freiherrlichen Scherz mit Dir getrieben? Aber das ist ja nicht möglich! nicht möglich? warum denn nicht? ist die Welt, in der sich diese Menschen bewegen, nicht durch und durch verfault und verrottet? ist ihr ganzes Leben nicht eine gemeine Intrigue? betrügt hier nicht die Gattin den Gatten? und dieser jene? verkauft nicht der Vater seine Tochter? verkuppelt nicht die Mutter ihr eigen Fleisch und Blut? verräth nicht der Freund den Freund? plaudert eine Kokette nicht die Geheimnisse der andern aus? weshalb wähnst Du denn, sie würden mit Dir, dem Plebejer, dem Arbeiter für Lohn und Brot, besser verfahren? Und doch, und doch! es ist entsetzlich! Das Weib, das Du angebetet, wie eine Gottheit, die Maitresse eines Anderen, ihn betrügend, Dich betrügend, um von ihm wieder betrogen zu werden! Und Du, gutmüthiger Narr, kämpfst wie ein Wahnsinniger mit Deiner Lei¬ denschaft für das holde, herrliche Geschöpf, die einzig Reine in diesem Hexensabbath! denn sie ist rein und gut, oder es giebt nichts Reines auf dieser Welt. Nein, nein! und wenn Alles um Dich her Lug und Trug ist, und schwarzer, tückischer Verrath -- auf diesen einen hohen Stern willst Du Dein Auge hef¬ ten -- es ist Dein Stern! denn nur das unerreichbar Hohe ist Deiner Liebe werth! um die Irrlichter, die
freiherrlichen Scherz mit Dir getrieben? Aber das iſt ja nicht möglich! nicht möglich? warum denn nicht? iſt die Welt, in der ſich dieſe Menſchen bewegen, nicht durch und durch verfault und verrottet? iſt ihr ganzes Leben nicht eine gemeine Intrigue? betrügt hier nicht die Gattin den Gatten? und dieſer jene? verkauft nicht der Vater ſeine Tochter? verkuppelt nicht die Mutter ihr eigen Fleiſch und Blut? verräth nicht der Freund den Freund? plaudert eine Kokette nicht die Geheimniſſe der andern aus? weshalb wähnſt Du denn, ſie würden mit Dir, dem Plebejer, dem Arbeiter für Lohn und Brot, beſſer verfahren? Und doch, und doch! es iſt entſetzlich! Das Weib, das Du angebetet, wie eine Gottheit, die Maitreſſe eines Anderen, ihn betrügend, Dich betrügend, um von ihm wieder betrogen zu werden! Und Du, gutmüthiger Narr, kämpfſt wie ein Wahnſinniger mit Deiner Lei¬ denſchaft für das holde, herrliche Geſchöpf, die einzig Reine in dieſem Hexenſabbath! denn ſie iſt rein und gut, oder es giebt nichts Reines auf dieſer Welt. Nein, nein! und wenn Alles um Dich her Lug und Trug iſt, und ſchwarzer, tückiſcher Verrath — auf dieſen einen hohen Stern willſt Du Dein Auge hef¬ ten — es iſt Dein Stern! denn nur das unerreichbar Hohe iſt Deiner Liebe werth! um die Irrlichter, die
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freiherrlichen Scherz mit Dir getrieben? Aber das
iſt ja nicht möglich! nicht möglich? warum denn nicht?
iſt die Welt, in der ſich dieſe Menſchen bewegen,
nicht durch und durch verfault und verrottet? iſt ihr
ganzes Leben nicht eine gemeine Intrigue? betrügt
hier nicht die Gattin den Gatten? und dieſer jene?
verkauft nicht der Vater ſeine Tochter? verkuppelt
nicht die Mutter ihr eigen Fleiſch und Blut? verräth
nicht der Freund den Freund? plaudert eine Kokette
nicht die Geheimniſſe der andern aus? weshalb wähnſt
Du denn, ſie würden mit Dir, dem Plebejer, dem
Arbeiter für Lohn und Brot, beſſer verfahren? Und
doch, und doch! es iſt entſetzlich! Das Weib, das
Du angebetet, wie eine Gottheit, die Maitreſſe eines
Anderen, ihn betrügend, Dich betrügend, um von ihm
wieder betrogen zu werden! Und Du, gutmüthiger
Narr, kämpfſt wie ein Wahnſinniger mit Deiner Lei¬
denſchaft für das holde, herrliche Geſchöpf, die einzig
Reine in dieſem Hexenſabbath! denn ſie iſt rein und
gut, oder es giebt nichts Reines auf dieſer Welt.
Nein, nein! und wenn Alles um Dich her Lug und
Trug iſt, und ſchwarzer, tückiſcher Verrath — auf
dieſen einen hohen Stern willſt Du Dein Auge hef¬
ten — es iſt Dein Stern! denn nur das unerreichbar
Hohe iſt Deiner Liebe werth! um die Irrlichter, die
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/76>, abgerufen am 22.12.2024.
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