mit einem dünnen, rothseidenen Shawl um die schlanke Hüfte gegürtet war. Türkische Beinkleider reichten bis zu den nackten Füßen. Als sie einen Fremden in dem Zimmer erblickte, hatte sie sich leise, wie sie ge¬ kommen war, wieder wegstehlen wollen, bis der Aus¬ ruf des Barons sie bannte und Oswald sich umge¬ wandt hatte. Bei seinem Erblicken flog ein freudiges Lächeln über ihr ernstes, dunkles Gesicht, und die braunen Gazellenaugen schauten beinahe zärtlich zu ihm empor, als er jetzt, eine ihrer Hände in der seinen haltend und mit der andern ihr das üppige Haar schlichtend, vor ihr stand.
"Czika kennt Dich," sagte sie; "Du bist sehr gut. Du hast die Armen lieb, die Armen haben Dich lieb."
"Eine Liebeserklärung!" sagte Oldenburg, der am Tische sitzen geblieben war, lachend, "die wie vielste, Doctor. in den letzten acht Tagen! Doctor, Sie sind ein gefährlicher Mensch und ich werde mich genöthigt sehen, Ihnen mein Haus zu verbieten."
"Warum bist Du nicht immer hier?" sagte Czika, ihre großen Augen von dem Baron wieder zu Oswald wendend. "Czika will mit Dir an dem großen Wasser sitzen, Czika will Dir Blumen auf der Haide pflücken. Warum bist Du nicht immer hier?"
"Er kann nicht immer hier sein, Czika," sagte der
mit einem dünnen, rothſeidenen Shawl um die ſchlanke Hüfte gegürtet war. Türkiſche Beinkleider reichten bis zu den nackten Füßen. Als ſie einen Fremden in dem Zimmer erblickte, hatte ſie ſich leiſe, wie ſie ge¬ kommen war, wieder wegſtehlen wollen, bis der Aus¬ ruf des Barons ſie bannte und Oswald ſich umge¬ wandt hatte. Bei ſeinem Erblicken flog ein freudiges Lächeln über ihr ernſtes, dunkles Geſicht, und die braunen Gazellenaugen ſchauten beinahe zärtlich zu ihm empor, als er jetzt, eine ihrer Hände in der ſeinen haltend und mit der andern ihr das üppige Haar ſchlichtend, vor ihr ſtand.
„Czika kennt Dich,“ ſagte ſie; „Du biſt ſehr gut. Du haſt die Armen lieb, die Armen haben Dich lieb.“
„Eine Liebeserklärung!“ ſagte Oldenburg, der am Tiſche ſitzen geblieben war, lachend, „die wie vielſte, Doctor. in den letzten acht Tagen! Doctor, Sie ſind ein gefährlicher Menſch und ich werde mich genöthigt ſehen, Ihnen mein Haus zu verbieten.“
„Warum biſt Du nicht immer hier?“ ſagte Czika, ihre großen Augen von dem Baron wieder zu Oswald wendend. „Czika will mit Dir an dem großen Waſſer ſitzen, Czika will Dir Blumen auf der Haide pflücken. Warum biſt Du nicht immer hier?“
„Er kann nicht immer hier ſein, Czika,“ ſagte der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="31"/>
mit einem dünnen, rothſeidenen Shawl um die ſchlanke<lb/>
Hüfte gegürtet war. Türkiſche Beinkleider reichten<lb/>
bis zu den nackten Füßen. Als ſie einen Fremden in<lb/>
dem Zimmer erblickte, hatte ſie ſich leiſe, wie ſie ge¬<lb/>
kommen war, wieder wegſtehlen wollen, bis der Aus¬<lb/>
ruf des Barons ſie bannte und Oswald ſich umge¬<lb/>
wandt hatte. Bei ſeinem Erblicken flog ein freudiges<lb/>
Lächeln über ihr ernſtes, dunkles Geſicht, und die<lb/>
braunen Gazellenaugen ſchauten beinahe zärtlich zu<lb/>
ihm empor, als er jetzt, eine ihrer Hände in der<lb/>ſeinen haltend und mit der andern ihr das üppige<lb/>
Haar ſchlichtend, vor ihr ſtand.</p><lb/><p>„Czika kennt Dich,“ſagte ſie; „Du biſt ſehr gut.<lb/>
Du haſt die Armen lieb, die Armen haben Dich lieb.“</p><lb/><p>„Eine Liebeserklärung!“ſagte Oldenburg, der am<lb/>
Tiſche ſitzen geblieben war, lachend, „die wie vielſte,<lb/>
Doctor. in den letzten acht Tagen! Doctor, Sie ſind<lb/>
ein gefährlicher Menſch und ich werde mich genöthigt<lb/>ſehen, Ihnen mein Haus zu verbieten.“</p><lb/><p>„Warum biſt Du nicht immer hier?“ſagte Czika,<lb/>
ihre großen Augen von dem Baron wieder zu Oswald<lb/>
wendend. „Czika will mit Dir an dem großen Waſſer<lb/>ſitzen, Czika will Dir Blumen auf der Haide pflücken.<lb/>
Warum biſt Du nicht immer hier?“</p><lb/><p>„Er kann nicht immer hier ſein, Czika,“ſagte der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[31/0041]
mit einem dünnen, rothſeidenen Shawl um die ſchlanke
Hüfte gegürtet war. Türkiſche Beinkleider reichten
bis zu den nackten Füßen. Als ſie einen Fremden in
dem Zimmer erblickte, hatte ſie ſich leiſe, wie ſie ge¬
kommen war, wieder wegſtehlen wollen, bis der Aus¬
ruf des Barons ſie bannte und Oswald ſich umge¬
wandt hatte. Bei ſeinem Erblicken flog ein freudiges
Lächeln über ihr ernſtes, dunkles Geſicht, und die
braunen Gazellenaugen ſchauten beinahe zärtlich zu
ihm empor, als er jetzt, eine ihrer Hände in der
ſeinen haltend und mit der andern ihr das üppige
Haar ſchlichtend, vor ihr ſtand.
„Czika kennt Dich,“ ſagte ſie; „Du biſt ſehr gut.
Du haſt die Armen lieb, die Armen haben Dich lieb.“
„Eine Liebeserklärung!“ ſagte Oldenburg, der am
Tiſche ſitzen geblieben war, lachend, „die wie vielſte,
Doctor. in den letzten acht Tagen! Doctor, Sie ſind
ein gefährlicher Menſch und ich werde mich genöthigt
ſehen, Ihnen mein Haus zu verbieten.“
„Warum biſt Du nicht immer hier?“ ſagte Czika,
ihre großen Augen von dem Baron wieder zu Oswald
wendend. „Czika will mit Dir an dem großen Waſſer
ſitzen, Czika will Dir Blumen auf der Haide pflücken.
Warum biſt Du nicht immer hier?“
„Er kann nicht immer hier ſein, Czika,“ ſagte der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische03_1861/41>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.