seiner Leiden folgte bald nach, er gedachte seines Gefängnisses eben so wenig wie seines verstorb- nen Weibes. Er suchte absichtlich die Gesellschaft der kleinen Kinder, und wähnte sich glücklich, wenn er in ihrer Mitte sitzen, und mit ihnen spie- len konnte. Er weinte gleich diesen über den Verlust eines Spielwerks, als aber bald nachher seine Tochter starb, so vergoß er keine Thräne. Seine übrigen Kinder führten ihn hinter ihrem Sarge, er folgte geduldig, und spielte mit kleinen Steinchen, welche er in die Höhe warf, und wie- der zu fangen suchte. Als man ihren Sarg mit Erde bedeckte, da gukte er neugierig hinab, und lachte herzlich, weil sich, nach seinem kindischen Ausdrucke, das große Loch so geschwind wieder füllte. Nie gedachte er ihrer mehr, ob er sie gleich unter allen seinen Kindern am meisten geliebt hat- te. Einer meiner Freunde besuchte ihn ein Jahr nach erhaltener Freiheit, er fand ihn im kleinen Hausgarten, wo er oft ganze Tage mit Spielen zubrachte. Er saß unter einem Obstbaume, seine Miene verrieth Freude und Vergnügen, er fidelte auf einer kleinen Kindergeige, erzwang die gräß- lichsten Mißtöne, und rief doch oft voll Entzücken aus: O Jesus! O Jesus, das klingt schön! Sei- ne Söhne, welche meinen Freund begleiteten, und mit nassen Augen dem Spiel des Vaters zusahen, hatten ihn schon unterrichtet, daß man keine Ant- wort von ihm erhalte, wenn man nicht Antheil an seiner Beschäftigung nehme.
ſeiner Leiden folgte bald nach, er gedachte ſeines Gefaͤngniſſes eben ſo wenig wie ſeines verſtorb- nen Weibes. Er ſuchte abſichtlich die Geſellſchaft der kleinen Kinder, und waͤhnte ſich gluͤcklich, wenn er in ihrer Mitte ſitzen, und mit ihnen ſpie- len konnte. Er weinte gleich dieſen uͤber den Verluſt eines Spielwerks, als aber bald nachher ſeine Tochter ſtarb, ſo vergoß er keine Thraͤne. Seine uͤbrigen Kinder fuͤhrten ihn hinter ihrem Sarge, er folgte geduldig, und ſpielte mit kleinen Steinchen, welche er in die Hoͤhe warf, und wie- der zu fangen ſuchte. Als man ihren Sarg mit Erde bedeckte, da gukte er neugierig hinab, und lachte herzlich, weil ſich, nach ſeinem kindiſchen Ausdrucke, das große Loch ſo geſchwind wieder fuͤllte. Nie gedachte er ihrer mehr, ob er ſie gleich unter allen ſeinen Kindern am meiſten geliebt hat- te. Einer meiner Freunde beſuchte ihn ein Jahr nach erhaltener Freiheit, er fand ihn im kleinen Hausgarten, wo er oft ganze Tage mit Spielen zubrachte. Er ſaß unter einem Obſtbaume, ſeine Miene verrieth Freude und Vergnuͤgen, er fidelte auf einer kleinen Kindergeige, erzwang die graͤß- lichſten Mißtoͤne, und rief doch oft voll Entzuͤcken aus: O Jeſus! O Jeſus, das klingt ſchoͤn! Sei- ne Soͤhne, welche meinen Freund begleiteten, und mit naſſen Augen dem Spiel des Vaters zuſahen, hatten ihn ſchon unterrichtet, daß man keine Ant- wort von ihm erhalte, wenn man nicht Antheil an ſeiner Beſchaͤftigung nehme.
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ſeiner Leiden folgte bald nach, er gedachte ſeines
Gefaͤngniſſes eben ſo wenig wie ſeines verſtorb-
nen Weibes. Er ſuchte abſichtlich die Geſellſchaft
der kleinen Kinder, und waͤhnte ſich gluͤcklich,
wenn er in ihrer Mitte ſitzen, und mit ihnen ſpie-
len konnte. Er weinte gleich dieſen uͤber den
Verluſt eines Spielwerks, als aber bald nachher
ſeine Tochter ſtarb, ſo vergoß er keine Thraͤne.
Seine uͤbrigen Kinder fuͤhrten ihn hinter ihrem
Sarge, er folgte geduldig, und ſpielte mit kleinen
Steinchen, welche er in die Hoͤhe warf, und wie-
der zu fangen ſuchte. Als man ihren Sarg mit
Erde bedeckte, da gukte er neugierig hinab, und
lachte herzlich, weil ſich, nach ſeinem kindiſchen
Ausdrucke, das große Loch ſo geſchwind wieder
fuͤllte. Nie gedachte er ihrer mehr, ob er ſie gleich
unter allen ſeinen Kindern am meiſten geliebt hat-
te. Einer meiner Freunde beſuchte ihn ein Jahr
nach erhaltener Freiheit, er fand ihn im kleinen
Hausgarten, wo er oft ganze Tage mit Spielen
zubrachte. Er ſaß unter einem Obſtbaume, ſeine
Miene verrieth Freude und Vergnuͤgen, er fidelte
auf einer kleinen Kindergeige, erzwang die graͤß-
lichſten Mißtoͤne, und rief doch oft voll Entzuͤcken
aus: O Jeſus! O Jeſus, das klingt ſchoͤn! Sei-
ne Soͤhne, welche meinen Freund begleiteten, und
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 1. Leipzig, 1796, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien01_1796/164>, abgerufen am 23.07.2024.
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