ten! Fräulein von Grenwitz in Liebe zu einem Mieth¬ ling, einem gemeinen Menschen, der bei ihren Eltern in Lohn und Brod stand! Denn was bedeuteten zu¬ letzt all die schönen Phrasen von Oswald's Liebens¬ würdigkeit, Oswald's Herzensgüte, von dem Antheil, den sie an seinem geheimen Kummer nahm? Die Baronin verstand sich freilich schlecht auf die Sprache der Liebe; so viel aber wußte sie: die Gleichgültigkeit spricht so nicht. Dahin also war es gekommen! He¬ lene wollte Krieg! gut -- sie sollte ihn haben. Es sollte sich zeigen, wer die Stärkere war: die Mutter oder die Tochter. Jetzt zurückweichen? zugeben, daß dieses ungerathene Kind ihren Willen durchsetzt? den jahrelang erwogenen Vorsatz einer thörichten Mädchen¬ laune opfern? Nimmermehr!
Aber was jetzt thun? noch einmal es mit schein¬ barer Güte versuchen? oder die Maske fallen lassen und befehlen, wo mit Bitten nichts auszurichten war? Und vor allem: wie weit Felix in das Geheimniß einweihen? würde sich nicht sein Stolz regen, wenn er erführe, wie tief er in den Augen Helenen's stand, wie sehr sie ihn verachtete? Konnte er nicht zurück¬ treten? und setzte dann Helene nicht doch ihren Willen durch? triumphirte die Tochter dann nicht doch über die Mutter? . . .
ten! Fräulein von Grenwitz in Liebe zu einem Mieth¬ ling, einem gemeinen Menſchen, der bei ihren Eltern in Lohn und Brod ſtand! Denn was bedeuteten zu¬ letzt all die ſchönen Phraſen von Oswald's Liebens¬ würdigkeit, Oswald's Herzensgüte, von dem Antheil, den ſie an ſeinem geheimen Kummer nahm? Die Baronin verſtand ſich freilich ſchlecht auf die Sprache der Liebe; ſo viel aber wußte ſie: die Gleichgültigkeit ſpricht ſo nicht. Dahin alſo war es gekommen! He¬ lene wollte Krieg! gut — ſie ſollte ihn haben. Es ſollte ſich zeigen, wer die Stärkere war: die Mutter oder die Tochter. Jetzt zurückweichen? zugeben, daß dieſes ungerathene Kind ihren Willen durchſetzt? den jahrelang erwogenen Vorſatz einer thörichten Mädchen¬ laune opfern? Nimmermehr!
Aber was jetzt thun? noch einmal es mit ſchein¬ barer Güte verſuchen? oder die Maske fallen laſſen und befehlen, wo mit Bitten nichts auszurichten war? Und vor allem: wie weit Felix in das Geheimniß einweihen? würde ſich nicht ſein Stolz regen, wenn er erführe, wie tief er in den Augen Helenen's ſtand, wie ſehr ſie ihn verachtete? Konnte er nicht zurück¬ treten? und ſetzte dann Helene nicht doch ihren Willen durch? triumphirte die Tochter dann nicht doch über die Mutter? . . .
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ten! Fräulein von Grenwitz in Liebe zu einem Mieth¬
ling, einem gemeinen Menſchen, der bei ihren Eltern
in Lohn und Brod ſtand! Denn was bedeuteten zu¬
letzt all die ſchönen Phraſen von Oswald's Liebens¬
würdigkeit, Oswald's Herzensgüte, von dem Antheil,
den ſie an ſeinem geheimen Kummer nahm? Die
Baronin verſtand ſich freilich ſchlecht auf die Sprache
der Liebe; ſo viel aber wußte ſie: die Gleichgültigkeit
ſpricht ſo nicht. Dahin alſo war es gekommen! He¬
lene wollte Krieg! gut — ſie ſollte ihn haben. Es
ſollte ſich zeigen, wer die Stärkere war: die Mutter
oder die Tochter. Jetzt zurückweichen? zugeben, daß
dieſes ungerathene Kind ihren Willen durchſetzt? den
jahrelang erwogenen Vorſatz einer thörichten Mädchen¬
laune opfern? Nimmermehr!
Aber was jetzt thun? noch einmal es mit ſchein¬
barer Güte verſuchen? oder die Maske fallen laſſen
und befehlen, wo mit Bitten nichts auszurichten war?
Und vor allem: wie weit Felix in das Geheimniß
einweihen? würde ſich nicht ſein Stolz regen, wenn er
erführe, wie tief er in den Augen Helenen's ſtand,
wie ſehr ſie ihn verachtete? Konnte er nicht zurück¬
treten? und ſetzte dann Helene nicht doch ihren Willen
durch? triumphirte die Tochter dann nicht doch über
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/147>, abgerufen am 22.12.2024.
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