sich Cloten und Barnewitz gegen einander benehmen würden. Zu seiner nicht geringen Verwunderung schien zwischen diesen beiden Herrn das vollständigste Einvernehmen zu herrschen. Oldenburg hatte sich in dieser Angelegenheit als ein ausgezeichneter Diplomat gezeigt. Er hatte Jedem der Beiden weiß gemacht, daß der Andere nach seinem Blute lechze, und so die beiden Männer, die, nicht ohne alle Ursache, das Le¬ ben, das sie führten, viel zu behaglich fanden, um ohne gewichtige Veranlassung daraus zu scheiden, für seine Vermittlungsvorschläge geneigt gemacht. Herrn von Barnewitz hatte er Cloten's Liebeshandel mit Hortense als eine ganz unschuldige Tändelei dargestellt, und ge¬ schworen, wie er überzeugt sei, daß dieser junge Mann mit jener Dame zu keiner Zeit in einem intimeren Verhältniß gestanden habe, als viele andere Bekannte, zum Beispiel er selbst -- eine arge Zweideutigkeit, die indessen von dem nicht sehr scharfsinnigen Ehemanne als ein Argument für die Unschuld seiner Frau an¬ gesehen wurde. Dem jungen ländlichen Don Juan dagegen hatte er den Rath gegeben, in Barnewitz' Gegenwart ein paar Mal ungezogen und grob gegen Hortense zu sein, und vor allem sich irgend eine der Damen ihres Cirkels auszuwählen, um ihr möglichst auffallend den Hof zu machen. Cloten äußerst froh,
ſich Cloten und Barnewitz gegen einander benehmen würden. Zu ſeiner nicht geringen Verwunderung ſchien zwiſchen dieſen beiden Herrn das vollſtändigſte Einvernehmen zu herrſchen. Oldenburg hatte ſich in dieſer Angelegenheit als ein ausgezeichneter Diplomat gezeigt. Er hatte Jedem der Beiden weiß gemacht, daß der Andere nach ſeinem Blute lechze, und ſo die beiden Männer, die, nicht ohne alle Urſache, das Le¬ ben, das ſie führten, viel zu behaglich fanden, um ohne gewichtige Veranlaſſung daraus zu ſcheiden, für ſeine Vermittlungsvorſchläge geneigt gemacht. Herrn von Barnewitz hatte er Cloten's Liebeshandel mit Hortenſe als eine ganz unſchuldige Tändelei dargeſtellt, und ge¬ ſchworen, wie er überzeugt ſei, daß dieſer junge Mann mit jener Dame zu keiner Zeit in einem intimeren Verhältniß geſtanden habe, als viele andere Bekannte, zum Beiſpiel er ſelbſt — eine arge Zweideutigkeit, die indeſſen von dem nicht ſehr ſcharfſinnigen Ehemanne als ein Argument für die Unſchuld ſeiner Frau an¬ geſehen wurde. Dem jungen ländlichen Don Juan dagegen hatte er den Rath gegeben, in Barnewitz' Gegenwart ein paar Mal ungezogen und grob gegen Hortenſe zu ſein, und vor allem ſich irgend eine der Damen ihres Cirkels auszuwählen, um ihr möglichſt auffallend den Hof zu machen. Cloten äußerſt froh,
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ſich Cloten und Barnewitz gegen einander benehmen
würden. Zu ſeiner nicht geringen Verwunderung
ſchien zwiſchen dieſen beiden Herrn das vollſtändigſte
Einvernehmen zu herrſchen. Oldenburg hatte ſich in
dieſer Angelegenheit als ein ausgezeichneter Diplomat
gezeigt. Er hatte Jedem der Beiden weiß gemacht,
daß der Andere nach ſeinem Blute lechze, und ſo die
beiden Männer, die, nicht ohne alle Urſache, das Le¬
ben, das ſie führten, viel zu behaglich fanden, um ohne
gewichtige Veranlaſſung daraus zu ſcheiden, für ſeine
Vermittlungsvorſchläge geneigt gemacht. Herrn von
Barnewitz hatte er Cloten's Liebeshandel mit Hortenſe
als eine ganz unſchuldige Tändelei dargeſtellt, und ge¬
ſchworen, wie er überzeugt ſei, daß dieſer junge Mann
mit jener Dame zu keiner Zeit in einem intimeren
Verhältniß geſtanden habe, als viele andere Bekannte,
zum Beiſpiel er ſelbſt — eine arge Zweideutigkeit, die
indeſſen von dem nicht ſehr ſcharfſinnigen Ehemanne
als ein Argument für die Unſchuld ſeiner Frau an¬
geſehen wurde. Dem jungen ländlichen Don Juan
dagegen hatte er den Rath gegeben, in Barnewitz'
Gegenwart ein paar Mal ungezogen und grob gegen
Hortenſe zu ſein, und vor allem ſich irgend eine der
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/62>, abgerufen am 22.12.2024.
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