſche gehoben, oder wenigſtens verjagt hatte, und doch war der Befehl aͤuſſerſt dringend, drohte dem ſaumſeligen Vorgeſetzten mit ſtrenger Strafe und Arreſte. Kein Wunder war's daher nicht, daß Konrads Groͤße und ſchoͤne Geſtalt den Amtsvor- ſteher ſogleich aufmerkſam machte, und viele Freude in ſeinem Herzen erregte, als er hoͤrte, daß dieſer junge, große Juͤngling ein Unterthan der Herrſchaft, folglich zu einem Rekruten taug- lich ſei. Ohne Konrads Bitte ganz zu hoͤren, ohne ſeine Vorſtellungen und Gruͤnde zu achten, befahl er ſogleich, daß ſolcher gleich mehrern an- dern gefaͤnglich verwahrt, und mit dieſen zum Regimente abgeſchickt werden ſollte. Durch die- ſen Ungluͤcklichen war die Zahl gefuͤllt worden, der Vorſteher konnte nun ohne Furcht vor Arreſt und Strafe ſchlafen gehen. Der erſtaunte Konrad ſuchte zwar durch die triftigſten Vorſtellungen das Herz deſſelben zu erweichen, er erbot ſich ſogar, durch eine ſehr anſehnliche Summe ſeine Freiheit zu erkaufen, aber der Amtmann blieb ungeruͤhrt, und verwarf jeden Antrag. Man hoͤre ihn, ehe man ihn verurtheilt.
Sparen ſie, ſprach er zu dem Bittenden, ihr Geld, bis ſie beim Regimente anlangen. Leich- ter als ich kann dieſes helfen, und ihre Stelle
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von drei Tagen die Zahl ſeiner Rekruten ſtellen
ſollte. Dieſe Stellung fiel dieſem Amte um des-
willen weit haͤrter, weil es kurz zuvor in Feindes
Haͤnden war, dieſer ſelbſt alle taugliche Purſche
gehoben, oder wenigſtens verjagt hatte, und doch
war der Befehl aͤuſſerſt dringend, drohte dem
ſaumſeligen Vorgeſetzten mit ſtrenger Strafe und
Arreſte. Kein Wunder war's daher nicht, daß
Konrads Groͤße und ſchoͤne Geſtalt den Amtsvor-
ſteher ſogleich aufmerkſam machte, und viele
Freude in ſeinem Herzen erregte, als er hoͤrte,
daß dieſer junge, große Juͤngling ein Unterthan
der Herrſchaft, folglich zu einem Rekruten taug-
lich ſei. Ohne Konrads Bitte ganz zu hoͤren,
ohne ſeine Vorſtellungen und Gruͤnde zu achten,
befahl er ſogleich, daß ſolcher gleich mehrern an-
dern gefaͤnglich verwahrt, und mit dieſen zum
Regimente abgeſchickt werden ſollte. Durch die-
ſen Ungluͤcklichen war die Zahl gefuͤllt worden,
der Vorſteher konnte nun ohne Furcht vor Arreſt
und Strafe ſchlafen gehen. Der erſtaunte Konrad
ſuchte zwar durch die triftigſten Vorſtellungen das
Herz deſſelben zu erweichen, er erbot ſich ſogar,
durch eine ſehr anſehnliche Summe ſeine Freiheit
zu erkaufen, aber der Amtmann blieb ungeruͤhrt,
und verwarf jeden Antrag. Man hoͤre ihn, ehe
man ihn verurtheilt.
Sparen ſie, ſprach er zu dem Bittenden, ihr
Geld, bis ſie beim Regimente anlangen. Leich-
ter als ich kann dieſes helfen, und ihre Stelle
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/144>, abgerufen am 16.02.2025.
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