Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.aus dem Garten allmälig in die nach dem Rasenplatz Er wandte sich zu Hortense von Barnewitz, die in "Werden Sie heute nicht tanzen, gnädige Frau?" "Soll denn getanzt werden?" antwortete Hortense, "Gewiß. Die Baronin läßt soeben das Klavier aus dem Garten allmälig in die nach dem Raſenplatz Er wandte ſich zu Hortenſe von Barnewitz, die in „Werden Sie heute nicht tanzen, gnädige Frau?“ „Soll denn getanzt werden?“ antwortete Hortenſe, „Gewiß. Die Baronin läßt ſoeben das Klavier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0065" n="55"/> aus dem Garten allmälig in die nach dem Raſenplatz<lb/> führenden Zimmer zurückzog, und zuletzt nur noch<lb/> Emilie mit Herrn von Cloten unermüdlich draußen<lb/> promenirten, mußte er ſich wohl der Meinung der<lb/> Geſellſchaft, daß die Verlobung zwiſchen Cloten und<lb/> Fräulein von Breeſen nicht mehr lange auf ſich warten<lb/> laſſen werde, anſchließen. Es that ihm leid um das<lb/> Mädchen, das ſich ſo wegwerfen konnte; dann aber<lb/> dachte er wieder: Du brauchteſt Dir wahrlich wegen<lb/> eines ſo leichtſinnigen Geſchöpfes keine ſo großen Ge¬<lb/> wiſſensbiſſe zu machen. Sie ſind im Grunde Eines<lb/> des Andern vollkommen würdig. Ob ſich dieſer Cloten<lb/> nicht ſchämt, vor den Augen der Frau, die er liebte,<lb/> ein ſolches Schauſpiel aufzuführen?</p><lb/> <p>Er wandte ſich zu Hortenſe von Barnewitz, die in<lb/> einer Fenſterniſche des Saales ganz allein ſtand. Die<lb/> hübſche Blondine ſchien, ſehr gegen ihre Gewohnheit<lb/> — denn ſie war eine der gefeiertſten und verwöhn¬<lb/> teſten Damen — dieſe Vernachläſſigung von Seiten<lb/> der Herren heute gern zu ſehen.</p><lb/> <p>„Werden Sie heute nicht tanzen, gnädige Frau?“<lb/> fragte Oswald.</p><lb/> <p>„Soll denn getanzt werden?“ antwortete Hortenſe,<lb/> wie aus einem Traum erwachend.</p><lb/> <p>„Gewiß. Die Baronin läßt ſoeben das Klavier<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0065]
aus dem Garten allmälig in die nach dem Raſenplatz
führenden Zimmer zurückzog, und zuletzt nur noch
Emilie mit Herrn von Cloten unermüdlich draußen
promenirten, mußte er ſich wohl der Meinung der
Geſellſchaft, daß die Verlobung zwiſchen Cloten und
Fräulein von Breeſen nicht mehr lange auf ſich warten
laſſen werde, anſchließen. Es that ihm leid um das
Mädchen, das ſich ſo wegwerfen konnte; dann aber
dachte er wieder: Du brauchteſt Dir wahrlich wegen
eines ſo leichtſinnigen Geſchöpfes keine ſo großen Ge¬
wiſſensbiſſe zu machen. Sie ſind im Grunde Eines
des Andern vollkommen würdig. Ob ſich dieſer Cloten
nicht ſchämt, vor den Augen der Frau, die er liebte,
ein ſolches Schauſpiel aufzuführen?
Er wandte ſich zu Hortenſe von Barnewitz, die in
einer Fenſterniſche des Saales ganz allein ſtand. Die
hübſche Blondine ſchien, ſehr gegen ihre Gewohnheit
— denn ſie war eine der gefeiertſten und verwöhn¬
teſten Damen — dieſe Vernachläſſigung von Seiten
der Herren heute gern zu ſehen.
„Werden Sie heute nicht tanzen, gnädige Frau?“
fragte Oswald.
„Soll denn getanzt werden?“ antwortete Hortenſe,
wie aus einem Traum erwachend.
„Gewiß. Die Baronin läßt ſoeben das Klavier
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