lene zu verloben. Bis gestern habe er allerdings keinen unumstößlichen Beweis dafür gehabt; seit gestern aber sei auch dafür gesorgt. Er erzählte nun weiter, wie er am Nachmittage (es war ein Mittwoch) die alte Kapelle im Garten, seinen Lieblingsplatz, wo er am ungestörtesten seinen Grillen nachhängen konnte, aufgesucht habe, und durch Stimmen in seiner Nähe aus dem Schlaf, in welchen ihn der schwüle Tag ver¬ setzt, aufgeweckt worden sei; wie er nothgedrungen das Gespräch zwischen der Tante und Felix habe be¬ lauschen müssen, wie er, als sie fortgegangen, an der Stelle, wo die Baronin gesessen, den Brief Helenen's gefunden habe. Wie es ihm gestern nicht möglich ge¬ wesen, Helenen den Brief zuzustellen, wie er den Plan gehabt, ihr denselben in der Nacht, wenn sie wie gewöhnlich bei offenem Fenster spiele, mit ein paar Zeilen, worin er ihr sagte, wo und wann er den Brief gefunden, in ihr Zimmer zu werfen. Wie er sie nicht habe erschrecken wollen und gewartet habe, bis sie an's Fenster treten würde, es zu schließen, um ihr mit ein paar Worten zu sagen, um was es sich handle; wie er von Felix überrascht sei und wie es ihm leid thue, daß er den Elenden nicht vollends erwürgt habe, wie er es verdiene.
Man kann sich den Eindruck vorstellen, den die
lene zu verloben. Bis geſtern habe er allerdings keinen unumſtößlichen Beweis dafür gehabt; ſeit geſtern aber ſei auch dafür geſorgt. Er erzählte nun weiter, wie er am Nachmittage (es war ein Mittwoch) die alte Kapelle im Garten, ſeinen Lieblingsplatz, wo er am ungeſtörteſten ſeinen Grillen nachhängen konnte, aufgeſucht habe, und durch Stimmen in ſeiner Nähe aus dem Schlaf, in welchen ihn der ſchwüle Tag ver¬ ſetzt, aufgeweckt worden ſei; wie er nothgedrungen das Geſpräch zwiſchen der Tante und Felix habe be¬ lauſchen müſſen, wie er, als ſie fortgegangen, an der Stelle, wo die Baronin geſeſſen, den Brief Helenen's gefunden habe. Wie es ihm geſtern nicht möglich ge¬ weſen, Helenen den Brief zuzuſtellen, wie er den Plan gehabt, ihr denſelben in der Nacht, wenn ſie wie gewöhnlich bei offenem Fenſter ſpiele, mit ein paar Zeilen, worin er ihr ſagte, wo und wann er den Brief gefunden, in ihr Zimmer zu werfen. Wie er ſie nicht habe erſchrecken wollen und gewartet habe, bis ſie an's Fenſter treten würde, es zu ſchließen, um ihr mit ein paar Worten zu ſagen, um was es ſich handle; wie er von Felix überraſcht ſei und wie es ihm leid thue, daß er den Elenden nicht vollends erwürgt habe, wie er es verdiene.
Man kann ſich den Eindruck vorſtellen, den die
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lene zu verloben. Bis geſtern habe er allerdings
keinen unumſtößlichen Beweis dafür gehabt; ſeit geſtern
aber ſei auch dafür geſorgt. Er erzählte nun weiter,
wie er am Nachmittage (es war ein Mittwoch) die
alte Kapelle im Garten, ſeinen Lieblingsplatz, wo er
am ungeſtörteſten ſeinen Grillen nachhängen konnte,
aufgeſucht habe, und durch Stimmen in ſeiner Nähe
aus dem Schlaf, in welchen ihn der ſchwüle Tag ver¬
ſetzt, aufgeweckt worden ſei; wie er nothgedrungen
das Geſpräch zwiſchen der Tante und Felix habe be¬
lauſchen müſſen, wie er, als ſie fortgegangen, an der
Stelle, wo die Baronin geſeſſen, den Brief Helenen's
gefunden habe. Wie es ihm geſtern nicht möglich ge¬
weſen, Helenen den Brief zuzuſtellen, wie er den
Plan gehabt, ihr denſelben in der Nacht, wenn ſie
wie gewöhnlich bei offenem Fenſter ſpiele, mit ein
paar Zeilen, worin er ihr ſagte, wo und wann er
den Brief gefunden, in ihr Zimmer zu werfen. Wie
er ſie nicht habe erſchrecken wollen und gewartet habe,
bis ſie an's Fenſter treten würde, es zu ſchließen,
um ihr mit ein paar Worten zu ſagen, um was es
ſich handle; wie er von Felix überraſcht ſei und wie
es ihm leid thue, daß er den Elenden nicht vollends
erwürgt habe, wie er es verdiene.
Man kann ſich den Eindruck vorſtellen, den die
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/197>, abgerufen am 22.12.2024.
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