gewesen und hätte Bruno sich nur ein wenig glimpf¬ licher ausgedrückt, es wäre auch selbst jetzt noch nicht zum Aeußersten gekommen.
Und Felix konnte von Glück sagen, daß der Kampf keinen schlimmeren Ausgang für ihn genommen hatte. Er war dem Tode näher gewesen, als er wol selber glaubte. Bruno's Haß war durch die Vorgänge des Tages zur Raserei geworden, und Felix' brutale thät¬ liche Beleidigung machte das Gefäß des Zornes und Hasses überlaufen. Und nun, nachdem der Lavastrom den Krater durchbrochen -- was konnte ihn in seinem vernichtenden Laufe aufhalten? Daß Felix von seiner Hand sterben müsse, daß ihn Gott in seine Hände geliefert habe, damit er, koste es, was es wolle, das Weib, das er anbetete, von dem Scheusal, das er so glühend haßte, befreie, -- das war in den kurzen und doch so langen Minuten, wo er mit Felix rang und auf Felix' Brust kniete, der einzige blutigrothe Licht¬ schein in der Nacht seiner Seele. Wenige Minuten, vielleicht Secunden -- und Felix stand nicht wieder von dem Platze auf.
Da war Bruno durch einen Schrei dicht neben ihm von seiner fürchterlichen Arbeit aufgeschreckt wor¬ den. Emporblickend, hatte er flüchtig eine weibliche Gestalt gesehen, die er im ersten Augenblick für Helene
geweſen und hätte Bruno ſich nur ein wenig glimpf¬ licher ausgedrückt, es wäre auch ſelbſt jetzt noch nicht zum Aeußerſten gekommen.
Und Felix konnte von Glück ſagen, daß der Kampf keinen ſchlimmeren Ausgang für ihn genommen hatte. Er war dem Tode näher geweſen, als er wol ſelber glaubte. Bruno's Haß war durch die Vorgänge des Tages zur Raſerei geworden, und Felix' brutale thät¬ liche Beleidigung machte das Gefäß des Zornes und Haſſes überlaufen. Und nun, nachdem der Lavaſtrom den Krater durchbrochen — was konnte ihn in ſeinem vernichtenden Laufe aufhalten? Daß Felix von ſeiner Hand ſterben müſſe, daß ihn Gott in ſeine Hände geliefert habe, damit er, koſte es, was es wolle, das Weib, das er anbetete, von dem Scheuſal, das er ſo glühend haßte, befreie, — das war in den kurzen und doch ſo langen Minuten, wo er mit Felix rang und auf Felix' Bruſt kniete, der einzige blutigrothe Licht¬ ſchein in der Nacht ſeiner Seele. Wenige Minuten, vielleicht Secunden — und Felix ſtand nicht wieder von dem Platze auf.
Da war Bruno durch einen Schrei dicht neben ihm von ſeiner fürchterlichen Arbeit aufgeſchreckt wor¬ den. Emporblickend, hatte er flüchtig eine weibliche Geſtalt geſehen, die er im erſten Augenblick für Helene
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geweſen und hätte Bruno ſich nur ein wenig glimpf¬
licher ausgedrückt, es wäre auch ſelbſt jetzt noch nicht
zum Aeußerſten gekommen.
Und Felix konnte von Glück ſagen, daß der Kampf
keinen ſchlimmeren Ausgang für ihn genommen hatte.
Er war dem Tode näher geweſen, als er wol ſelber
glaubte. Bruno's Haß war durch die Vorgänge des
Tages zur Raſerei geworden, und Felix' brutale thät¬
liche Beleidigung machte das Gefäß des Zornes und
Haſſes überlaufen. Und nun, nachdem der Lavaſtrom
den Krater durchbrochen — was konnte ihn in ſeinem
vernichtenden Laufe aufhalten? Daß Felix von ſeiner
Hand ſterben müſſe, daß ihn Gott in ſeine Hände
geliefert habe, damit er, koſte es, was es wolle, das
Weib, das er anbetete, von dem Scheuſal, das er ſo
glühend haßte, befreie, — das war in den kurzen und
doch ſo langen Minuten, wo er mit Felix rang und
auf Felix' Bruſt kniete, der einzige blutigrothe Licht¬
ſchein in der Nacht ſeiner Seele. Wenige Minuten,
vielleicht Secunden — und Felix ſtand nicht wieder
von dem Platze auf.
Da war Bruno durch einen Schrei dicht neben
ihm von ſeiner fürchterlichen Arbeit aufgeſchreckt wor¬
den. Emporblickend, hatte er flüchtig eine weibliche
Geſtalt geſehen, die er im erſten Augenblick für Helene
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/193>, abgerufen am 22.12.2024.
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