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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.

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Der Wechsler verließ ihn aufs neue, nur die
Wächter nahmen Platz an der Thüre; ehe eine
Stunde verfloß, kehrte er zurück, und Konrad
ward nach dem Hinterhofe geführt, wo er in Ge-
sellschaft zweier Unbekannten Platz in einem Wa-
gen nehmen mußte, der sogleich rasch fortrollte.

Als Augsburgs Thürme schon weit hinter sei-
nem Rücken lagen, erhielt Konrad erst seine Den-
kungskraft wieder, er gedachte seiner harrenden,
verlaßnen Karoline, und sein Herz brach, Thrä-
nen des bittersten Kummers rollten über seine
Wangen. Schon wollte er seinen Begleitern alles
entdecken, sie zur Rückkehr bewegen, wie er aber
überlegte, daß er Karolinen dadurch ganz unglück-
lich mache, sie auf ewig verlieren würde, so be-
schloß er, den glücklichen Irrthum zu benutzen,
und zu ihrem Vortheile zu schweigen. Sie wird,
hoffte er, sich bei längern Ausbleiben gewiß bei
allen Wechslern nach mir erkundigen, meine Ge-
fangenschaft erfahren, und sich durch eine glück-
liche Flucht retten können. Er sah nebenbei wohl
ein, daß man zu Strasburg streng nach ihrem
Aufenthalte forschen würde, er beschloß, im er-
sten Verhöre diesen auch redlich zu entdecken,
weil er mit größter Gewißheit hoffen konnte, daß
sie schon längst jeder weitern Nachstellung würde
entflohen seyn. Um ihr einst wieder folgen zu
können, beschloß er überdies, ihrer Liebe zu ihm
nicht zu erwähnen, und vorzugeben, daß er sie

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Der Wechsler verließ ihn aufs neue, nur die
Waͤchter nahmen Platz an der Thuͤre; ehe eine
Stunde verfloß, kehrte er zuruͤck, und Konrad
ward nach dem Hinterhofe gefuͤhrt, wo er in Ge-
ſellſchaft zweier Unbekannten Platz in einem Wa-
gen nehmen mußte, der ſogleich raſch fortrollte.

Als Augsburgs Thuͤrme ſchon weit hinter ſei-
nem Ruͤcken lagen, erhielt Konrad erſt ſeine Den-
kungskraft wieder, er gedachte ſeiner harrenden,
verlaßnen Karoline, und ſein Herz brach, Thraͤ-
nen des bitterſten Kummers rollten uͤber ſeine
Wangen. Schon wollte er ſeinen Begleitern alles
entdecken, ſie zur Ruͤckkehr bewegen, wie er aber
uͤberlegte, daß er Karolinen dadurch ganz ungluͤck-
lich mache, ſie auf ewig verlieren wuͤrde, ſo be-
ſchloß er, den gluͤcklichen Irrthum zu benutzen,
und zu ihrem Vortheile zu ſchweigen. Sie wird,
hoffte er, ſich bei laͤngern Ausbleiben gewiß bei
allen Wechslern nach mir erkundigen, meine Ge-
fangenſchaft erfahren, und ſich durch eine gluͤck-
liche Flucht retten koͤnnen. Er ſah nebenbei wohl
ein, daß man zu Strasburg ſtreng nach ihrem
Aufenthalte forſchen wuͤrde, er beſchloß, im er-
ſten Verhoͤre dieſen auch redlich zu entdecken,
weil er mit groͤßter Gewißheit hoffen konnte, daß
ſie ſchon laͤngſt jeder weitern Nachſtellung wuͤrde
entflohen ſeyn. Um ihr einſt wieder folgen zu
koͤnnen, beſchloß er uͤberdies, ihrer Liebe zu ihm
nicht zu erwaͤhnen, und vorzugeben, daß er ſie

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[115/0123] Der Wechsler verließ ihn aufs neue, nur die Waͤchter nahmen Platz an der Thuͤre; ehe eine Stunde verfloß, kehrte er zuruͤck, und Konrad ward nach dem Hinterhofe gefuͤhrt, wo er in Ge- ſellſchaft zweier Unbekannten Platz in einem Wa- gen nehmen mußte, der ſogleich raſch fortrollte. Als Augsburgs Thuͤrme ſchon weit hinter ſei- nem Ruͤcken lagen, erhielt Konrad erſt ſeine Den- kungskraft wieder, er gedachte ſeiner harrenden, verlaßnen Karoline, und ſein Herz brach, Thraͤ- nen des bitterſten Kummers rollten uͤber ſeine Wangen. Schon wollte er ſeinen Begleitern alles entdecken, ſie zur Ruͤckkehr bewegen, wie er aber uͤberlegte, daß er Karolinen dadurch ganz ungluͤck- lich mache, ſie auf ewig verlieren wuͤrde, ſo be- ſchloß er, den gluͤcklichen Irrthum zu benutzen, und zu ihrem Vortheile zu ſchweigen. Sie wird, hoffte er, ſich bei laͤngern Ausbleiben gewiß bei allen Wechslern nach mir erkundigen, meine Ge- fangenſchaft erfahren, und ſich durch eine gluͤck- liche Flucht retten koͤnnen. Er ſah nebenbei wohl ein, daß man zu Strasburg ſtreng nach ihrem Aufenthalte forſchen wuͤrde, er beſchloß, im er- ſten Verhoͤre dieſen auch redlich zu entdecken, weil er mit groͤßter Gewißheit hoffen konnte, daß ſie ſchon laͤngſt jeder weitern Nachſtellung wuͤrde entflohen ſeyn. Um ihr einſt wieder folgen zu koͤnnen, beſchloß er uͤberdies, ihrer Liebe zu ihm nicht zu erwaͤhnen, und vorzugeben, daß er ſie H 2

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/123>, abgerufen am 22.11.2024.