ten, wie stets, wenn das Wetter es erlaubte. Die Baronin stand im Begriff ihren Gemahl zu wecken, sie besann sich indessen eines anderen, schritt durch die offene Thür in den Garten hinab, und fragte den Be¬ dienten, welcher das Kaffeeservice in die Laube trug, ob Baron Felix schon gerufen sei? -- Noch nicht, gnädige Frau! -- So gehen Sie hinauf; ich ließe ihn bitten, doch, wo möglich, sogleich zu kommen, und hören Sie! sagen Sie Mademoiselle, ich wolle heute selbst den Kaffee serviren, sie möge nur in der Wäsch¬ kammer bleiben. -- Zu Befehl, gnädige Frau. -- Und, was ich sagen wollte, Sie brauchen die An¬ deren noch nicht zu rufen. -- Zu Befehl, gnädige Frau.
Der Mann ging seine Aufträge auszurichten. Anna- Maria schritt an der Laube vorüber in einen langen, ganz überwölbten Buchengang, der von dem großen Rasenplatze aus mehre hundert Schritte bis in ein Gehölz führte, wo eine kleine verfallene Kapelle stand. Sie schien ganz vergessen zu haben, daß sie Felix in die Laube beschieden hatte, denn sie ging immer weiter, die Augen auf den Boden geheftet, bis sie das Ende des Ganges und die Kapelle erreicht hatte.
Es war eine liebliche, süß melancholische Stelle. Uralte Riesenbäume überwölbten den Platz mit ihren
ten, wie ſtets, wenn das Wetter es erlaubte. Die Baronin ſtand im Begriff ihren Gemahl zu wecken, ſie beſann ſich indeſſen eines anderen, ſchritt durch die offene Thür in den Garten hinab, und fragte den Be¬ dienten, welcher das Kaffeeſervice in die Laube trug, ob Baron Felix ſchon gerufen ſei? — Noch nicht, gnädige Frau! — So gehen Sie hinauf; ich ließe ihn bitten, doch, wo möglich, ſogleich zu kommen, und hören Sie! ſagen Sie Mademoiſelle, ich wolle heute ſelbſt den Kaffee ſerviren, ſie möge nur in der Wäſch¬ kammer bleiben. — Zu Befehl, gnädige Frau. — Und, was ich ſagen wollte, Sie brauchen die An¬ deren noch nicht zu rufen. — Zu Befehl, gnädige Frau.
Der Mann ging ſeine Aufträge auszurichten. Anna- Maria ſchritt an der Laube vorüber in einen langen, ganz überwölbten Buchengang, der von dem großen Raſenplatze aus mehre hundert Schritte bis in ein Gehölz führte, wo eine kleine verfallene Kapelle ſtand. Sie ſchien ganz vergeſſen zu haben, daß ſie Felix in die Laube beſchieden hatte, denn ſie ging immer weiter, die Augen auf den Boden geheftet, bis ſie das Ende des Ganges und die Kapelle erreicht hatte.
Es war eine liebliche, ſüß melancholiſche Stelle. Uralte Rieſenbäume überwölbten den Platz mit ihren
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ten, wie ſtets, wenn das Wetter es erlaubte. Die
Baronin ſtand im Begriff ihren Gemahl zu wecken,
ſie beſann ſich indeſſen eines anderen, ſchritt durch die
offene Thür in den Garten hinab, und fragte den Be¬
dienten, welcher das Kaffeeſervice in die Laube trug,
ob Baron Felix ſchon gerufen ſei? — Noch nicht,
gnädige Frau! — So gehen Sie hinauf; ich ließe
ihn bitten, doch, wo möglich, ſogleich zu kommen, und
hören Sie! ſagen Sie Mademoiſelle, ich wolle heute
ſelbſt den Kaffee ſerviren, ſie möge nur in der Wäſch¬
kammer bleiben. — Zu Befehl, gnädige Frau. —
Und, was ich ſagen wollte, Sie brauchen die An¬
deren noch nicht zu rufen. — Zu Befehl, gnädige
Frau.
Der Mann ging ſeine Aufträge auszurichten. Anna-
Maria ſchritt an der Laube vorüber in einen langen,
ganz überwölbten Buchengang, der von dem großen
Raſenplatze aus mehre hundert Schritte bis in ein
Gehölz führte, wo eine kleine verfallene Kapelle ſtand.
Sie ſchien ganz vergeſſen zu haben, daß ſie Felix in
die Laube beſchieden hatte, denn ſie ging immer weiter,
die Augen auf den Boden geheftet, bis ſie das Ende
des Ganges und die Kapelle erreicht hatte.
Es war eine liebliche, ſüß melancholiſche Stelle.
Uralte Rieſenbäume überwölbten den Platz mit ihren
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/140>, abgerufen am 22.12.2024.
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