"Karl schmeichelt sich nämlich mit dem Gedanken, daß er die besten und schnellsten Pferde weit und breit unter seinem Commando hat," bemerkte der Baron.
"Er hält es auch nicht lange mehr aus, Herr!" sagte Karl.
"Das müssen wir abwarten," meinte der Baron.
"Sollen wir nicht, um dem Dinge ein Ende zu machen, die Pferde einmal laufen lassen?" sagte Os¬ wald nach einigen Minuten; "es muß sich dann ja zeigen, ob wir ihn einholen können, oder nicht."
"Meinetwegen," sagte Oldenburg, "en avant!"
Die drei Reiter ließen ihren Pferden die Zügel. Die edlen Thiere, wie entzückt über die ihnen ge¬ währte Freiheit, und als wüßten sie, daß ihr Ruf als beste Renner der ganzen Gegend heute auf dem Spiele stand, stürmten mit gewaltiger Geschwindigkeit dahin, zuerst Brust an Brust, bis Oldenburg's Rappe die Spitze nahm und behauptete, so oft auch eins der beiden andern Pferde ihm den Rang streitig zu machen suchte.
Der Geheimnißvolle hatte, als seine Verfolger ihre Pferde in Carriere setzten, sie bis auf zweihundert Schritt herankommen lassen. Schon glaubten sie die Jagd ihrem Ende nahe und der Reitknecht seine und seiner Pferde Ehre gerettet, als plötzlich der Mann
„Karl ſchmeichelt ſich nämlich mit dem Gedanken, daß er die beſten und ſchnellſten Pferde weit und breit unter ſeinem Commando hat,“ bemerkte der Baron.
„Er hält es auch nicht lange mehr aus, Herr!“ ſagte Karl.
„Das müſſen wir abwarten,“ meinte der Baron.
„Sollen wir nicht, um dem Dinge ein Ende zu machen, die Pferde einmal laufen laſſen?“ ſagte Os¬ wald nach einigen Minuten; „es muß ſich dann ja zeigen, ob wir ihn einholen können, oder nicht.“
„Meinetwegen,“ ſagte Oldenburg, „en avant!“
Die drei Reiter ließen ihren Pferden die Zügel. Die edlen Thiere, wie entzückt über die ihnen ge¬ währte Freiheit, und als wüßten ſie, daß ihr Ruf als beſte Renner der ganzen Gegend heute auf dem Spiele ſtand, ſtürmten mit gewaltiger Geſchwindigkeit dahin, zuerſt Bruſt an Bruſt, bis Oldenburg's Rappe die Spitze nahm und behauptete, ſo oft auch eins der beiden andern Pferde ihm den Rang ſtreitig zu machen ſuchte.
Der Geheimnißvolle hatte, als ſeine Verfolger ihre Pferde in Carriere ſetzten, ſie bis auf zweihundert Schritt herankommen laſſen. Schon glaubten ſie die Jagd ihrem Ende nahe und der Reitknecht ſeine und ſeiner Pferde Ehre gerettet, als plötzlich der Mann
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0057"n="47"/><p>„Karl ſchmeichelt ſich nämlich mit dem Gedanken,<lb/>
daß er die beſten und ſchnellſten Pferde weit und breit<lb/>
unter ſeinem Commando hat,“ bemerkte der Baron.</p><lb/><p>„Er hält es auch nicht lange mehr aus, Herr!“<lb/>ſagte Karl.</p><lb/><p>„Das müſſen wir abwarten,“ meinte der Baron.</p><lb/><p>„Sollen wir nicht, um dem Dinge ein Ende zu<lb/>
machen, die Pferde einmal laufen laſſen?“ſagte Os¬<lb/>
wald nach einigen Minuten; „es muß ſich dann ja<lb/>
zeigen, ob wir ihn einholen können, oder nicht.“</p><lb/><p>„Meinetwegen,“ſagte Oldenburg, „<hirendition="#aq">en avant</hi>!“</p><lb/><p>Die drei Reiter ließen ihren Pferden die Zügel.<lb/>
Die edlen Thiere, wie entzückt über die ihnen ge¬<lb/>
währte Freiheit, und als wüßten ſie, daß ihr Ruf<lb/>
als beſte Renner der ganzen Gegend heute auf dem<lb/>
Spiele ſtand, ſtürmten mit gewaltiger Geſchwindigkeit<lb/>
dahin, zuerſt Bruſt an Bruſt, bis Oldenburg's Rappe<lb/>
die Spitze nahm und behauptete, ſo oft auch eins<lb/>
der beiden andern Pferde ihm den Rang ſtreitig zu<lb/>
machen ſuchte.</p><lb/><p>Der Geheimnißvolle hatte, als ſeine Verfolger ihre<lb/>
Pferde in Carriere ſetzten, ſie bis auf zweihundert<lb/>
Schritt herankommen laſſen. Schon glaubten ſie die<lb/>
Jagd ihrem Ende nahe und der Reitknecht ſeine und<lb/>ſeiner Pferde Ehre gerettet, als plötzlich der Mann<lb/></p></div></body></text></TEI>
[47/0057]
„Karl ſchmeichelt ſich nämlich mit dem Gedanken,
daß er die beſten und ſchnellſten Pferde weit und breit
unter ſeinem Commando hat,“ bemerkte der Baron.
„Er hält es auch nicht lange mehr aus, Herr!“
ſagte Karl.
„Das müſſen wir abwarten,“ meinte der Baron.
„Sollen wir nicht, um dem Dinge ein Ende zu
machen, die Pferde einmal laufen laſſen?“ ſagte Os¬
wald nach einigen Minuten; „es muß ſich dann ja
zeigen, ob wir ihn einholen können, oder nicht.“
„Meinetwegen,“ ſagte Oldenburg, „en avant!“
Die drei Reiter ließen ihren Pferden die Zügel.
Die edlen Thiere, wie entzückt über die ihnen ge¬
währte Freiheit, und als wüßten ſie, daß ihr Ruf
als beſte Renner der ganzen Gegend heute auf dem
Spiele ſtand, ſtürmten mit gewaltiger Geſchwindigkeit
dahin, zuerſt Bruſt an Bruſt, bis Oldenburg's Rappe
die Spitze nahm und behauptete, ſo oft auch eins
der beiden andern Pferde ihm den Rang ſtreitig zu
machen ſuchte.
Der Geheimnißvolle hatte, als ſeine Verfolger ihre
Pferde in Carriere ſetzten, ſie bis auf zweihundert
Schritt herankommen laſſen. Schon glaubten ſie die
Jagd ihrem Ende nahe und der Reitknecht ſeine und
ſeiner Pferde Ehre gerettet, als plötzlich der Mann
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/57>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.