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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796.

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hat's schon zweimal gewagt, freventlich Hand an
mich zu legen, und mich gleich einem Buben mit
der Ruthe zu züchtigen. (mit äusserstem
Nachdrucke)
Er bekommt fünf und zwanzig,
dann kaufe ich ihm aber die Mühle, welche un-
ten im Thale liegt, da kann er ruhig und zufrie-
den leben.

Nach einer kleinen Stille, welche jetzt in der
ganzen Gesellschaft herrschte, trat aus den vielen
anwesenden fremden Geistlichen ein junger Ka-
plan hervor, und unternahm's, uns durch neue
Fragen, die er an den grauen Mann stellte, zu
unterhalten. Seine Absicht, durch welche er
wahrscheinlich seinen Witz wollte glänzen lassen,
schien anfangs ganz zu mißlingen. Der graue
Mann beantwortete einige seiner Fragen nur mit
stummen Blicken, endlich begann er zu ant-
worten.

Der Kaplan. Hör' er, mein lieber Karl!
wenn er einst König in Böhmen wird, muß er
mich zum Erzbischof von Prag machen.

Der graue Mann. (ihn mit lächeln-
dem Blicke messend)
Wird schwerlich ge-
schehen können.

Der Kaplan. Warum denn nicht! Ach
der gute Karl thut's gewiß!

Der graue Mann. (mit dem Kopfe
schüttelnd)
Es geht nicht! Es geht nicht!


hat's ſchon zweimal gewagt, freventlich Hand an
mich zu legen, und mich gleich einem Buben mit
der Ruthe zu zuͤchtigen. (mit aͤuſſerſtem
Nachdrucke)
Er bekommt fuͤnf und zwanzig,
dann kaufe ich ihm aber die Muͤhle, welche un-
ten im Thale liegt, da kann er ruhig und zufrie-
den leben.

Nach einer kleinen Stille, welche jetzt in der
ganzen Geſellſchaft herrſchte, trat aus den vielen
anweſenden fremden Geiſtlichen ein junger Ka-
plan hervor, und unternahm's, uns durch neue
Fragen, die er an den grauen Mann ſtellte, zu
unterhalten. Seine Abſicht, durch welche er
wahrſcheinlich ſeinen Witz wollte glaͤnzen laſſen,
ſchien anfangs ganz zu mißlingen. Der graue
Mann beantwortete einige ſeiner Fragen nur mit
ſtummen Blicken, endlich begann er zu ant-
worten.

Der Kaplan. Hoͤr' er, mein lieber Karl!
wenn er einſt Koͤnig in Boͤhmen wird, muß er
mich zum Erzbiſchof von Prag machen.

Der graue Mann. (ihn mit laͤcheln-
dem Blicke meſſend)
Wird ſchwerlich ge-
ſchehen koͤnnen.

Der Kaplan. Warum denn nicht! Ach
der gute Karl thut's gewiß!

Der graue Mann. (mit dem Kopfe
ſchuͤttelnd)
Es geht nicht! Es geht nicht!


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[46/0060] hat's ſchon zweimal gewagt, freventlich Hand an mich zu legen, und mich gleich einem Buben mit der Ruthe zu zuͤchtigen. (mit aͤuſſerſtem Nachdrucke) Er bekommt fuͤnf und zwanzig, dann kaufe ich ihm aber die Muͤhle, welche un- ten im Thale liegt, da kann er ruhig und zufrie- den leben. Nach einer kleinen Stille, welche jetzt in der ganzen Geſellſchaft herrſchte, trat aus den vielen anweſenden fremden Geiſtlichen ein junger Ka- plan hervor, und unternahm's, uns durch neue Fragen, die er an den grauen Mann ſtellte, zu unterhalten. Seine Abſicht, durch welche er wahrſcheinlich ſeinen Witz wollte glaͤnzen laſſen, ſchien anfangs ganz zu mißlingen. Der graue Mann beantwortete einige ſeiner Fragen nur mit ſtummen Blicken, endlich begann er zu ant- worten. Der Kaplan. Hoͤr' er, mein lieber Karl! wenn er einſt Koͤnig in Boͤhmen wird, muß er mich zum Erzbiſchof von Prag machen. Der graue Mann. (ihn mit laͤcheln- dem Blicke meſſend) Wird ſchwerlich ge- ſchehen koͤnnen. Der Kaplan. Warum denn nicht! Ach der gute Karl thut's gewiß! Der graue Mann. (mit dem Kopfe ſchuͤttelnd) Es geht nicht! Es geht nicht!

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Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/60>, abgerufen am 25.04.2024.