als einen lustigen und nebenbei lucrativen Masken¬ scherz anzusehen, wird ihm wol seine dumme Ehrlich¬ keit nicht erlauben. Es ist merkwürdig, wie ehrlich die Leute sind, denen es an nichts fehlt! Die beste Methode, alle Spitzbuben loszuwerden, bestände offen¬ bar darin, Jedem von ihnen eine anständige Pension zu geben. Und dieser Stein ist gar nicht einmal so glücklich situirt. Er hat kein Vermögen -- warum sollte er sich sonst mit anderer Leute Kindern plagen? Er wäre gerade der Mann, ein anständiges Vermögen anständig durchzubringen. Und es paßt so weit Alles. Er hat genau das erforderliche Alter; er hat, wie er mir gesagt hat, seine Mutter kaum und andere Ver¬ wandte, excepto patre, nie gekannt. Und überdies hat er eine zufällige, aber frappante Aehnlichkeit mit der älteren Grenwitzer Linie. Ich wollte, ich wäre er, daß heißt mit meinem Hirn dazu. In welcher fragwürdigen Gestalt wollte ich bald vor euch hin¬ treten . . .
Ein schüchternes Klopfen an der Thür unterbrach Albert's Meditationen. Da auf sein Herein! Nie¬ mand eintrat, ging er selbst und öffnete. Ein kleiner blondköpfiger barfüßiger Bauerknabe stand da, und schaute mit nicht allzu klugen Augen fragend zu ihm auf.
"Zu wem willst Du, Kleiner?"
als einen luſtigen und nebenbei lucrativen Masken¬ ſcherz anzuſehen, wird ihm wol ſeine dumme Ehrlich¬ keit nicht erlauben. Es iſt merkwürdig, wie ehrlich die Leute ſind, denen es an nichts fehlt! Die beſte Methode, alle Spitzbuben loszuwerden, beſtände offen¬ bar darin, Jedem von ihnen eine anſtändige Penſion zu geben. Und dieſer Stein iſt gar nicht einmal ſo glücklich ſituirt. Er hat kein Vermögen — warum ſollte er ſich ſonſt mit anderer Leute Kindern plagen? Er wäre gerade der Mann, ein anſtändiges Vermögen anſtändig durchzubringen. Und es paßt ſo weit Alles. Er hat genau das erforderliche Alter; er hat, wie er mir geſagt hat, ſeine Mutter kaum und andere Ver¬ wandte, excepto patre, nie gekannt. Und überdies hat er eine zufällige, aber frappante Aehnlichkeit mit der älteren Grenwitzer Linie. Ich wollte, ich wäre er, daß heißt mit meinem Hirn dazu. In welcher fragwürdigen Geſtalt wollte ich bald vor euch hin¬ treten . . .
Ein ſchüchternes Klopfen an der Thür unterbrach Albert's Meditationen. Da auf ſein Herein! Nie¬ mand eintrat, ging er ſelbſt und öffnete. Ein kleiner blondköpfiger barfüßiger Bauerknabe ſtand da, und ſchaute mit nicht allzu klugen Augen fragend zu ihm auf.
„Zu wem willſt Du, Kleiner?“
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als einen luſtigen und nebenbei lucrativen Masken¬
ſcherz anzuſehen, wird ihm wol ſeine dumme Ehrlich¬
keit nicht erlauben. Es iſt merkwürdig, wie ehrlich
die Leute ſind, denen es an nichts fehlt! Die beſte
Methode, alle Spitzbuben loszuwerden, beſtände offen¬
bar darin, Jedem von ihnen eine anſtändige Penſion
zu geben. Und dieſer Stein iſt gar nicht einmal ſo
glücklich ſituirt. Er hat kein Vermögen — warum
ſollte er ſich ſonſt mit anderer Leute Kindern plagen?
Er wäre gerade der Mann, ein anſtändiges Vermögen
anſtändig durchzubringen. Und es paßt ſo weit Alles.
Er hat genau das erforderliche Alter; er hat, wie er
mir geſagt hat, ſeine Mutter kaum und andere Ver¬
wandte, excepto patre, nie gekannt. Und überdies
hat er eine zufällige, aber frappante Aehnlichkeit mit
der älteren Grenwitzer Linie. Ich wollte, ich wäre
er, daß heißt mit meinem Hirn dazu. In welcher
fragwürdigen Geſtalt wollte ich bald vor euch hin¬
treten . . .
Ein ſchüchternes Klopfen an der Thür unterbrach
Albert's Meditationen. Da auf ſein Herein! Nie¬
mand eintrat, ging er ſelbſt und öffnete. Ein kleiner
blondköpfiger barfüßiger Bauerknabe ſtand da, und
ſchaute mit nicht allzu klugen Augen fragend zu ihm auf.
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/118>, abgerufen am 22.12.2024.
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