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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861.

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gleichviel ob mit Recht oder Unrecht -- äußerst be¬
denklich; für Malte, der in der That ein sehr schwäch¬
liches Kind gewesen und, zum Theil durch die Schuld
der überzärtlichen Eltern, aus einer Krankheit in die
andere gefallen war, hatte sie stets gefürchtet; es war
in ihren Augen mehr wie wahrscheinlich, daß Felix
über kurz oder lang der Herr sein würde und sie
hielt es daher für eine gute Politik, ihn auf jede
Weise an sich zu fesseln. Sie hatte dabei im Anfang
auch Helenen's Vortheil, wie sie ihn nun verstand,
im Auge gehabt. Sie wollte mit ihrer eigenen Zu¬
kunft auch die Zukunft der Tochter sicher stellen, und
fand es bequem, daß dies mit einem Schlage ge¬
schehen konnte. Felix schien zum Schwiegersohn einer
herrschsüchtigen Schwiegermutter wie geschaffen. Er
war leichtsinnig, fügsam, ein Feind von Geschäften, und
durchaus geneigt, so lange es ihm nicht an Geld oder
Credit gebrach, die Sachen gehen zu lassen, wie sie
wollten und konnten. Die Baronin bedachte nicht,
daß solche Menschen gerade am schwersten zu behan¬
deln sind, daß grenzenloser Leichtsinn und ein frecher,
grausamer Egoismus, der, was sich seiner Befriedi¬
gung entgegenstellt, schonungslos opfert, ganz vor¬
trefflich Hand in Hand gehen. Sie glaubte von
Felix nichts zu befürchten zu haben. Felix hatte

gleichviel ob mit Recht oder Unrecht — äußerſt be¬
denklich; für Malte, der in der That ein ſehr ſchwäch¬
liches Kind geweſen und, zum Theil durch die Schuld
der überzärtlichen Eltern, aus einer Krankheit in die
andere gefallen war, hatte ſie ſtets gefürchtet; es war
in ihren Augen mehr wie wahrſcheinlich, daß Felix
über kurz oder lang der Herr ſein würde und ſie
hielt es daher für eine gute Politik, ihn auf jede
Weiſe an ſich zu feſſeln. Sie hatte dabei im Anfang
auch Helenen's Vortheil, wie ſie ihn nun verſtand,
im Auge gehabt. Sie wollte mit ihrer eigenen Zu¬
kunft auch die Zukunft der Tochter ſicher ſtellen, und
fand es bequem, daß dies mit einem Schlage ge¬
ſchehen konnte. Felix ſchien zum Schwiegerſohn einer
herrſchſüchtigen Schwiegermutter wie geſchaffen. Er
war leichtſinnig, fügſam, ein Feind von Geſchäften, und
durchaus geneigt, ſo lange es ihm nicht an Geld oder
Credit gebrach, die Sachen gehen zu laſſen, wie ſie
wollten und konnten. Die Baronin bedachte nicht,
daß ſolche Menſchen gerade am ſchwerſten zu behan¬
deln ſind, daß grenzenloſer Leichtſinn und ein frecher,
grauſamer Egoismus, der, was ſich ſeiner Befriedi¬
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[133/0143] gleichviel ob mit Recht oder Unrecht — äußerſt be¬ denklich; für Malte, der in der That ein ſehr ſchwäch¬ liches Kind geweſen und, zum Theil durch die Schuld der überzärtlichen Eltern, aus einer Krankheit in die andere gefallen war, hatte ſie ſtets gefürchtet; es war in ihren Augen mehr wie wahrſcheinlich, daß Felix über kurz oder lang der Herr ſein würde und ſie hielt es daher für eine gute Politik, ihn auf jede Weiſe an ſich zu feſſeln. Sie hatte dabei im Anfang auch Helenen's Vortheil, wie ſie ihn nun verſtand, im Auge gehabt. Sie wollte mit ihrer eigenen Zu¬ kunft auch die Zukunft der Tochter ſicher ſtellen, und fand es bequem, daß dies mit einem Schlage ge¬ ſchehen konnte. Felix ſchien zum Schwiegerſohn einer herrſchſüchtigen Schwiegermutter wie geſchaffen. Er war leichtſinnig, fügſam, ein Feind von Geſchäften, und durchaus geneigt, ſo lange es ihm nicht an Geld oder Credit gebrach, die Sachen gehen zu laſſen, wie ſie wollten und konnten. Die Baronin bedachte nicht, daß ſolche Menſchen gerade am ſchwerſten zu behan¬ deln ſind, daß grenzenloſer Leichtſinn und ein frecher, grauſamer Egoismus, der, was ſich ſeiner Befriedi¬ gung entgegenſtellt, ſchonungslos opfert, ganz vor¬ trefflich Hand in Hand gehen. Sie glaubte von Felix nichts zu befürchten zu haben. Felix hatte

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/143>, abgerufen am 22.12.2024.