dem Städtchen, in welchem er das Schusterhand- werk erlernte, allgemein bekannt, manche milde Hand öfnete sich in der Folge zum Besten des verlaßnen Knaben, sein Meister verwahrte ihm jedes Geschenk mit strenger Redlichkeit, daher kams, daß er anständig gekleidet, und mit eini- gen funfzig Gulden im Sacke seine Wanderschaft antreten konnte.
So lange dieß Geld zum nöthigen Lebensun- terhalte zureichte, mühte er sich nicht sehr nach anhaltender Arbeit, er durchzog alle kleinern Städ- te, ohne dort auf den Herbergen einzukehren, arbeitete in den größern nur so lange, bis er alles Merkwürdige gesehen, und in sein kleines Tagebuch zur künftigen Erinnerung eingetragen hatte.
Eben war er zwanzig Jahr alt, und sein Beu- tel schon mächtig geleert, als er in Strasburg anlangte. Kinder der unehligen Liebe besitzen mei- stens besondre Talente, sind selten häßlich, oft sehr schön. Die gute Mutter Natur scheint des- wegen so reichlich all ihre Gaben an sie zu ver- schwenden, weil diese Unschuldigen so manche Vor- züge entbehren müssen, welche nach Sitte und Gebrauch nur die legitimi nati genießen können. Daß Konrad viele Talente besaß, habe ich mei- nen Lesern schon mehr als einmal erzählt, daß er aber auch vorzüglich schön war, habe ich um deswillen nicht erwähnt, weil dieß der gute Jüng- ling selbst noch nicht wußte, es vielleicht lange
dem Staͤdtchen, in welchem er das Schuſterhand- werk erlernte, allgemein bekannt, manche milde Hand oͤfnete ſich in der Folge zum Beſten des verlaßnen Knaben, ſein Meiſter verwahrte ihm jedes Geſchenk mit ſtrenger Redlichkeit, daher kams, daß er anſtaͤndig gekleidet, und mit eini- gen funfzig Gulden im Sacke ſeine Wanderſchaft antreten konnte.
So lange dieß Geld zum noͤthigen Lebensun- terhalte zureichte, muͤhte er ſich nicht ſehr nach anhaltender Arbeit, er durchzog alle kleinern Staͤd- te, ohne dort auf den Herbergen einzukehren, arbeitete in den groͤßern nur ſo lange, bis er alles Merkwuͤrdige geſehen, und in ſein kleines Tagebuch zur kuͤnftigen Erinnerung eingetragen hatte.
Eben war er zwanzig Jahr alt, und ſein Beu- tel ſchon maͤchtig geleert, als er in Strasburg anlangte. Kinder der unehligen Liebe beſitzen mei- ſtens beſondre Talente, ſind ſelten haͤßlich, oft ſehr ſchoͤn. Die gute Mutter Natur ſcheint des- wegen ſo reichlich all ihre Gaben an ſie zu ver- ſchwenden, weil dieſe Unſchuldigen ſo manche Vor- zuͤge entbehren muͤſſen, welche nach Sitte und Gebrauch nur die legitimi nati genießen koͤnnen. Daß Konrad viele Talente beſaß, habe ich mei- nen Leſern ſchon mehr als einmal erzaͤhlt, daß er aber auch vorzuͤglich ſchoͤn war, habe ich um deswillen nicht erwaͤhnt, weil dieß der gute Juͤng- ling ſelbſt noch nicht wußte, es vielleicht lange
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dem Staͤdtchen, in welchem er das Schuſterhand-
werk erlernte, allgemein bekannt, manche milde
Hand oͤfnete ſich in der Folge zum Beſten des
verlaßnen Knaben, ſein Meiſter verwahrte ihm
jedes Geſchenk mit ſtrenger Redlichkeit, daher
kams, daß er anſtaͤndig gekleidet, und mit eini-
gen funfzig Gulden im Sacke ſeine Wanderſchaft
antreten konnte.
So lange dieß Geld zum noͤthigen Lebensun-
terhalte zureichte, muͤhte er ſich nicht ſehr nach
anhaltender Arbeit, er durchzog alle kleinern Staͤd-
te, ohne dort auf den Herbergen einzukehren,
arbeitete in den groͤßern nur ſo lange, bis er
alles Merkwuͤrdige geſehen, und in ſein kleines
Tagebuch zur kuͤnftigen Erinnerung eingetragen
hatte.
Eben war er zwanzig Jahr alt, und ſein Beu-
tel ſchon maͤchtig geleert, als er in Strasburg
anlangte. Kinder der unehligen Liebe beſitzen mei-
ſtens beſondre Talente, ſind ſelten haͤßlich, oft
ſehr ſchoͤn. Die gute Mutter Natur ſcheint des-
wegen ſo reichlich all ihre Gaben an ſie zu ver-
ſchwenden, weil dieſe Unſchuldigen ſo manche Vor-
zuͤge entbehren muͤſſen, welche nach Sitte und
Gebrauch nur die legitimi nati genießen koͤnnen.
Daß Konrad viele Talente beſaß, habe ich mei-
nen Leſern ſchon mehr als einmal erzaͤhlt, daß
er aber auch vorzuͤglich ſchoͤn war, habe ich um
deswillen nicht erwaͤhnt, weil dieß der gute Juͤng-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien02_1796/110>, abgerufen am 16.07.2024.
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