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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

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ein Zwang auferlegt werden," erwiederte der alte
Baron, der weder die Wahrheit sagen durfte, noch
lügen wollte, mit ziemlicher Verwirrung.

Helene antwortete nicht; aber der angeregte Ge¬
danke arbeitete in ihrem lebhaften Geiste weiter. Sie
verglich das gestrige Gespräch, das sie auf ihrem
Zimmer mit ihrer Mutter gehabt hatte, mit dem so¬
eben geführten . . . es bedurfte nicht einmal eines so
scharfsinnigen Kopfes, als der ihre war, um den Zu¬
sammenhang zwischen diesen beiden Unterredungen und
den Sinn der hingeworfenen Andeutungen zu entdecken.
Ihr stolzes Gemüth empörte sich, wenn sie dachte,
daß man, ohne sie zu fragen, ohne ihre Meinung ein¬
zuholen, im Voraus über ihr Schicksal entschieden
und ihre Hand versprochen habe; daß dieser Felix,
vor dem ihr reines keusches Herz sie instinctiv warnte,
vielleicht schon in diesem Augenblick sie als die seine
betrachtete! Diese Gedanken nahmen sie so ganz in
Anspruch, daß sie nicht einmal in das bewundernde:
Ah, wie schön! wie herrlich! einzustimmen vermochte,
in das die übrige Gesellschaft ausbrach, als man
einige Minuten später aus dem Walde auf den Rand
des hohen Ufers hinaustrat.

In der That war das Schauspiel das sich den
Blicken darbot, wol der Bewunderung werth. Die

ein Zwang auferlegt werden,“ erwiederte der alte
Baron, der weder die Wahrheit ſagen durfte, noch
lügen wollte, mit ziemlicher Verwirrung.

Helene antwortete nicht; aber der angeregte Ge¬
danke arbeitete in ihrem lebhaften Geiſte weiter. Sie
verglich das geſtrige Geſpräch, das ſie auf ihrem
Zimmer mit ihrer Mutter gehabt hatte, mit dem ſo¬
eben geführten . . . es bedurfte nicht einmal eines ſo
ſcharfſinnigen Kopfes, als der ihre war, um den Zu¬
ſammenhang zwiſchen dieſen beiden Unterredungen und
den Sinn der hingeworfenen Andeutungen zu entdecken.
Ihr ſtolzes Gemüth empörte ſich, wenn ſie dachte,
daß man, ohne ſie zu fragen, ohne ihre Meinung ein¬
zuholen, im Voraus über ihr Schickſal entſchieden
und ihre Hand verſprochen habe; daß dieſer Felix,
vor dem ihr reines keuſches Herz ſie inſtinctiv warnte,
vielleicht ſchon in dieſem Augenblick ſie als die ſeine
betrachtete! Dieſe Gedanken nahmen ſie ſo ganz in
Anſpruch, daß ſie nicht einmal in das bewundernde:
Ah, wie ſchön! wie herrlich! einzuſtimmen vermochte,
in das die übrige Geſellſchaft ausbrach, als man
einige Minuten ſpäter aus dem Walde auf den Rand
des hohen Ufers hinaustrat.

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[21/0031] ein Zwang auferlegt werden,“ erwiederte der alte Baron, der weder die Wahrheit ſagen durfte, noch lügen wollte, mit ziemlicher Verwirrung. Helene antwortete nicht; aber der angeregte Ge¬ danke arbeitete in ihrem lebhaften Geiſte weiter. Sie verglich das geſtrige Geſpräch, das ſie auf ihrem Zimmer mit ihrer Mutter gehabt hatte, mit dem ſo¬ eben geführten . . . es bedurfte nicht einmal eines ſo ſcharfſinnigen Kopfes, als der ihre war, um den Zu¬ ſammenhang zwiſchen dieſen beiden Unterredungen und den Sinn der hingeworfenen Andeutungen zu entdecken. Ihr ſtolzes Gemüth empörte ſich, wenn ſie dachte, daß man, ohne ſie zu fragen, ohne ihre Meinung ein¬ zuholen, im Voraus über ihr Schickſal entſchieden und ihre Hand verſprochen habe; daß dieſer Felix, vor dem ihr reines keuſches Herz ſie inſtinctiv warnte, vielleicht ſchon in dieſem Augenblick ſie als die ſeine betrachtete! Dieſe Gedanken nahmen ſie ſo ganz in Anſpruch, daß ſie nicht einmal in das bewundernde: Ah, wie ſchön! wie herrlich! einzuſtimmen vermochte, in das die übrige Geſellſchaft ausbrach, als man einige Minuten ſpäter aus dem Walde auf den Rand des hohen Ufers hinaustrat. In der That war das Schauſpiel das ſich den Blicken darbot, wol der Bewunderung werth. Die

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/31>, abgerufen am 28.11.2024.